Oktober 2018

36 FILM Wie (nicht nur) Spannungsgroßmeister Ste- phen King treffend feststellte: Guter Thrill entsteht nicht unbedingt dadurch, was gezeigt wird. Es generiert sich oft gerade aus dem, was nicht gezeigt wird – und sich also im Kopf des Rezipienten konstruiert. Von diesem Wissen macht das packende De- büt des dänischen Regisseurs Gustav Möl- ler geschickt Gebrauch. Sein beklemmender Echtzeit-Entführungsthriller hat nur einen einzigen Schauplatz: das karge Büro einer Kopenhagener Notrufzentrale. Hier lernen wir den einzigen in diesem Film sichtbaren Protagonisten kennen: Cop Asger, der aus zunächst unbekannten Gründen zum Telefon- dienst abkommandiert wurde. Routiniert prag- matisch fertigt er per Headset psychotische Speed-Freaks und abgezockte Freier ab. Dann erhält er einen Anruf, der seine gebeutelten Polizistenehrgeiz weckt: Eine junge Frau wur- de von ihrem Ex entführt. Er sitzt neben ihr im Wagen, sie muss also so tun, als spreche sie mit ihrer kleinen Tochter. Doch der Entführer durchschaut den Trick, die Verbindung wird getrennt. In den nächsten Stunden setzt Asger alles daran, die Frau zu finden. Ein Wettlauf gegen die Zeit. Atemlos folgen wir an der Seite von Asger dem mit jedem Telefonklingeln die Richtung wech- selnden Plot, der uns immer wieder den Boden unter den Füßen wegzieht – und sind andert- halb Stunden lang ganz Ohr. Die Identifikation mit dem Mann am Headset ist für diese Erzähl- weise essentiell und gelingt nicht zuletzt dank Jakob Cedergrens glaubwürdiger Performance. Wir beobachten hier keinen Helden, sondern einen Menschen in einer Extremsituation; ei- nen Menschen, der trotz aller Erfahrung viele Fehler macht. Die uralte moralische Frage, was Schuld bedeutet und wie wir zu Schuldigen wer- den, wird dabei mit jedem Twist neu verhandelt. In Sundance wurde Möllers minimalistisches Erzählexperiment mit dem Publikumspreis belohnt – entgegen aller Trends ein schö- nes Zeichen dafür, dass modernes Span- nungskino sich nicht mit oberflächlichen Effekten aufpumpen muss, um zu gefallen. Karin Jirsak AB 18. OKTOBER R: Gustav Möller; DEN 2018; 88 Min.; D: Jakob Cedergren, Jakob Ulrik Lohmann, Morten Thunbo ★★★★★ Was bedeutet Schuld? Wie werden wir zu Schuldigen? Der dänische Regisseur Gustav Möller geht diesen mora- lischen Fragen in „The Guilty“ mit einem nervenzerreißenden, minimalistischen Kammerspiel auf den Grund THE GUILTY Wettlauf gegen die Zeit Foto: Nikolaj Moeller hamburg: pur Aktion! Für eine exklusive Preview am 16.10. (deutsche Fas- sung) um 20 Uhr im Abaton-Kino verlosen wir 40x2 Karten. E-Mail mit Name und Betreff „pur:guilty“ an pur-verlosung@vkfmi.de . Einsendeschluss: 12.10.

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