November 2019

37 KRITIKEN Foto: DCM Foto: Edition Salzgeber Foto: filmperlen Um eines der dunkelsten Kapitel amerikanischer Geheimdienstgeschichte geht es in dem beklemmenden Politthriller von Scott Z. Burns: Von 2009 bis 2012 lei­ tete der Senatsmitarbeiter Daniel J. Jones den Untersuchungsausschuss, der die euphemistisch als „erweiterte Verhörmethoden“ bezeichnete Folterpraxis der CIA in US-Gefangenenlagern nach 9/11 enthüllte. Seine ebenso langwierige wie ge­ fährliche Ermittlungsarbeit und die politischen Widerstände, auf die Jones mit seinen Ergebnissen stieß, stehen hier im Fokus. Die Chronik der Ereignisse wird sorgfältig und ohne künstliche Dramatisierungs­ effekte herausgearbeitet, Hauptdarsteller Adam Driver überzeugt mit souveräner Zurückhaltung, die dem Thema angemessen ist. Dasselbe gilt für die Darstellung der wenigen Folterszenen, die nur so viel wie nötig zeigen, um verständlich zu ma­ chen, um welche menschenverachtenden (und sinnlosen) Praktiken es geht. (kj) AB 7. NOVEMBER USA 2019; 118 Min; R: Scott Z. Burns. D: Adam Driver,  Annette Bening, Jon Hamm ★★★★★ Independent-Ikone PJ Harvey begleitete den preis­ gekrönten Fotografen und Kameramann Seamus Murphy auf seinen Reisen, um Inspiration für ein neues Album zu sammeln. Zurück zu Hause bastelte die Künstlerin aus den unterwegs entstandenen Tex­ ten und Gedichten das Album „The Hope Six Demo­ lition Project“, das schließlich im Rahmen einer Kunstperformance aufgenommen wurde. Seamus Murphy filmte den Entstehungsprozess der Platte von der Inspiration bis zur Realisation. Das Ergebnis ist ein für sich stehendes Kunstwerk, halb Roadmovie, halb Doku. Die Bilder, anmutig, still und voller Ehrfurcht vor dem Gezeigten, wirken wie zum Leben erweckte Straßenfotografien, zum Beispiel aus Kabul, dem Kosovo und Washington D.C., wohin die Reisen führten. Harveys Stimme führt aus dem Off durch den Film. Sie teilt ihre Gedanken mit den Zuschauern, zeigt historische Hintergründe auf oder stellt einzelne Protagonisten vor. Zum Beispiel Pau­ nie, deren Hund Money der Namensgeber des Filmes ist. (po) AB 14. NOVEMBER KRL/GB 2019; 94 Min.; R: Sea- mus Murphy; D: PJ Harvey ★★★★★ Die staatliche Gesetzgebung kann kuriose Blüten treiben, vor allem entlang der EU-Außengrenze. Das gilt nicht nur für den aktuellen Brexit-Wahnsinn, sondern auch für die geteilte Stadt Nikosia auf Zy­ pern. Regisseur Marios Piperides hat sich des The­ mas auf launige Weise angenommen und mit dem Hamburger Schauspieler Adam Bousdoukos („Soul Kitchen“) in der Hauptrolle eine kurzweilige Komö­ die mit Tiefgang geschaffen. Darum geht’s: Drei Tage vor Yiannis’ geplanter Aus­ wanderung in die Niederlande entwischt sein Hund Jimi aus dem griechischen Teil der Stadt über die UN-Pufferzone in den türkischen. Er selbst darf die Grenze ohne Probleme passieren, findet den Hund – und darf ihn aufgrund eines absurden Gesetzes, das die Einfuhr von Tieren in die EU verbietet, nicht wieder in die griechische Zone mit nach Hause neh­ men. Weil er ohne Jimi aber auf gar keinen Fall ge­ hen will, zettelt Yiannis eine dramatisch-absurde Hunde-Schmuggel-Aktion an – und überwindet da­ bei nicht nur staatliche Grenzen, sondern auch sol­ che im Kopf. Schade nur, dass die Synchronisation recht lieblos wirkt. (sh) AB 14. NOVEMBER D/CYP/GR 2018; 93Min.; R: Ma- rios Piperides; D: AdamBousdoukos, Fatih Al, Vicky Papadopoulou; HH-Premiere mit Adam Bousdou- kos am 10.11., Zeise Kinos ★★★★ ★ The Report PJ Harvey – A Dog Called Money 2 TIPPS UNERHÖRT MUSIKFILMFESTIVAL Musik und Film, das ist immer untrennbar ver­ bunden – kaum ein Streifen, in dem nicht Klänge für Atmosphäre sorgen. Beim Unerhört Musik­ filmfestival, das vom 6. bis 11. November imMe­ tropolis Kino, B-Movie und 3001 Kino stattfindet, steht die Musik aber im Vordergrund. Gezeigt werden hier ausschließlich Filme über Bands, Solokünster und Musikperformances, die aktuelle und historische Entwicklungen in Sachen Musik- und Filmwelt reflektieren. Zu sehen sind hier unter anderem Produktionen über Acid House, Miles Davis, Austropop, French Rap, HipHop, Schlager und auch der Film „Amazing Graze“ über Souldiva Aretha Franklin. Eröffnungsfilm ist „PJ Harvey – A Dog Called Money“. (mas) 6.–10.11., diverse Kinos; unerhoert-filmfest.de KLAPPE AUF! Kino für alle – das gibt es von beim „Klappe auf! Kurzfilmfestival“ zu sehen, hören und fühlen: Alle 38 Filme, die hier gezeigt werden, vom Kinder- bis zum Experimentalfilm, werden mit Untertiteln für Gehörlose sowie Audiodeskription für Blinde und Sehbehinderte vorgeführt. Die Publikums­ gespräche werden von Gebärdensprach- und Schriftdolmetschern begleitet, die die Wortbei­ träge für Gehörlose simultan auf der Leinwand lesbar machen. Das Motto in diesem Jahr: „Be­ findlichkeiten und andere Katastrophen“. Ex­ emplarisch für das gesamte Programm: „Ge­ richtszeichner“ von Jochen Kuhn, der in seinem ureigenen Animationsstil über religiösen Fana­ tismus sinniert. (mas) 8.–10.11., Metropolis Kino; klappe-auf.com Smuggling Hendrix

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