hamburg:pur Dezember 2025

noch mal länger darüber gesprochen. Er hatte auch Phasen, in denen es ihmwirklich schlecht ging, aber kurz vor Drehbeginn hatte die The- rapie ganz gut angeschlagen, sodass er über- haupt die Kraft hatte, diesen Film zu machen. Wir haben auch extra mit einem kleinen Team gearbeitet, um beweglich und flexibel sein zu können. Dieses Team bestand aus Weggefähr- ten, die diesen Film nicht nur mit, sondern auch für Wolfgang gemacht haben. Das hat am Set eine ganz besondere Stimmung erzeugt. Es war wirklich schön, ein Teil davon zu ein. Wolfgang hat in seinen Filmen zudemmeist nicht nur ein Thema verhandelt, sondern mehrere parallel. Welches ist für dich der wichtigste, treibende Erzählstrang von „Der Held vom Bahnhof Friedrichstraße“? Vergangenheit. Auch DDR-Vergangenheit. Identifikation. Wer sind wir? Woher kommen wir? Was macht uns aus? Was sind unsere Ge- schichten? Und inwieweit hat die Vergangen- heit einen Einfluss darauf, wie wir jetzt leben? Gefühlt wirst du in jedem Interview auf dein Aufwachsen in der DDR angesprochen. Zwi- schenzeitlich ist dir das auch ein bisschen auf die Nerven gegangen. Nun ist die DDR ein zentraler Teil des Films, sodass du nun wieder viel drüber sprechen musst. Dass ich diesen Überdruss zu dem Thema emp- funden habe, ist schon lange her. Wir erleben ja gerade immense politische Veränderungen, insbesondere in den ostdeutschen Bundes- ländern, und wir müssen unsere Geschichten erzählt bekommen. Dafür brauchen wir Bilder, Geschichten, Filme, Bücher – weil das Identi- fikation schafft. Diese Narrative müssen Teil unserer gesamtdeutschen Geschichte sein. Meinst du, dass das helfen kann, umder Spal- tung innerhalb der Gesellschaft entgegen- zuwirken? Diese beunruhigenden Veränderungen und Un- zufriedenheiten rühren zumindest auch daher, dass das ostdeutsche Narrativ in den letzten dreißig Jahren ein bisschen zu kurz gekommen ist. Insofern empfinde ich „Der Held vomBahn- hof Friedrichstraße“ als eine sehr rührende und unterhaltsame Geschichte, ohne dass Fronten aufgemacht werden, ohne dass irgendwas pä- dagogisch ist, ohne dass irgendjemand schuld ist. Als ich das Drehbuch gelesen habe, habe ich sofort gedacht: Das ist der Film, den wir jetzt alle brauchen. Der hat etwas Versöhn­ liches. Und das können wir nicht nur als Nation gebrauchen – die ganze Welt könnte sich mal wieder versöhnen. Aber dafür braucht es eben auch eine Erinnerung daran, was uns eigent- lich verbindet. Und das leistet dieser Film. Interview: Daniel Schieferdecker Regie: Wolfgang Becker. Mit: Charly Hübner, Christiane Paul, Leon Ullrich, Leonie Benesch, Thorsten Merten, Peter Kurth, Daniel Brühl, Jürgen Vogel. 112 Min. Ab 11.12. FILM Zone 3 Beklemmender Science-Fiction-Thriller mit Gespür für Romantik und Rebellion Paris in der nahen Zukunft: Über die einstige Stadt der Lichter herrscht nun Alma, eine allgegenwärtige Künstliche Intelligenz, mit deren Hilfe die Polizei skrupellos Recht und Ordnung durchsetzt. Die Metropole, geteilt in drei Zonen, unterscheidet zwischen Reichen, Privilegierten und den Ausgegrenzten des Prekariats, die unter unsäglichen Bedin- gungen ums Überleben kämpfen. Mit dem Mythos totaler Sicherheit enden alle demokratischen Rechte. Als Almas Schöpfer ermordet wird, nehmen Salia (Adèle Exarchopoulos), eine elegante Elitepolizistin aus Zone 2, und Zem (überragend: Gilles Lellouche), ein desillusionierter älterer Cop aus Zone 3, die Ermittlungen auf. Die beiden könnten gegen- sätzlicher nicht sein, so scheint es, doch der Eindruck täuscht: Sie sind Einzelgänger, die in diesem unerbittlichen Überwachungsstaat ihre Verletztheit zu verbergen wissen. Irgendwann wird aus der gegensei- tigen Abneigung so etwas wie Liebe; eine Liebe, die ihnen den Mut gibt, jene dunklen Geheimnisse von Alma zu entlarven – aber auch, um für ein paar kostbare Momente unbeschwert glücklich zu sein Der nos­ talgische KI-Thriller basiert auf dem französischen Bestseller „Chien 51“ von Laurent Gaudé. Regisseur Cédric Jimenez verlegt die post-de- mokratische Dystopie von Griechenland nach Paris und stellt damit bewusst die Nähe zur aktuellen Gesellschaft her. Vieles scheint er- schreckend vertraut, ob