November 2018

10 MUSIK GRANADA „Hat sich alles a bissl gewandelt“ Foto: Carina Antl Popmusik aus Österreich hat ihren jüngsten Hype überlebt und sich im gesamten deutschspra- chigen Raum etabliert. Wie unterschiedlich die Protagonisten jedoch sind, zeigt allein der Ver- gleich von Granada (Graz) und Wanda (Wien). Die einen, Granada, machen Musik wie Pastell- töne (aktuelles Album: „Ge Bitte“), die anderen, Wanda, singen lieber über Exzess und Tod. Ein Gespräch mit Granada-Sänger Thomas Petritsch über Stadtrivalitäten, Verständnisprobleme nörd- lich des Weißwurstäquators und eine Stimmung, die sich nirgendwo vermeiden lässt. Thomas, setze doch mal folgenden Satz fort: Denk ich an Graz, denk ich an ... ... den Lebensmittelpunkt. Und an den Uhrturm, das Wahrzeichen der Stadt. Denkst du ausschließlich an Positives? Oder hat Graz auch Schattenseiten? Graz ist vor allem eine sehr sichere, ungefähr- liche Stadt. Ich wohne in Lend, einem Viertel, das vielleicht nicht so gute Referenzen hat, aber die Kriminalitätsrate ist sehr niedrig. Klar, es gibt ein paar Drogendealer, aber die gibt’s anderswo auch. Okay, nächste Satzforsetzung, bitte: Denk ich an Wien, denk ich an ... ... eine sehr lebenswerte Stadt. Und an Freunde, die ich gerne besuche. Ist irgendjemand aus der Band mal für kurz oder lang in Wien gelandet? Nein, wir sind alle immer in Graz geblieben. Aber wir mögen alle Wien. Es ist immer wieder schön dort, vor allem am Gürtel, in der Mariahilferstra- ße, im 7. Bezirk. Hat sich alles a bissl gewandelt, ist aber immer noch super. Irgendwelche speziellen Stadtrivalitäten zwi- schen Grazern und Wienern? Klar, die Hauptstädter nennen alle anderen Bauern, und die anderen sagen auch was zu den Haupt- städtern. Aber ab einem bestimmten Alter gibt’s das alles nicht mehr. Auch Bands dissen sich nicht untereinander? In dem Bereich, in dem wir unterwegs sind, über- haupt nicht. Ein musikalischer Graz-Wien-Vergleich, der zu- mindest in Deutschland immer wieder bemüht wird, ist der zwischen euch und Wanda. Nervt’s langsam? Ich glaube, dieser Vergleich ist der Sprachbar- riere geschuldet, also der, die es ab dem Weiß- wurstäquator nordwärts gibt. Dabei ist es, als wenn man die Toten Hosen mit Von Wegen Liesbeth oder Isolation Berlin vergleicht. Aus der Perspektive von Österreichern besteht die Gemeinsamkeit nur darin, dass beide Deutsch-Pop-Rock machen. Allein die textlichen Geschichten sind extrem unterschiedlich: Wanda spielen da mit Rock’ n’ Roll-Klischees, mit Suff, Sex und Tod. Und ihr lasst es durchweg ruhiger angehen, singt nicht über das wilde Leben, sondern über Saunagänge und den Mallorca-Urlaub. Außerdem, heißt es, würdet ihr lieber mal einen Gin Tonic trinken als ständig Bier. Wirkt alles, als würden die Pastelltöne auf dem Albumcover von „Ge Bitte“ einen generell recht hellen Gemütszustand wiederspiegeln. Ja, sicher. Wobei Pastelltöne ja immer auch etwas Verblassendes zeigen, fast schon herbstlich sind. Die Farben signalisieren also auch: Der Sommer geht zu Ende. All zu viel Melancholie möchte man mit euch aber nicht in Verbindung bringen. Die Melancholie ist überall zu Hause, nur unter- schiedlich ausgeprägt. Graz z. B. liegt südlicher als Wien, wenn’s auch nur 200 Kilometer Entfernung sind. Es liegt also näher an Slowenien, Kroatien und Italien, hat südländische Einflüsse. Wien da- gegen hat eher einen deutschen Einschlag. Zum Schluss noch mal vollenden, ein Ham- burg-Konzert steht ja an: Denk ich an Hamburg, denk ich an ... ... die Schanze, den Hafen, den Fischmarkt, den Schellfischposten, „Inas Nacht“, das Dockville, Reeperbahn Festival, Uebel & Gefährlich – das ist alles supergeil! Außerdem denke ich an HipHop! Z. B. an Dynamite Deluxe, die ich in meiner Jugend sehr oft gehört habe. Und Dendemann ist ja auch Hamburger. Ach, ich liebe Hamburg! Interview: Erik Brandt-Höge 28. NOVEMBER 20:00 Uhr; Nochtspeicher Die österreichische Band Granada lässt es privat gern etwas ruhiger angehen – nicht aber bei ihren Konzerten

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