hamburg:pur Dezember 2022

Foto: Julius Trautvetter MUSIK BOWIE „So what – ichmag’s“ Die Hamburger Sängerin und Songschreiberin über das Ende alter Abhängigkeiten und den Weg zu mehr Selbstliebe – die Themen ihrer neuen EP „The Upside Down“ writerin und Musikerin werden? Dann erinne- re ich mich aber schnell an die Freiheiten, die ich mir durch den DIY-Stress erkämpfe und die ich auf keinen Fall missen möchte. Und die männliche Dominanz im Geschäft? Dazu kann ich nur sagen, dass sich in den letz- ten Jahren zumGlück etwas in Bewegung ge- setzt hat. Weiblichen Independent-Artists wird endlich ein Platz eingeräumt, man möchte sie auch ernst nehmen. Auch dann, wenn sie nicht gerade dem aktuellsten Schönheitsideal ent- sprechen oder komplett aus der Reihe fallen. Trotzdem ist es immer noch ein langwieriger Prozess, in dem wir uns befinden und ja, ich war an einem Punkt, an dem ich von männ­ licher Arroganz und Engstirnigkeit wirklich an- gewidert war. Ich denke aber nicht, dass das explizit ammännlichen Geschlecht liegt, son- dern an der Selbstverständlichkeit, mit der sich Männer im Musikbusiness von Anfang an frei bewegen, sicher fühlen und entsprechend auch handeln. Was hat letztlich dazu geführt, dass du wei- tergemacht hast? Glücklicherweise habe ich aus meiner Wut und meinemStolz heraus entschieden, meine per- sönlichen Erfahrungen mit dieser Art von to- xischer Männlichkeit in meine EP zu packen und mich nicht davon entmutigen zu lassen. Außerdem: Ich gebe einfach nicht gerne auf. Aber ich muss zugeben, dass ich mir zum ers- ten Mal in meinem Leben eingestehen muss- te, dass ich wirklich gegen Wände laufe und dabei nicht immer unbeschadet davonkomme – vor allem emotional. Das war eine sehr wich- tige und gesunde Einsicht. Ich bin eben keine Maschine, die immer alles wegstecken muss und nicht auch mal an etwas verzweifeln darf. Das ist völlig okay. Und es ist auch okay, wenn nicht sogar wichtig, das zuzugeben und – in- sofern man das möchte – nach außen zu tragen. Dann kann sich in der Gesellschaft langfristig vielleicht etwas an diesen alten Paradigmen ändern. „The Upside Down“ ist nun eine Songsamm- lung, in der es textlich um die Abkehr von alten Abhängigkeiten und den Weg zu mehr Selbstliebe geht. War die Arbeit daran auch ein Stück weit ein Sich-frei-Schreiben? Auf jeden Fall. Ich habe mir oft viel zu viele Ge- danken gemacht, was meine Musik oder meine Texte angeht. „Kann ich das jetzt so sagen?“ „Sind die Chords in dem Song nicht zu disso- nant?“ „Ob der Radiopromoter in den Demos wohl eine Single picken kann, oder bin ich schon wieder zu alternativ?“ Wahnsinn, wie verrückt man sich als Künstler:in macht, dabei geht es doch eigentlich „nur“ umMusik?! Und die ist verdammt geschmacksabhängig. Außer es läuft ein bisschen so wie in Deutschland BOWIE, es heißt, deine neue EP „The Upside Down“ wäre in einer Zeit entstanden, in der du darüber nachgedacht hättest, deine Kar- riere als Musikerin zu beenden. Auch, weil dir die männlich dominierte Schubladen-Musikindustrie immer mehr ein Dorn imAuge war und das DIY-Künstlerinnen-Dasein zu anstrengend wurde? BOWIE: (lacht) Ja und nein. Ich mag, es eine DIY-Künstlerin zu sein, meine Videos selbst zu konzipieren und zu schneiden oder das Art- work meiner Cover und Platten selbst zu ge- stalten. Wenn ich meine Musik schreibe, be- trete ich bei jedem Song auch immer gleich ein visuelles Universum und liebe es, diese Vi- sion später auch optisch umzusetzen. Außer- demmag ich die Herausforderung, mich in Ge- biete einzuarbeiten, von denen ich vorher ab- solut keine Ahnung hatte. Es kann natürlich auch mal anstrengend sein und man fragt sich: Wollte ich nicht eigentlich einfach „nur“ Song- 12 13 MUSIK und die Major Labels trauen der breiten Hörer- schaft nicht viel zu – dann klingt alles gleich und du fällst als Artist am besten nicht aus der Norm. Wie gelang und gelingt es dir, komplett bei dir zu bleiben und nicht, wie viele andere, ständig allen gefallen zu wollen? Ich habe eine Therapie gemacht, für die ich unendlich dankbar bin. Ich habe Dinge an- und ausgesprochen, die ich sehr