Oktober 2019

12 MUSIK Foto: Erik Brandt-Höge Miu, es heißt, man hätte dir dringend davon abgeraten, als deutschsprachige Künstlerin ein Soul-Album aufzunehmen – und ein Dop- pel-Soul-Album wäre noch unsinniger. Was musstest du dir alles anhören? Miu: Mir wurde schon vor „Modern Retro Soul“ und per se davon abgeraten, als deutsche Künst- lerin englischsprachige Songs zu machen. Und was das Doppelalbum angeht, hieß es immer: „In Zeiten von Spotify geht das gar nicht, bring lieber drei EPs und fünf Singles raus!“ Das ist meiner Meinung nach aber ganz großer Quatsch. Es hat immer Leute gegeben, die Alben hören, und es gibt sie immer noch. Und wenn man mal in die 90er oder an den Anfang der 2000er Jahre zurückblickt, war es auch nichts Unübliches, als Deutsche englische Texte zu scheiben. Warum, denkst du, pochen immer noch so viele auf diese sprachliche Grenze? Ich weiß es auch nicht. Ich meine: Es will doch auch niemand, dass Selah Sue auf Flämisch singt! Als ich mich entschieden hatte, Musik zu meinem Beruf zu machen, stand für mich fest, dass ich mich selbstverwirklichen will – sonst könnte ich auch jeden anderen Job machen. Des- wegen jetzt auch genau dieses Doppelalbum. Was das Berufsmusikerinnendasein betrifft, hast du erst kürzlich erklärt, dass dir die Wid- rigkeiten, die es mit sich bringt, eine Zeit lang ziemlich in den Knochen gesteckt hätten. Hast du auch mal übers Aufhören nachgedacht? Ich habe das Gefühl, dass man als Musikerin im- mer mit Gegenwind zu kämpfen hat – ganz egal, MIU Die Hamburger Song- schreiberin, Sängerin und Multiinstrumentalistin veröffentlicht am 4. Oktober das Doppelalbum „Modern Retro Soul“ – und stemmt sich damit gegen die schnelllebige Musikindustrie Immer mit Gegenwind welchen Status man gerade hat. Das Musikbusiness ist manchmal sehr ar- rogant, jeder Künstler hat da sein Päck- chen zu tragen. Und jeder kennt den Punkt, an dem man denkt: So macht’s keinen Bock! Was macht dir in solchen Momenten Mut? Spätestens dann, wenn man wieder einen coo- len Auftritt hat, bei dem alles stimmt, weiß man, warum man das alles macht. Und dieses Album wollte ich auch unbedingt machen, habe nur an- fänglich überlegt, wie ich von der Stelle komme.

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