hamburg:pur November 2022
Foto: PF Crimes Productions Inc/Argonauts Crimes Productions SA/Nikos Nikolopoulos Foto: Komplizen Film/Tobis FILM Crimes of the Future Eine ganze Weile war er weg – nun ist er wieder da! David Cronenberg meldet sich nach seiner 2014 veröffentlichten Hollywood-Satire „Maps to the Stars“ mit einemScience-Fiction-Thriller zurück, in dem er seine Lieblingsthemen verhandelt. „Crimes of the Future“ – komplett los gelöst von Cronenbergs gleichnamigem Film aus dem Jahr 1970 – dreht sich um das Verhältnis des Menschen zu seinemKörper und zur Tech- nik und erforscht eigenwillige Formen der Erotik. Meinen Hass bekommt ihr nicht 130 Menschen starben am 13. November 2015, als Is- lamisten den Pariser Club Bataclan stürmten und wahl- los um sich schossen, eine von ihnen: Hélène. „Das Le- ben eines außerordentlichenWesens, das der Liebe mei- nes Lebens, der Mutter meines Kindes, aber meinen Hass bekommt ihr nicht“, schrieb ihr Mann Antoine Lei- ris wenige Tage nach dem Anschlag auf Facebook. In- nerhalb kürzester Zeit wurde der Post mehrere Zehn- tausend Mal geteilt, erschien auf der Titelseite von „Le Monde“ und in Zeitungen weltweit. Antoine wurde zur Stimme, zum Gesicht all der Menschen, die ihre Liebs- ten verloren haben. Es war seine Art mit seiner unfass- baren Trauer und Verzweiflung umzugehen, sich von der Welt und den Tätern abzuspalten, ihnen keinen Raum zu geben, sondern die Liebe an Hélène zu bewahren. Der Hamburger Regisseur Kilian Riedhof („Homevideo“, „Sein letztes Rennen“, „Gladbeck“) hat das gleichna mige autobiografische Buch von Leiris als intimes, atmosphärisch dichtes Drama inszeniert und konzentriert sich dabei einzig auf die Sicht Antoines (Pierre Deladonchamps). Damit macht er ein kollektives Trauma persönlich erfahrbar. Das dunkle, mit allerlei Dingen vollge- stopfte Appartement, das die lebenslustige Hélène (Camélia Jordana) noch amAbend eilig für das Konzert verlassen hatte, wird zu Antoines Kokon. Dort verschanzt er sich mit seinem nicht einmal zweijährigen Sohn Melvil (Zoé Iorio) und bleibt dort selbst dann seltsam allein, wenn er von Menschen umgeben ist. Nur die Dämonen seines Verlustes tau- chen immer wieder auf, durch Licht und Schatten, Geräusche, Düfte, die in der Wohnung ein Eigenleben zu führen scheinen. In einer nicht näher bestimmten Zukunft haben sich gravierende bio- logische Veränderungen vollzogen: Viele Menschen empfinden keinen Schmerz mehr und sind immun gegen Infektionskrankheiten. Bei eini- gen gehen die physiologischen Umwälzungen so weit, dass sie ständig neue Organe mit unbekannten Fähigkeiten entwickeln. Diese „Gabe“ besitzt auch der Performancekünstler Saul Tenser (Viggo Mortensen), dessen Partnerin Caprice (Léa Seydoux) die merkwürdigen Gebilde in aufsehenerregenden Live-Shows aus ihm herausoperiert. Während der Staat die wildwuchernde Evolution einzuhegen versucht, wird Saul von einer radikalen Aktivistengruppe kontaktiert, die für ein revolutio- niertes Verdauungssystem kämpft. Cronenberg mag mit früheren Werken stärker polarisiert und geschockt haben. Herrlich abseitige Ideen lässt er aber auch in seine jüngste Arbeit einfließen. Die Welt, in die der kanadische Autorenfilmer sein Publikum entführt, wirkt seltsam leer, sieht ranzig und abgenutzt aus und verfügt über ungewöhnliche, organisch anmutende Apparate, mit deren Hilfe Körperfunktionen kontrolliert werden. Der Film sinniert über die Frage, wozu der menschliche Körper fähig sein könnte, und befasst sich überdies mit dem heute grassierenden Hang, alles in eine Insze- nierung zu verwandeln. Manches wird dabei leider nur angerissen. Bahn- brechend neue Einsichten sollte man nicht erwarten. Im Meer der Ki- no-Dystopien setzt die konventionelle Spannungsmechanismen unter- laufende Zukunftsvision jedoch einige aufregend-schräge Akzente. (cd) AB 10. NOVEMBERG CAN/F/GR/GB 2022; 107 Min.; R: David Cronenberg; D: Viggo Mortensen, Léa Seydoux, Kristen Stewart ★★★★ ★ Der César-prämierte Deladonchamps verleiht diesem Antoine hinter seiner kontrollierten Art eine Transparenz, mit der er nahezu unerträg- liche Emotionen evoziert, von denen Riedhof sein Publikum immer wie- der mit kleinen Alltagsszenen zwischen dem überforderten Vater und dem kleinen Sohn erlöst. Grandios gelingt es Riedhof, die Verzweiflung Antoines in fein komponierte Bilder, in Handlungen zu transformieren und lässt den Attentätern am Ende keinen Raum. (bs) AB 10. NOVEMBER D/F/B 2022; 102 Min.; R: Kilian Riedhof; D: Pierre Deladonchamps, Zoé Iorio, Camélia Jordana ★★★★ ★ 24 4 5 STATIONEN, 3 STUNDEN SPEICHERSTADT HAFENCITY Ein Rundgang voller Geschichte und Geschichten. 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