Oktober 2017

Nadine und Michel, wie sieht ein Abend mit dem Impro-Theater Liquid Stories aus? Nadine Antler: Es gibt im Wechsel zwei unter- schiedliche Veranstaltun- gen. „Underdogs“ wird von der Steifen Brise unter meiner Leitung veranstaltet, die andere kuratiert Michel für BIK CITY Impro. Unsere Abende zeichnen sich durch drei Zeitslots aus, die 15, 30 und 45 Minuten lang sind. In dem kurzen Zeitfenster zeigen wir eine wilde Impro-Idee zu einem Thema, darauf folgt ein schon feingeschliffeneres Format und die fertige Show bekommt die 45 Minuten. Das Pu- blikum kann an diesem Abend in ganz unter- schiedliche Techniken, Theateransätze und Themen reinschnuppern. Michel Büch: An den BIK CITY-Abenden zeigen wir abendfüllende Formate ganz unterschiedli- cher Art. Zuletzt haben wir zu einer Gedichtzei- le im Gespräch mit dem Publikum breit assozi- iert, sind dabei in viele Richtungen gesprungen, wodurch ein kollektiver Gedankenraum entstan- den ist. In diesem Raum spielten wir dann zu- sammen mit einem 15-köpfigen Chor eine poe- tische, erzählende Collage. Was ist das Besondere bei eurem Impro- Theater? NA: Improvisiertes Theater, so wie ich es lieber nenne, funktioniert nach den gleichen Bühnen- gesetzen, dem gleichen Bühnenhandwerk wie das Theater – nur adaptieren wir kein bereits geschriebenes Stück, sondern das Stück ent- theater 33 Die Komik des Moments Warum die Impro-Reihe „Liquid Stories“ weniger schnelle Gags und mehr Theater braucht Foto: Hedda Bültmann Worin liegt der Reiz beim Improvisieren? MB: Es finden reale Begegnungen mit realen Menschen statt, was eine ganz eigene Form der Kommunikation schafft, die es im Theater sonst selten gibt, weil etwa eine Regie-Idee dazwi- schen steht. Zusammen mit dem Publikum finden wir jeden Abend heraus, was uns real in diesem Augenblick und in dieser Konstellation bewegt. Dazu muss man sehr wach sein und dieses Training überträgt sich auch in andere, private Bereiche. NA: Für mich ist spannend, dass ich auf der Bühne nie weiß, was als nächstes passiert. Es ist immer ein Adrenalinkick. Und es ist live wie kaum etwas anderes und für das Publikum deshalb auch eine ganz besondere Erfahrung. Hier dürfen Fehler passieren. Denn im Gegen- satz zu der Gesell- schaft, in der wir leben, muss hier nicht alles perfekt sein. Neues entsteht nur, wenn man neue Weg geht und auch mal in einer Sack- gasse landet. Und ge- nau das ist Impro. Ich weiß nicht, wo es hin- geht und plötzlich bleibe ich mittendrin stecken, muss die Kurve wieder kriegen und weitermachen. Und finde unter Umständen etwas ganz Neues. Die Intendantin des Schauspielhaus Karin Beier hat mal gesagt, Theater sei ein Augen- öffner. Wie ist das beim improvisierten Theater, geht es nur um den Moment oder stecken auch Inhalte dahinter? NA: Ich liebe es, Themen, die mich umtreiben in ein Showkonzept zu bringen. Zum Beispiel geht es in unserer Show „W3r b1n 1ch?“ um den Umgang mit unseren Daten. In dieser Show hacken wir das Publikummit dem Ziel, dass die Zuschauer über ihren Umgang mit den eigenen Daten nachdenken. MB: Mir gefällt, wenn im Laufe des Abends eine Fallhöhe entsteht, ein bedeutsames Risiko. Dafür kann ich zum Beispiel sorgen, indem ich meine Figuren beziehungsweise mich als Spie- ler in Situationen bringe, die mir Angst machen, mich auch inhaltlich herausfordern. Sehenden Auges auf der Bühne in so eine Krise zu rennen – das ist für mich mehr als der bloße Moment. Aber auch mehr als der bloße Inhalt. Interview: Hedda Bültmann 28. OKTOBER Liquid Stories im Lichthof Liquid Stories steht auf der Bühne. Wir wollen gerade bei den Underdogs auch mal ein Thema länger gemein- sam mit dem Publikum bearbeiten. Und nicht wie bei den kurzen Comedy-Formaten die Komik des Moments in den Mittelpunkt stellen. Denn die ist sowieso immer da und muss nicht immer- zu betont werden. Ebenso müssen wir dem Publikum nicht ständig beweisen, dass wir auf alles eingehen können, denn alles, was während der Show im Zuschauerraum passiert, beein- flusst immer das, was auf der Bühne passiert. MB: In Langformen gibt es häufig mehr Zeit für vielschichtigere Figuren, was es für das Publi- kum, aber auch für uns Spieler, auf andere Weise interessant macht.

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