Hamburg Pur - September 2021

Foto: Bonnie Bartusch PARTY THE COAST Küsten- Patriotismus Mit groovigem, tanzbarem Sound von lokaler Szene-Größe zum international gebuchten Club-Act. Roman Adam und Jörg Wittekindt gehörten mit Kuestenklatsch seit Jahren zum Nachtleben. Warum sie jetzt ihren Namen ändern, über ihr Künstlerdasein in Pandemiezeiten und aktuelle musikalische Projekte, erzählen sie im Interview 34 PARTY ziellen Rettungsschirm der GEMA, den du als Mitglied in Anspruch nehmen konntest. Jörg: Man konnte sich auf diverse Fördertöp- fe bewerben, wie zum Beispiel die Initiative Musik. Und natürlich muss man lobend die Stadt Hamburg erwähnen. RockCity ist eben- falls eine tolle Sache. Habt ihr die vorsichtigen Öffnungen bereits zum Auflegen nutzen können? Roman: Ja, obwohl es immer wieder eine klei- ne Wundertüte war. Findet es nun statt, findet es nicht statt? Aber wir durften mal wieder auf dem Ferdinands Feld Festival spielen oder auf dem Teufelsberg in Berlin. Das waren beein- druckende Momente. Endlich wieder Men- schen auf der Tanzfläche, endlich wieder Feed- back und Resonanz. Unbezahlbar und das, was man ammeisten vermisst hat. Und was ist noch in diesem Jahr geplant? Jörg: Wir haben diverse Anfragen aus demAus- land, denn da sieht die Situation in einigen Län- dern etwas anders aus. Wir werden dieses Jahr auf jeden Fall noch mal in Kroatien und in Lon- don sein. Hamburg steht noch nichts auf der Agenda, da müssen wir und die Veranstalter leider weiterhin von Woche zu Woche denken. Welche Maßnahmen wünscht ihr euch von der Politik in Hinblick auf zukünftige Veran- staltungen? Jörg: Da können wir mittlerweile ein ganzes Buch drüber schreiben. Auf jeden Fall eine bun- deseinheitliche Regelung. Wir leben in Ham- burg und sind von zwei Bundesländern einge- rahmt, in denen verschiedene Gesetzgebungen gelten. Roman: Gezielte und konkrete Förderungen für Veranstaltungen mit verminderten Kapazi- täten, umVerluste auszugleichen. Gleichstel- lung zwischen den kulturellen Veranstaltungen: Warum können zu einem Fussballspiel Tau- sende von Menschen in ein Stadion, während zu einemKonzert nur begrenzt Menschen dür- fen? Jörg: Bezogen auf die Clubszene ist es schon lange weit nach zwölf. Ehrliche Strategien und Ausblicke zu Öffnungen sind absolut nicht vor- handen. Momentan hängt jeder in der Luft. Clubbesitzer, Künstler, Zulieferer haben keine wirkliche Planungsgrundlage. Wir wünschen uns daher mehr Flächen zur kulturellen Nut- zung im Stadtbereich. Die meisten gehen lei- der gerade an Investoren. Ein gutes Beispiel ist da die Holsten Brauerei. Leider ein reines Spekulationsobjekt. Aber der Sommer hat ge- zeigt, dass wir noch da sind und das gibt uns Hoffnung. Denn dann gibt’s weiterhin viele großartige Abende mit The Coast. Interview: Ole Masch instagram.com/the_coast_music/ Jörg und Roman, Kuestenklatsch ist Ge- schichte. Wieso ändert ihr euren Namen? Jörg Wittekindt: Wir haben am 6. August alles auf The Coast umgestellt. Hauptsächlich, um noch mehr für den internationalen Markt ge- rüstet zu sein und das ganze Projekt auf eine erwachsene Ebene zu heben. Damals hätte niemand ahnen können, dass wir circa acht Jahre später fast 200 Tracks released haben. Roman Adam: Wichtig war uns etwas mit Ham- burg-Bezug und dass das Projekt einen mari- timen Touch bekommt. In unserem Logo war sogar eine kleine „Hammaburg“ integriert. Das Ganze sollte diesen einen roten Faden besit- zen. Ob bei unserem Label Fish & Chicks oder bei einigen Veranstaltungsformaten. Habt ihr keine Sorge, euren Stand in der Sze- ne zu verlieren? Jörg: Ja