September 2019
Foto: fahrrad.hamburg Foto: BWVI hamburg Luftstationen Nichts ist enttäuschender, als sich aufs Fahrrad zu schwingen – nur um festzustellen, dass der Reifen platt ist. ImHamburger Stadtgebiet sind 20 Luftsta- tionen verteilt, an denen der Reifen schnell wieder aufgepumpt werden kann. Die Stationen sind leicht mit einemFußpedal zu bedienen undmit Dunlop- und Sclaverand-Ventil ausgestattet. Bike+Ride Die perfekteMischung: Mit den Fahrradstellplätzen der 21 bereits existierenden Bike+Ride-Anlagen können Radler ihren Drahtesel sicher verwahren und auf die öffentlichen Verkehrsmittel umstei- gen. Die Nutzung ist kostenlos, wer auf Nummer sicher gehen will, kann sich für 90 Euro im Jahr einen Platz in einer Box reservieren, die nur mit PIN zu öffnen ist. Stadtrad Wer in Hamburg in die Pedale treten will, braucht dank Stadtrad kein eigenes Fahrrad: Rund 2.600 der roten Flitzer sind im Hamburger Stadtgebiet unterwegs oder stehen an den 220 Stationen für spontane Spritztouren bereit. Die Nutzung kostet 5 Euro im Jahr, die ersten 30 Minuten jeder Fahrt sind kostenlos. Stadt-Service Grundlage für diese Förderung ist auch das „Bündnis für den Radverkehr“, das unter Olaf Scholz 2016 unterzeichnet wurde. Was hat sich seitdem konkret getan? Sehr viel! Seit der Unterzeichnung des Bündnisses haben wir in Hamburg eine Radverkehrsförderung, wie es sie vorher noch nie gab. Wir haben seitdem vorangebracht, dass an allen U- und S-Bahnhöfen hochwertige Abstellanlagen gebaut werden. Unser Stadtrad-System ist erweitert worden, sogar um E-Lastenräder. Und natürlich wird auch das Velo- routen-Netz ausgebaut. Das wird immer sichtbarer, an der Ecke Krugkoppelbrücke und Harvesterhuder Weg ist beispielweise gerade ein Kreisel auf der Veloroute 4 fertig geworden. Jährlich entstehen rund 30 bis 40 Kilometer Radverkehrsanlagen. Das findet auch bundesweit Anerkennung, wir werden 2021 den Nationalen Radverkehrskongress mit dem Bund hier in Hamburg als Gastgeber durchführen. Dies ist ein großes Kompliment an das, was wir in den letzten Jahren geschafft haben. Ein großer Teil ist der Ausbau des Velorouten- Netzes in der Stadt … Genau, beim Veloroutenausbau setzen wir auf mehr Platz für die Radfahrer. Wir wollen loskommen von diesen hubbeligen, handtuchbreiten Wegen. Stattdessen wollen wir breite Radrouten, auf de- nen die Fahrradfahrer sicher, zügig und komfor- tabel fahren können. Platz schafft Sicherheit. Wie das aussieht, können die Hamburger zum Beispiel schon an den Fahrradstraßen Chemnitzstraße oder Leinpfad sehen. Ab August wird der Ballindamm umgebaut, Radfahrer bekommen dort bis zu 2,75 Meter breite Radstreifen. Ab wann kann die Stadt denn auf dem fertigen Velorouten-Netz erkundet werden? Als ich meinen Job als Radverkehrskoordinatorin angefangen habe, war das Thema Velorouten ein unbeackertes Feld. Der Plan lag zwar in der Schub- lade, wurde aber nicht umgesetzt. Inzwischen ha- ben wir 253 Maßnahmen über das ganze Stadtge- biet angestoßen, die gerade in Planung oder im Bau sind. Bis Ende 2020 werden wir dafür 30 Millionen Euro Bundesmittel verbaut haben. Dann wird auch das Streckennetz überwiegend fertig sein. Aller- dings gibt es auch Maßnahmen, die erst danach umgesetzt werden, was einfach daran liegt, dass manche Planungen länger brauchen, weil bei- spielsweise Grundstücke gekauft oder Bauzeit- fenster gefunden werden müssen. Im letzten Jahr wurden neue Stadtrad-Statio- nen gebaut, und die Flotte wurde erweitert. Wie geht es weiter? Vor einem Jahr hatten wir noch 214 Leihstationen mit 2.450 Fahrrädern. Heute gibt es bereits 224 Sta- tionen, diese werden in den kommenden Jahren schrittweise auf 350 Stationen mit 4.500 Leihrädern ausgebaut. So erreichen wir eine Vollabdeckung in der Stadt. Unser Ziel ist es, dass die Hamburger im ganzen Stadtgebiet an allen S- und U-Bahnhöfen und in allen Stadtteilzentren eine Station finden. Die erste halbe Stunde der Nutzung ist kostenlos, und per App kann man vorher prüfen, an welcher Station noch Fahrräder verfügbar sind. Das Stadt- rad ist damit ein sehr komfortables Verkehrsmittel, das viele Hamburger schätzen und lieben. Das Stadtrad scheint ein elementarer Teil des Mobilitätskonzepts der Stadt zu sein. Aber sind 4.500 Stadträder wirklich genug, um ganz Ham- burg zu versorgen? Ja, das Stadtrad erfreut sich großer Beliebtheit. Es ist sogar das meist genutzte Fahrradverleih- system Deutschlands. Unser Ziel ist eine große Stationsdichte, die an Orten mit hohem Kunden- potenzial sowie mit hoher Einwohnerzahl im Umkreis von 500 Metern liegt. Wichtig ist uns dabei stets auch ein qualitativ hochwertiges und gepflegtes Erscheinungsbild des Stadtrad- Systems. Deshalb wachsen wir lieber im guten Tempo als zu rasant. Können Sie sich vorstellen, dass in Hamburg ir- gendwann nur noch Radfahrer unterwegs sind? Nein, das ist auch nicht unser Ziel. Es gibt auch gute Gründe, in einer so großen Stadt den öf- fentlichen Nahverkehr stark auszubauen und dem Fußverkehr einen großen Stellenwert ein- zuräumen. Und natürlich wird es weiter Autos Kirsten Pfaue macht Hamburg Stück für Stück zur Fahrradstadt 47 SPECIAL und Lieferwagen geben. Das ist doch selbst- verständlich, gerade in einer Wirtschafts- und Logistikmetropole wie Hamburg. Es muss uns aber nur allen klar sein, dass es so, wie es jetzt ist, nicht weitergeht. Wir brauchen neue Ange- bote, um gerade den individuellen Autoverkehr zu reduzieren. Sonst steht der Verkehr. In einem zukunftsfähigen Mobilitätsmix wird das Fahrrad eine zentrale Rolle spielen, aber sicher bleibt auch: Die Mischung macht’s. Interview: Sophia Herzog www.fahrrad.hamburg
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