November 2017

film 35 Aufgepeitscht durchstreift ein junger Mann das Berliner Ho- locaust-Mahnmal. Er stellt Mädchen nach und hechelt ins Smartphone: „Die Stadt hat hier so ’ne Art Lustgarten aufgebaut. Große Steinblöcke, zwischendrin haste ’nen krassen Sichtschutz und kannst richtig dirty Zeug machen. Die Frauen stehen übelst drauf!“ Mit Geschmacklosig- keiten dieses Kalibers im Portfolio kann man keine öffentlichen Förder- töpfe anzapfen, das war Jan Hendrik Stahlberg, Autor, Hauptdarsteller und Produzent von „Fikkefuchs“, wohl klar. Deshalb finanzierte er sei- nen „Aufschrei des Hetero-Mannes“ mit eigenem Erspartem und per Crowdfunding. Richard Ockers, ein stramm auf die 50 zugehender Schluffi in abgewetz- ter Lederjacke, war einst der „größte Stecher von Wuppertal“. Doch das ist gefühlte hundert Jahre her. Heute gräbt „Rocky“ in Berlin vorzugs- weise Frauen an, die seine Töchter sein könnten. Vernichtende Abfuhren sind vorprogrammiert. Doch dann wird sein pädagogischer Ehrgeiz ent- facht, als eines Tages Thorben (Franz Rogowski) vor seiner Wohnungs- tür steht. Er behauptet, Rocky sei sein Vater. Auch Thorben kriegt beim schönen Geschlecht keinen Fuß in die Tür. Sein tägliches Scheitern do- kumentiert er per Youtube-Kanal, mit dem Selbst(miss)verständnis eines coolen Lady-Checkers. Das Mahnmal-Desaster ist da nur eines von vielen tristen Beispielen. Nun gilt: Von Papa lernen heißt siegen ler- nen! Der Filmtitel nimmt Bezug auf den „Schweigefuchs“, das Handzeichen, mit dem Lehrer ihrer Klasse „Ruhe!“ signalisieren. Auch der moderne Mann, so Stahlberg, ist zum Schweigen verdammt. Sowohl unter seines- gleichen wie auch den Frauen gegenüber sind seine wahren sexuellen Fantasien tabu. Doch damit wird jetzt kräftig aufgeräumt. Man muss Stahlberg und Rogowski zugute halten, dass sie sich gänzlich uneitel zum Affen machen. Per Arschbombe schmeißen sie sich in schwer ver- mintes Terrain. Das ist mal treffend, mal albern, mal völlig daneben, in seiner Maßlosigkeit aber auch irgendwie befreiend. Rote Ge- schmacks-Linien gibt’s hier keine. „Fikkefuchs“ ist ein ekliger, nervtö- tender Film über die peinlichen Probleme moderner Männer, erdacht und gespielt von Schwanzträgern. Zeit war’s. (cc) AB 16. NOvember R: Jan Hendrik Stahlberg; D 2017; D: Jan Hendrik Stahlberg, Franz Rogowski, Susanne Bredehöft, Saralisa Volm ★★★ ★★ Foto: Alamode EIN FILM VON MILO RAU „The most ambitious piece of political theatre ever stag 2017 INTERNATIONAL COMPETITION DOK LEIPZIG 2017 OFFICIALSELECTION INTERACTIVE DOK LEIPZIG Fikkefuchs

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