Oktober 2018
Foto: WFILM Pressebild Foto: Kris Dewitte Foto: di Greta de Lazzaris /DIEDEFEKTEKATZE /DIEDEFEKTEKATZE.FILM WWW.DIEDEFEKTEKATZE-FILM.DE AB 11. OKTOBER IMABATON „Die beiden suchen die Liebe, na klar. Doch die versteckt sich, wenn man sie finden will.“ DER TAGESSPIEGEL Girl Die 16-jährige Lara (ein Glücksgriff: Victor Polster) ist eine beinahe engelhafte Erscheinung, doch dahinter verbirgt sich eine Kämpferin: Sie will professio- nelle Tänzerin werden. An der Ballett-Akademie muss sie eine Probezeit zu überstehen, schiebt Sonder-Trainingsschichten. Doch Lara ist keine gewöhn- liche Ballerina: Als Kind hieß sie mal Victor. Parallel zum Tanzschul-Stress unterzieht sie sich einer Hormonbehandlung, die eine geschlechtsumwandeln- de Operation einleiten soll. Ihr Geschlecht macht sie vor jeder Trainingsstun- de mit Mullbinden und Klebeband unsichtbar. Diese Selbstkasteiung ist das zentrale Motiv des Films. Denn es ist nur Lara selbst, die sich unmenschlichem Druck aussetzt. Bis zur OP ist es noch ein weiter Weg, und so reißt ihr schließ- lich der Geduldsfaden... Der junge flämische Regisseur Lucas Dhont legt mit „Girl“ ein außerordentliches Erstlingswerk hin. In zugespitzter Form verhan- delt der Film Fragen, die wohl alle Menschen umtreiben: Mag ich mich selber? Wie möchte ich auf andere wirken? Kann ich ein besserer Mensch werden? Ein funkelndes Kino-Juwel. (cc) AB 18. OKTOBER R: Lucas Dhont; BEL 2018; D: Victor Polster, Arieh Wort- halter, Tijmen Govaerts ★★★★★ Dogman Betongraue Hoffnungslosigkeit und Verfall bestimmen das Stadtbild von Magliana, dem Schauplatz von Matteo Garrones Mordballade „Dogman“. Doch wer wie Hundefriseur Marcello (Marcello Fonte) nicht allzu helle ist, findet dennoch sein Glück. Hier eine Frisur für den Wauzi, da eine Portion Pasta mit den Kumpels, gelegentlich eine Nase Koks um gut drauf zu kommen: Das Leben kann so schön sein, wenn die Erwartungen beschei- den genug sind. Wie in seiner Saviano-Verfilmung „Gomorrah“ ist Garro- ne fasziniert von der betörenden Hässlichkeit misslungener Städteplanung als Sinnbild für eine Gesellschaft im Niedergang. Die manifestiert sich am Beispiel des tumben Provinzpsychopathen Simoncino (naturgewaltig: Edoardo Pesce), der den wehrlosen Marcello zum Komplizen bei seinen selbstzerstörerischen kriminellen Eskapaden macht. Je mehr sich die Geschichte ihrer drastischen Zuspitzung im Schlussakt nähert, desto mehr gleicht sich der Erzählton dem des italienischen „Pentamerone“-Mär- chenkanons an. Ganz in der Rolle des Erzählers gönnt Garrone seinem Helden ein bitteres, doch tonal versöhnliches „Happy“ End. Ein letzter Blick auf das zur Geisterstadt verkommene Magliana jedoch deutet an, dass es für die großen Befreiungsschläge vielleicht zu spät ist. (chr) AB 18. OKTOBER R: Matteo Garrone; I/F 2018; 99 Min; D: Marcello Fonte, Edoardo Pesce, Nunzia Schiano. ★★★★ ★ Unser Saatgut - Wir ernten, was wir säen Diese Doku macht Appetit: In fulminant kolorierten Nahaufnahmen sprin- gen vielfarbige Maiskolben, riesige Bohnen und exotische Wildpflanzen dem Kinogänger von der Leinwand fast auf den Schoß. Doch den Markt beherrschen die Monokulturen raffgieriger Konzerne, 90 Prozent des Saatgutes unseres Planeten sind verloren. Die Botschaft lautet also: Ret- tet, was zu retten ist! Die Regisseure Taggart Siegel und Jon Betz setzen diesen Ausruf filmisch exzellent um. Eingeborene kommen zu Wort, eine große Anzahl von Wissenschaftlern, sogar sogenannte „Saatgutwächter“, dazu liefern sie wertvolle Statistiken und überraschende Infos, fassungs- los machende Fallbeispiele des Vernichtungs-Kapitalismus, wirklich wit- zige Comics und immer wieder Bilder von atemberaubender Schönheit. Das Wichtigste: Stets bleibt ihre Doku kompakt, verbindet die vielen Fäden strukturell meisterhaft, gleitet nie in ein Rührstück ab. Angucken? Auf jeden Fall. Und danach bitte sofort aktiv werden. (misch) AB 11. OKTOBER R: Taggart Siegel; USA 2016; 94 Min; Vorstellungmit anschließendemFilmgesprächmit Regisseur am11.10., Abaton-Kino, 20 Uhr ★★★★★
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy MjI2ODAz