klar, das schwingt natürlich mit. Aber wir sagen immer, dass wir uns als Menschen nicht verändern. Wir sind immer greifbar, nah- bar und interagieren viel auf persönlicher Ebe- ne. Daneben versuchen wir, unsere Kanäle mit der Umstellung zu befüttern, sodass viele Men- schen und Fans davon mitbekommen. Roman: Social Media sind heutzutage schnell umgestellt. Bei musikalischen Plattformen sieht das etwas anders aus. Da fängt man wie- der unten an. Aber das hat auch etwas Positi- ves. Wir können auch musikalisch wieder neu gestalten. Was verbindet ihr mit der Küste? Jörg: Ganz klar: Die Heimat! An der Küste sind wir geboren – Roman in Kiel und Jörg in Bre- merhaven – und hier werden wir sicherlich den Rest unseres Lebens verbringen. Wir haben beide mal auf einemKreuzfahrtschiff gearbei- tet. Nur Wasser, grenzenloser Blick, Wind. Das alles ist für uns Lebensqualität und sowas fin- det man nur an der Küste. Man kann uns gerne Küsten-Patriotismus vorwerfen. Wie wird man vom Hamburger DJ-Duo zum international gebuchten Act? Roman: Als wir begonnen haben, hatten wir von Tag eins an das Ziel, international erfolg- reiche Musik zu machen. Der Traum war vom ersten Moment da. Das Produzieren, das Auf- legen sowie das ganze Drumherum ist unser Beruf. Jörg: Ein weiterer Meilenstein ist die richtige Wahl der Booking Agentur. In unserem Fall ist Vivid Artists aus Berlin, zu denen zumBeispiel Format:B gehören. Und was man absolut nicht verkennen darf, ist das eigene Netzwerk. Manchmal ergeben sich einfach Dinge durch Kontakte. In welchen Hamburger Clubs finden sich eure Wurzeln? Jörg: Unser erstes wirkliches Booking hatten wir im guten alten Kurhotel. Das war ein komi- sches Gefühl, auf einmal die Seiten zu wech- seln: vom Gast zum DJ. Die meisten Nächte jedoch haben wir definitiv imWaagenbau ver- bracht. Ihr tretet als Duo auf. Gibt es eine bestimm- te Rollenverteilung? Roman: Wir stehen zumindest immer gleich. Jörg links, ich rechts. Witzigerweise auch wenn wir mal nicht auflegen, sondern irgendwo spa- zieren gehen. Das ist schon so drin im Kopf. Jörg: Roman spielt immer den ersten Track. Das ist vielleicht sogar ein kleiner Aberglaube geworden. Während er sich federführend um die Produktionen und das Mastering kümmert, führe ich das Label, befüttere Social-Media- Kanäle, schaffe Content und kümmere mich um die Kommunikation. Manchmal machen wir aber beide alles, sitzen gemeinsam imStudio. Was ganz wichtig ist: Nichts passiert ohne das Einverständnis des anderen. Seid ihr auch solo unterwegs? Roman: Ab und zu. Aber The Coast gibt es nur im Doppelpack. Jörg ist schon über 20 Jahre als DJ unterwegs, kommt ursprünglich aus dem HipHop. Manchmal findet man ihn noch auf Gigs in diesem Genre. Noch mehr aber hinter den Kulissen als Booker. Jörg: Roman hat seit Kurzem ein Techno-Pro- jekt als Roman Adam und tobt sich hier ein bisschen aus. Letzter Release war auf Oliver Huntemanns Senso Label. Wie seid ihr als Künstler durch die Pandemie gekommen? Jörg: Wir haben uns 24/7 in Studio einge- schlossen. Das Jahr 2020 mit unglaublichen 62 releasten Tracks abgeschlossen. Und dann haben wir viele Streams gespielt, auch einen eigenen betrieben. Roman: Wir müssen ehrlich sagen, wir haben versucht jeden Tag genauso zu arbeiten, als wenn es keine Pandemie wäre. Wir wollten im- mer auf den Tag X vorbereitet sein, an dem es wieder losgeht. Konntet ihr Hilfen in Anspruch nehmen? Roman: Ja und damit haben wir uns auch lan- ge beschäftigt. Es gab für Künstler schon ei- nige gute Sachen. Zum Beispiel einen finan- 35

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