hamburg:pur - Dezember 2021
Foto: Antje Burchert MUSIK LINA MALY „Ich hab Mut , du auch“ Die Sängerin und Songschreiberin hat mit „Nie zur selben Zeit“ ein neues Album veröffentlicht – und mit „Schmerz vereint“ einen berührenden Song für Betroffene von sexueller Gewalt und mir. Es gab keine Musiker oder Musikerin- nen, die vorbeikamen, um mal etwas einzu- spielen. Wir haben alles selbst gemacht. „Nie zur selben Zeit“ ist also eine Co-Produktion von Florian Sievers und mir, bei der ich zum ersten Mal mitproduziert habe. Die Pandemie hat zudem die Themen des Albums beeinflusst. Inwiefern? Ich hatte einfach sehr viel Zeit für mich und habe mich Themen geöffnet, die ich ansons- ten vielleicht nicht besungen hätte. Ich war nicht wie sonst ständig unterwegs, nicht ab- gelenkt. So konnte ich vieles sacken lassen und verarbeiten. Ein positiver Nebeneffekt von dem ganzen Mist. Und an der Motivation, am Album zu arbei- ten, hat die Pandemie auch nichts geändert? Nein. Es war so, dass ich bis März 2020 noch eine Tour gespielt habe und meine Pläne gar nicht groß von der Pandemie durchkreuzt wur- den. Ich hatte eh vor, danach an Songs zu schreiben und ins Studio zu gehen. Und die Motivation, Musik zu machen, fehlt mir sowie- so nie. Ich schreibe sehr oft Songs und das auch sehr schnell. Während der Pandemie war meine Motivation sogar noch größer, weil ich so viel alleine war und Zeit hatte. Und: Was hätte ich auch anderes machen sollen? (lacht) Du sagst, du schreibst sehr oft und sehr schnell. Hattest du bestimmte Schreibrou- tinen für „Nie zur selben Zeit“? Meine generelle Routine ist, mich an ein In strument zu setzen und einfach irgendetwas zu machen. Als würde ich alleine jammen. Manchmal sitze ich dann zehn Minuten da, manchmal drei Stunden. Manchmal singe ich mich auch in einen Rausch. Wenn mir irgend- etwas von all dem gefällt, nehme ich es als Sprach-Memo auf. DieMemos höre ichmir spä- ter alle an und gucke, was ich davon ambesten finde. Das ist mal schon ein halber Song, mal nur eine Klaviermelodie. Damit tobe ich mich dann amComputer aus, spiele Chöre ein, auch Bässe. Und dann geht es zu Florian Sievers. War denn Hamburg wichtig imEntstehungs- prozess? Natürlich! Meine Heimatstadt! Viele Ideen sind mir in Hamburg gekommen. Meine Wahlheimat Berlin ist mir während der Pandemie auch ein bisschen über den Kopf gewachsen, weshalb ich drei Monate in Hamburg gewohnt habe. Es ist mein Zufluchtsort. Thematisch geht es auf demAlbum um alles, was im Zwischenmenschlichen passieren kann: Lieben, Fallenlassen, Trennen, Trau- ern. Sind alle Songs in den vergangenen zwei Jahren entstanden? Ja, aber die Geschichten sind nicht nur aus diesen Jahren. „Wo sind die Jahre hin“ zum Beispiel, der letzte Song auf demAlbum, han- delt von einer Begegnung mit meiner Groß tante. Das war vor zehn Jahren, ich war 15. Es war ein Moment, der mir wahnsinnig viel be- deutet. Wir haben uns nie davor und nie danach Lina, zwei Jahre ist es her, als du zuletzt ein Album veröffentlicht hast. Mehr als andert- halb davon waren von der Pandemie geprägt. Wie hat Corona den Entstehungsprozess von „Nie zur selben Zeit“ beeinflusst? Lina Maly: Corona hat dazu geführt, dass ich mir ein ganz kleines Team gesucht habe, be- stehend aus nur zwei Leuten: Florian Sievers 12 MUSIK gesehen, weil sie in Amerika wohnte. Sie war schon sehr alt und krank, aber geistig noch total fit. In ihrem Leben war sie immer unter drückt worden und hat viele Entscheidungen, die sie getroffen hat, im Nachhinein bereut. Wir saßen in einemStrandkorb imGarten mei ner Eltern, sie hat mir die Hände gehalten und gesagt: „Lass dich nicht unterkriegen! Hör auf dein Herz!“ Klingt floskelhaft, aber sie konnte das alles mit Geschichten untermauern. Das hat mir superviel Kraft gegeben, gibt es mir bis heute. Ein Song sticht aus „Nie zur selben Zeit“ he raus: „Schmerz vereint“. Einerseits transpor tiert er viel Schmerz, andererseits auch viel Stärke. Es geht umdie Erfahrung von sexuel ler Gewalt und die Verbundenheit mit an deren Betroffenen. Es heißt darin: „Ich hab Liebe, die holt mich daraus, ich hab Kraft, die baut sich noch auf, ich hab Mut, du auch.