hmburg:pur September 2022

Foto: jip film & verleih FILM Hive Heimlich klettert Fahrije (grandios: Yllka Gashi) auf einen Laster der UN, öffnet die Leichensäcke, sucht nach Hinwei- sen auf den Verbleib ihres Ehemanns. Er gilt als vermisst. Seit dem Überfall der serbischen Paramilitärs auf den Ko- sovo 1999 wird Krusha das „Dorf der Witwen“ genannt. Die Frauen dürfen hier nichts anderes sein, als trauernde Hin- terbliebene, Arbeiten außerhalb des Hauses ist ein gesell- schaftliches Tabu. Doch die Erträge ihrer Bienenstöcke rei- chen für Fahrije, ihre beiden Kinder und den pflegebedürf- tigen Schwiegervater nicht zum Überleben. Die Mittdreißigerin beschließt, hausgemachten Avjar, jene berühmte würzige Paprikapaste, zu produzieren und an einen Supermarkt in der Stadt zu liefern. Nach ihrer Führerschein- prüfung schlagen Fahrije Hass und Verachtung entgegen. Schämen würde sich ihr Mann für sie, heißt es imDorf, selbst die Tochter reagiert mit Verachtung. Ein Stein trifft die Vor- derscheibe ihres alten, zerbeulten Wagens. Fahrije lässt sich nicht einschüchtern, die Arbeit gibt ihr die Kraft, Schmerz und Verlust zu ertragen. Sie überzeugt andere Frauen, sich der kleinen Genossenschaft anzuschließen und zusammen gegen Unter- drückung und Engstirnigkeit aufzubegehren. Regisseurin und Drehbuchautorin Blerta Basholli verzichtet in ihrem Spielfilmdebüt „Hive“ auf Rückblenden, konzentriert sich mit doku- mentarischer Präzision auf die Zeit nach dem Krieg. Es ist ein Neuan- fang zwischen Trümmern, Tradition und Feindseligkeit, aber ausge- richtet auf Veränderung, Selbstbestimmung. Atmosphärisch erinnert der Film mit seinen wundervollen intensiven Bildern an einen rauen Western. Es geht um Freiheit, das Überschreiten von Grenzen. Die Hel- din führt einen trotzigen, anfangs einsamen Kampf zwischen den Rui- Das Glücksrad Ryūsuke Hamaguchi zählt zu den wichtigsten zeitgenössischen japa- nischen Filmemachern – und das nicht erst seit seinemmit demOscar ausgezeichneten „Drive My Car“ (2021). Die Aufmerksamkeit ist seinem neuen Werk „Das Glücksrad – Wheel of Fortune and Fantasy“ aber spä- testens deshalb sicher. Erzählt wird in seinem neuen Werk nicht bloß eine Geschichte, sondern gleich drei, die miteinander nicht direkt zu tun haben, aber allesamt um menschliche Beziehungen und die Rolle des Zufalls kreisen. In Episode 1 „Magie (oder etwas weniger Zuverlässiges)“ erzählt Tsu- Foto: Film Kino Text gumi (Hyunri) ihrer besten Freundin Meiko (Kotone Furukawa) während einer Taxifahrt von ihrem Date mit einem attraktiven Mann. Meiko be- fürchtet, dass es sich hierbei um ihren Ex-Freund Kazuaki (Ayumu Na- kajima) handelt und lässt sich direkt nach demGespräch mit dem Taxi zu ihm fahren, um sich den eigenen Gefühlen zu vergewissern. Episode 2 „Die Tür bleibt offen“ erzählt von Nao (Katsuki Mori), die sich schon länger zu ihrem Französisch-Professor Segawa (Kiyohiko Shi- bukawa) hingezogen fühlt. Als ihr Freund Sasaki (Shouma Kai) ihr einen Vorwand gibt, um diesen in dessen Büro aufzusuchen, kommt sie dem Professor näher. Nach dem Treffen sendet sie versehentlich eine Mail an eine falsche Adresse – mit fatalen Folgen. Episode 3 „Noch einmal“ zeigt Moka (Fusako Urabe), die zum zwanzig- jährigen Klassentreffen fährt und auf ein Wiedersehen mit Nana (Aoba Kawai), ihrer heimliche Liebe aus der Schulzeit, hofft. Aber daraus wird nichts. Die Enttäuschung ist groß. Doch dann trifft sie Nana zufällig auf der Straße. Oder etwa doch nicht? Regisseur Hamaguchi („Happy Hour“, „Asako I & II“) weiß mit wenigen Mitteln eine faszinierende Grundspannung zu erzeugen. Jedes Bild ist durchdacht und fesselnd, jede Zeile erzeugt einen Sog – von der ers- ten bis zur letzten Sekunde, von der ersten bis zur letzten Folge. „Das Glücksrad“ dreht sich – und bereitet beim Zuschauen pures Vergnü- gen. Zu Recht erhielt der Film auf der Berlinale den Großen Preis der Jury (Silberner Bär). In den Worten des Regisseurs: „Lassen Sie sich überraschen von der Unberechenbarkeit der Welt.“ (mag) AB 1. SEPTEMBER JAP 2021; 121 Min.; R: Ryūsuke Hamaguchi; D: Kotone Furukawa, Kiyohiko Shibukawa, Fusako Urabe ★★★★ ★ nen der Vergangenheit. Ihre Verletzbarkeit verbirgt sich hinter stoischer Entschlossenheit. Sie will endlich Gewissheit über das Schicksal ihres Mannes, helfen kann nur ein DNA-Test. Doch der Schwiegervater will nicht einwilligen, er und die Kinder verweigern in selbstzerstörerischer Trauer die Realität, als wäre die Hoffnung auf ein anderes, erfülltes Le- ben, Verrat an dem geliebten Menschen. (ag) AB 8. SEPTEMBER KOSOVO/ALB/MKD/CH 2021; 84 Min.; R: Blerta Basholli; D: Yllka Gashi, Çun Lajçi, Aurita Agushi ★★★★ ★ 24 4 5 STATIONEN, 3 STUNDEN SPEICHERSTADT HAFENCITY Ein Rundgang voller Geschichte und Geschichten. Von Schlitzohren, Schlickrutschern und Ka eebaronen. 5 6 STATIONEN, 3 STD. ST. GEORG Der Stadtteil im Herzen Hamburgs in dem sich ganze Welten vereinen. JETZT TOUR BUCHEN! JE 39, € 5 6 STATIONEN, 3 STUNDEN ALTONA OTTENSEN Elbchic und Hafenflair. Entdecke die typischen Leckereien von Hamburg- Altona und Ottensen. 5 STATIONEN, 3 STUNDEN SCHANZENVIERTEL Wo bunt, alternativ, kreativ, politisch, angesagt sind und neueste Trends verschmelzen. 4 5 STATIONEN, 3 STD. HARBURG Durch den wunderschönen Harburger Binnenhafen, entlang zauberhafter Fachwerkhäuser durch die Altstadt. 4 5 STATIONEN, 3 STUNDEN WILHELMSBURG Bunt gemischte Kulinarik und Geschichte im malerischen Reiherstieg-Viertel. 4 STATIONEN, 3 STUNDEN BLANKENESE Leckere Kulinarik inmitten des Flairs des ehemals berühmten Seefahrerdorfes. EIN PRODUKT DER Entdeckt und erschmeckt Hamburg! www.genusstouren-hamburg.de powered by

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