Drohnen oder die Armut in Zone 3, wo Illega- les oft als einziger Ausweg aus der Misere erscheint. Sozialer Aufstieg in Zone 2 bleibt die Ausnahme, existiert nur als Teil eines politisch auf- wendig inszenierten Gewinnspiels. Im Untergrund schwelt der Wider- stand. Die Rebellen von Break Walls und ihr charismatischer Freiheits- kämpfer Mafram (Louis Garrel) erinnern an Anonymous oder die Auf- stände der Gelbwesten. Der in Marseille geborene Regisseur hat bisher fast ausschließlich Filme gedreht, die auf realen Ereignissen beruhten. „Zone 3“ ist Fiktion, aber doch der Wirklichkeit verbunden. Das atmo- sphärisch dichte und ästhetisch umwerfende Drama ist der letzte Teil von Jimenez’ Trilogie über Polizeigewalt. Es verleugnet nicht seine Vor- gänger wie „Blade Runner“ oder „Hunger Games“, ist aber von ganzem Herzen exquisite französische Kapitalismuskritik. Einziger Gegenpol zur Härte der hochtechnisierten Welt: die Liebe. Text: Anna Grillet Regie: Cédric Jimenez. Mit Adèle Exarchopoulos, Gilles Lellouche, Louis Garrel. 106 Min. Ab 27.11. ★★★★★ Foto: Céderic Bertrand Salia und Zem versuchen, in „Zone 3“ einen Mord aufzuklären 24 Foto: Focus Features FILM Anemone Spukartige Reise in die vernarbte Seele Vor acht Jahren drehte Rekordschauspieler Daniel Day-Lewis mit „Der seidene Faden“ seinen letzten Film. Nun kehrt der dreifache Oscargewinner für das Regiedebüt seines Sohns auf die Leinwand zurück. Dabei spielt er den traumatisierten Einsiedler Ray Stoker, der sich in die in Nebel und Dunkelheit getränkte Waldlandschaft Nord- englands zurückgezogen hat. Eines Tages wird er von seinemBruder Jem (Sean Bean) aufgesucht. Es entwickelt sich eine Geschichte um die Aufarbeitung der Vergangenheit, begleitet von Gefühlen von Ver- rat und Schmerz. Tief eingebettet in die Natur entfaltet „Anemone“ eine mythologische Bildsprache, die sich zeitweilig surrealistischer Elemente bedient. Gleich zu Beginn verdeutlicht der Film, dass Ray von alten Geistern heimgesucht wird, wenn etwa seine Frau in der Nacht vor ihm erscheint. Eingehüllt in bildgewaltige Naturaufnah- men, erschließt sich der Film durch das Verhältnis der beiden Brüder. Es geht umVorwürfe, umUnausgesprochenes und letztlich umNähe. Die Chemie der beiden Schauspieler ist stark. Die kammerspielarti- gen Dialoge stehen in Kontrast zu den imposanten Außenaufnahmen, sind dabei aber nicht weniger fesselnd. Daniel Day-Lewis blüht zu bekannter Bestform auf – man klebt an seinen Lippen und schaut tiefer und tiefer in die Abgründe seiner Seele hinab. Am Ende steht die Frage nach Vergebung. Neben religiösen Metaphern und Trost in der Vergänglichkeit bietet der Film die Familie als Erlösung an. „Ane- mone“ zeigt eine Realität, in der Männer schweigen. Sie flüchten eher, als dass sie ihr Leid verarbeiten. Auch wenn das thematisch nicht hochkomplex oder neuartig erscheint, wird es in bester Paul-Schra- der-Manier („The Card Counter“) umgesetzt. Inszenatorisch ist die Mischung aus düsterer Atmosphäre und Verletzlichkeit der Figuren ausdrucksstark umgesetzt. Ronan Day-Lewis’ Debütfilm brilliert als verbittertes Porträt von Männlichkeit, das als bildgewaltiges Drama mit vielschichtigen Schauspiel sein volles Potenzial ausnutzt. Text: Kevin Gawlik Regie: Ronan Day-Lewis. Mit: Daniel Day-Lewis, Sean Bean, Samantha Morton, Samuel Bottomley. 125 Min. Ab 27.11. ★★★★★ Daniel Day-Lewis und Sean Bean sitzen in „Anemone“ beisammen TICKETS UNTER WWW.S-PROMOTION.DE sowie an allen bekannten VVK-Stellen TICKETHOTLINE 06073 722-740 02.+03.05.26 HAMBURG BARCLAYS ARENA 13.03.26 HAMBURG BARCLAYS ARENA 08.03.26 HAMBURG CCH 30.01.26 HAMBURG BARCLAYS ARENA 24.01.26 HAMBURG CCH DR. LEON WINDSCHEID P S Y C H O L O G I E L I V E Männer sind nichts ohne die Frauen ZUSATZ- SHOWS ZUSATZTERMIN oder online über shop.szene-hamburg.com DIEBESTEN RESTAURANTS DERSTADT AUFGEBRÜHT FeinesFrühstückund diebestenRöstereien AUSGECHECKT Testsieger,Newcomerund kulinarischeGeheimtipps ABGERÄUMT Gala:HamburgsPreisträger beimGenuss-Michel2025 SZENEHAMBURGSPEZIAL ESSEN+TRINKENTOPTEN2026 €12,50 ISBN978-3-911219-16-7 SPEZIALNR.6 2026 |€12,50 4 193232 312501 06 IM HANDEL JETZT NEU! 25

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