“ Dieser Text klingt so klar und so bei sich. Aber es war bestimmt nicht leicht, die rich tigen Worte zu finden, oder? Ich habe den Song geschrieben, nicht lange, nachdemmir selbst etwas Schlimmes passiert ist. Die Worte sind sehr schnell aus mir he rausgekommen. Mir hat nur das Ende nicht gefallen. Ich habe auch nie darüber nachge dacht, den Song zu veröffentlichen. Es war ein Tabuthema für mich, und ich wollte das nicht teilen. Ich war noch gar nicht gefestigt und wollte nicht darüber reden, weil das zu schmerzhaft für mich gewesen wäre. Irgend wann kam ich aber an den Punkt, als ich an gefangen habe, alles zu verarbeiten und zu therapieren. Ich habe gemerkt, dass dieser Song anderen helfen könnte. Also habe ich das Ende umgeschrieben, unter anderem die Zei len, die du gerade erwähnt hast. Ich habe das Lied nur für Betroffene geschrieben und mich am Ende selbst so stark gefühlt. Ich dachte: Der Mann, der mir das angetan hat, nimmt mir nicht auch noch das, also dass ich den Song anderen Betroffenen schenke. Wir haben alle eine schlimme Erfahrung gemacht, aber: Wir schaffen das! Diejenigen, die uns das angetan haben, haben uns nicht kaputt gemacht. Sicherlich hast du viel Feedback bekommen von anderen Betroffenen … … total viel tolles Feedback. Viele haben mir geschrieben, wie sehr der Song ihnen hilft, wie sehr er einfängt, was sie fühlen. Auch dass sie es selbst nicht geschafft haben, diese Erfah rungen so auszudrücken. Das tat so gut. Ich wusste dann: Es war die richtige Entscheidung, den Song zu veröffentlichen. Interview: Erik Brandt-Hoege „Nie zur selben Zeit“ ist am 29.10. auf Drei Tulpen Records/The Orchards erschienen 4. FEBRUAR 21:00 UHR; Knust TICKETS: → (0 40) 4 13 22 60 → KJ.DE 19.04.22 – Fabrik CLANNAD 20.04.22 – Barclays Arena THE CHAIN- SMOKERS 21.04.22 – Gruenspan JAKE BUGG 24.04.22 – Mojo Club TOMMY CASH 24.04.22 – Gruenspan PVRIS 25.04.22 – Sporthalle 5 SECONDS OF SUMMER 25.04.22 – Mojo Club SPARKS 25.04.22 – Fabrik QUEEN MACHINE 26.04.22 – Laeiszhalle DITTSCHE 28.04.22 – Markthalle ÀSGEIR 30.04.22 – Barclays Arena ONEREPUBLIC 01.05.22 – Barclays Arena SING MEINEN SONG JOHANNES OERDING GENTLEMAN DJ BOBO STEFANIE HEINZMANN JORIS IAN HOOPER & NURA 02.05.22 – edel-optics.de Arena GOTTHARD spec. guest MAGNUM 03.05.22 – Fabrik STEEL PULSE 03.05.22 – Knust KID FRANCESCOLI 04.05.22 – Uebel & Gefährlich TATE MCRAE 07.05.22 – Barclays Arena MAX GIESINGER 10.05.22 – Fabrik OSCAR AND THE WOLF 12.05.22 – Barclays Arena A-HA ›hunting high and low‹ LIVE 12.05.22 – edel-optics.de Arena YUNGBLUD 17.05.22 – Fabrik ALIN COEN 17.05.22 – Barclays Arena ERASURE »THE NEON« TOUR 20.05.22 – edel-optics.de Arena ILSE DELANGE 22.05.22 – Laeiszhalle ANA MOURA 27.05.22 – Uebel & Gefährlich PARQUET COURTS 03.06.22 – edel-optics.de Arena LENA 04.06.22 – Mojo Club NICK WATERHOUSE 06.06.22 – Uebel & Gefährlich ASHE 09.06.22 – edel-optics.de Arena SHINEDOWN 13.06.22 – Stadtpark Open Air THE NATIONAL 14.06.22 – Stadtpark Open Air GIANNA NANNINI 15.06.22 – Stadtpark Open Air KALEO 23.06.22 – Barclays Arena ZUCCHERO 26.06.22 – edel-optics.de Arena DEFTONES 27./28.06.22 – Stadtpark Open Air LIONEL RICHIE 01.07.22 – Laeiszhalle NICK MASON'S SAUCERFUL OF SECRETS 01.07.22 – edel-optics.de Arena GLEN HANSARD 01.07.22 – Stadtpark Open Air THE WAR ON DRUGS 05.07.22 – Barclays Arena BILLY IDOL ›The Roadside‹ Tour 23.07.22 – Stadtpark Open Air MAX MUTZKE UND BAND 27.07.22 – Stadtpark Open Air TOTO 02.08.22 – Stadtpark Open Air HERBIE HANCOCK & BAND 04.08.22 – Stadtpark Open Air FAT FREDDYS DROP 31.08.22 – Stadtpark Open Air RUSS 11.10.22 – Barclays Arena THE BLACK CROWES 18.11.22 – edel-optics.de Arena BETH HART 18.11.22 – Sporthalle GESTÖRT ABER GEIL 10 Jahre Tour 01.12.22 – Barclays Arena PHILIPP POISEL IS BACK 13
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