Septermber 2020
Foto: Frank Egel Musik ASHRAF SHARIF KHAN & VIKTOR MAREK „Wir wissen, dass keiner tanzen darf“ HopHop, Acid, Electro und Dub verschmelzen mit einem meditativen Sitar-Spiel, wenn Viktor Marek und Ashraf Sharif Khan zusammen Musik machen. Marek, der in Hamburg Mitbetreiber des Golden Pudel Club ist, liefert den Groove, und Khan, geboren in Pakistan als Sohn des Sitar-Meisters Ustad Muhammad Sharif Khan Poonchwala, die Melodien. Ihr erstes gemeinsames Album heißt „Sufi Dub Brothers“ (VÖ: 28.8.) Ashraf Sharif und Viktor, als ihr euch 2010 kennengelernt und be- schlossen habt, zusammen Musik zu machen, hattet ihr da schon be- stimmte Ziele bezüglich der Klangästhetik? Oder wolltet ihr schlicht- weg moderne Club-Sounds mit traditionellem Sitar-Spiel verbinden und mal gucken, was passiert? Ashraf Sharif Khan: So einfach es klingt: Unser Hauptziel war es, das ge- meinsame Musikmachen zu genießen – weil wir beide Genießer sind (lacht). Vielleicht wolltest du, Ashraf Sharif, ja auch mal raus aus deinem bis- herigen musikalischen Kontext beziehungsweise ihn ins Hier und Jetzt hieven? Ashraf Sharif: Ja, das kam noch dazu. Ich war sehr zufrieden mit dem, was ich bis dahin gemacht hatte und ja auch heute noch mache: eher meditatives Sitar-Spiel. Gewünscht hatte ich mir aber schon immer, dass meine Hörer nicht nur meditieren, sondern auch tanzen. Und Tanzmusik war mit Viktor möglich. Viktor Marek: Wir haben 2010 ein Bollywood-Theaterprojekt mit der Gruppe Hajusom und jungen Geflüchteten gemacht. Anfänglich haben wir einfach die Musik gespielt, die wir immer gespielt haben, und uns keine wirklichen Gedanken darüber gemacht, ob das zusammenpassen könnte oder nicht. Ashraf Sharif: Es hat ja auch sofort funktioniert. Viktor hat mir einen Groove gezeigt, und ich hatte schnell Ideen für passende Melodien. Viktor: Wir haben seitdem auch nie viel geprobt (lacht). Weil wir schlicht- weg gut harmonieren. Sobald wir uns danach fühlen, treffen wir uns, fan- gen an zu improvisieren, verstehen uns blind. Es gibt bei uns auch keine Hierarchie wie in den meisten Bands. Bei uns geht mal der eine voran, mal der andere, und es ist immer für beide in Ordnung. Beats plus Tradition gleich rauschhafte Klangwelten – auf diese simp- le Formel könnte man eure musikalische Fusion herunterbrechen. Fiel euch denn das Aufnehmen von Songs für euer erstes Album auch so leicht, wie eure bisherigen Live-Auftritte wirkten? Viktor: Unsere Live-Auftritte passierten tatsächlich einfach so. Wir re- agierten aufeinander, auf das Publikum, das Wetter, die Bühnenverhält- nisse und alles, was die Abende sonst noch mit sich brachten. Für dieses Album war es dann unsere Aufgabe, den Live-Zauber zugänglich für Leute zu machen, die uns zu Hause auf der Couch hören. Wir saßen im Studio – auch neu für uns – und haben lange darüber nachgedacht, wie wir das hinkriegen könnten. Was war am Ende eure Lösung? Viktor: Vor allem haben wir gemerkt, dass wir die Songs, die live teils sehr lang werden, kurz und knackig halten müssen. Wir wollten ja, dass die Energie, die unsere Konzerte haben, auch auf dem Album zu hören ist. Konzerte von euch wird es in Kürze auch wieder geben, allerdings in ganz anderer Form, als ihr es gewohnt seid. Macht es euch auf eine Weise nervös, wenn ihr darüber nachdenkt, dass niemand im Publikum tanzen dürfen wird? Ashraf Sharif: Wenn die Leute sonst nicht tanzen, sind wir sehr selbstkri- tisch und denken: Okay, unser Fehler! Und es ist schon auch seltsam und peinlich, wenn sich vor der Bühne niemand bewegt. Viktor: Jetzt ist es natürlich anders. Jetzt spielen wir draußen, das Publi- kum sitzt. Wir wissen, im Vorfeld, dass keiner tanzen darf, was sehr schade ist – aber immerhin liegt es nicht an uns (lacht). Interview: Erik Brandt-Höge 14
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