tief vergraben hatte und die ich sonst nie gewagt hätte auch nur zu denken. Dieser Raum, der dort für mich allein entstanden ist, war wie ein Zufluchtsort, in dem ich plötzlich auch ganz anders Schrei- ben konnte. Befreit und leicht und mit sehr viel „So what – ich mag’s“-Einstellung imGepäck. In den Lyrics finden sich viele Schimpfwörter und sehr viel Ehrlichkeit, Direktheit. Mir war wichtig, dass ich mich nach dem Writing-Prozess nicht mit einemRotstift an die Songs setze und alles streiche, was jemandem auf- stoßen könnte. Selbstliebe war dabei ein großes Thema für mich. Immerhin habe ich in meinem Leben mehr Zeit damit verbracht, mich abzulehnen, als zu lieben. Die Songs sind da- her alle wie ein Versprechen an mich selbst. Das Versprechen, sich auf den Weg zu mehr Selbstliebe zu machen. Das geht nämlich nicht von heute auf morgen. Zumindest bei mir nicht. Aber immerhin gehe ich ... Klangästhetisch ist „The Upside Down“ durchweg kraftvoll, mit Bläsersätzen und Chören teils stürmisch-euphorisch. Eigent- lich wie gemacht für die große Bühne. Ist das auch dein Ziel: So erfolgreich zu werden, dass deine Botschaften die breite Masse errei- chen? Das ist eine schöne Frage. Von all den Dingen, die ich als DIY-Künstlerin tue, liebe ich es im- mer noch am meisten, live zu performen. Ich kann es gar nicht erwarten, die neuen Songs in großer Besetzung und auf großen Bühnen zu spielen und ihnen den Raum zu geben, nach dem sie durch ihr Arrangement und ihre Pro- duktion lechzen. Nach den ersten Single-Re- leases haben mich viele persönliche Nachrich- ten erreicht, in denen mir geschrieben wurde, wie sehr sich manche Leute in den Texten und der Energie der Songs wiederfinden. Das be- deutet mir sehr viel. Ob das jetzt die „breite Masse“ ist, ist mir dabei tatsächlich gar nicht so wichtig. Aber ich freue mich sehr, wenn ich andere mit meiner Musik bewegen und ermu- tigen kann, sich mit Dingen auseinanderzu- setzen und sich danach vielleicht ein bisschen leichter zu fühlen. Interview: Erik Brandt-Höge „The Upside Down“ ist am 25.11. erschienen (My Oh My-Records/Believe) TICKETS: → (0 40) 4 13 22 60 → KJ.DE 01.12.22 – Barclays Arena PHILIPP POISEL 01.12.22 – Uebel & Gefährlich NOTHING, NOWHERE. 01.12.22 – Mojo Club SOHN 05.12.22 – Kulturkirche Altona TARJA 08.12.22 – Fabrik WLADIMIR KAMINER 11.12.22 – Hebebühne TIGERMILCH 13.12.22 – Barclays Arena STATUS QUO / MANFRED MANN'S EARTHBAND 14.12.22 – Barclays Arena SING MEINEN SONG mit Michael Patrick Kelly, Max Giesinger, LEA, MoTrip, Nico Santos, Jan Plewka & Ilse DeLange 16.12.22 – Sporthalle TORFROCK 18.12.22 – Sporthalle DEINE FREUNDE 21.12.22 – Elbphilharmonie, kl. Saal TOM LIWA 13.01.23 – Laeiszhalle MOVING SHADOWS 22.01.23 – Uebel & Gefährlich ANIMALS AS LEADERS 24.01.23 – Nachtasyl OLIVER POLAK 28.01.23 – Nochtspeicher MONONEON 28.01.22 – Waagenbau NULLZWEIWEI 02.02.23 – Logo OFF! 03.02.23 – Fabrik FJØRT 04.02.23 – Waagenbau CRYSTAL F 04.02.23 – Gruenspan PVRIS 04.02.23 – headCRASH ROLO TOMASSI 04.02.23 – Nochtwache HOTEL LUX 05.02.23 – Mojo Club METRIC 05.02.23 – Gruenspan FIRST AID KIT 06.02.23 – Laeiszhalle WÜLKER / JANSEN – HÜLSMAN / DELL 06.02.23 – headCRASH HYD 06.02.23 – Molotow THE MURDER CAPITAL 09.02.23–edel-optics.deArena STICKY FINGERS 10.02.23 – headCRASH YEAR OF NO LIGHT 12.02.23 – Knust TWILIGHT FORCE 14.02.23 – Nochtwache TOVE STYRKE 16.02.23 – headCRASH HIGH VIS 21.02.23 – Gruenspan HAKEN / BETWEEN THE BURIED AND ME 22.02.23 – Fabrik DON BROCO / SLEEPING WITH SIRENS 24.02.23 – Bahnhof Pauli SAINTÉ 25.02.23 – Waagenbau AZAD 25.02.23 – Grosse Freiheit 36 EDEN 25.02.23 – Kampnagel / K6 JOHN CALE 26.02.23 – Markthalle SCOTT STAPP 26.02.23 – Gruenspan GO_A 03.03.22 – Friedrich-Ebert Halle HENRY ROLLINS 04.03.22 – Fabrik ALL TIME LOW 04.03.23 – Laeiszhalle ACHIM REICHEL 04.03.23 – Uebel & Gefährlich BEABADOOBEE 04.03.23 – Bahnhof Pauli ALL THE LUCK IN THE WORLD 05.03.23 – KENT Club SOPHIE ELLIS-BAXTOR 06.03.23 – Nochtspeicher JACOB LEE 07.03.23 – Molotow HOCKEY DAD 08.03.23 – headCRASH DUNE RATS 08.03.23 – Logo PLINI

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