September 2019
42 THEATER DieNase Der Barbier Jakowlewitsch findet beimFrühstück eineNase auf seinemTeller. Wahrscheinlich dieNase des Beamten Kowaljow, den er amVorabend rasiert hat, mutmaßt die Frau des Barbiers. Umdie Tat zu vertuschen, wirft Jakowle- witsch dieNase in einen Fluss. Zeitgleich erwacht auch Kowaljow, ohneNase. Panisch macht er sich auf die Suche, und findet sein Riechorgan schließlich betend in einer Kathedrale – diese hat sich selbstständig gemacht, eine poli- tische Karriere gestartet, trägt nunUniformundwill partout nicht zu Kowaljow zurückkehren. Und die Situationwird nicht weniger absurd, als schließlich die ganze Stadt über seine herrenloseNase tratscht …Dimitri Schostakowitschs erste Oper „Die Nase“ basiert auf Nikolai Gogols gleichnamiger Erzählung, bei dermusikalischenUmsetzung ließ sich der Komponist unter anderemvon Alban Bergs „Wozzeck“ inspirieren. (she) AB7.SEPTEMBER StaatsoperHamburg Glücklich in90Minuten Carl-Christian Blau ist Investmentbanker – von der schlimmsten Sorte. Mitten in einer Theatervorstellung lässt er sein Handy klingeln, nur um anschließend lautstark mit seinem Kollegen über einen dicken Deal zu schwärmen, den er bald in Peking abwickeln will. Eigentlich soll seine nächste Geschäftsreise eben dort hingehen, ihm kommt jedoch eine gravierende Diagnose dazwischen: Frühes Burn-out, eine Scheidung und seine Zwangsneurose haben bei ihm für eine so schwerwiegen- de Phobie gesorgt, dass es sich nun davor fürchtet, sein Haus zu verlas- sen. Gerade recht kommt ihm da ein Life-Coach, der ihm auf der Bühne der Hamburger Kammer- spiele eine Lektion über den Sinn des Lebens verpasst – im rasanten, neunzigminütigen Wechsel zwi- schen Schauspiel, Vortrag und Musik. (she) AB 24. SEPTEMBER Hamburger Kammerspiele Ursina Tossi: Witches Dem Teufel verbunden, schwarze Magie praktizierend und sexuell freizügig: Hexen wurden schon im Mittelalter stigmatisiert, zum Sündenbock existenzieller, ge- sellschaftlicher Not gemacht und als Ketzerinnen von kirchlichen Inquisitionen gejagt. Den berühm- ten Hexenverfolgungen gegen- über steht aber auch ein Bild der Hexe, das sie als selbstbestimme, selbstermächtigte Frau und femi- nistische Leitfigur zeichnet, die entgegen gesellschaftlicher Erwartungen handelt – für moderne Feministinnen, die sich ebenfalls gegen festgefah- rene Geschlechterrollen auflehnen, war und ist „Hexe“ deshalb auch eine negative Bezeichnung. Die Dualität das Begriffs und die Suche nach den Hexen des 21. Jahrhunderts sind die zentralen Themen in „Witches“, mit dem die Hamburger Choreografin Ursina Tossi die neue Spielzeit auf Kampnagel eröffnet. (she) AB 26. SEPTEMBER Kampnagel Liliom Als Rummelplatzausrufer Liliommit demDienstmädchen Julie anbandelt, verliert er seinen Job bei der eifersüchtigen Karussellbesitzerin Muskat. Die Not des Paares spitzt sich zu, als Julie ein Kind erwartet. Liliom trinkt, schlägt seine schwangere Geliebte und ersticht sich nach einem verpatzten Raubüberfall selbst. Während in Ferenc Molnárs Stück aus dem Jahr 1909 Liliom durch ein himmlisches Gericht eine zweite Chance auf Erden be- kommt und Julie ihm schließlich vergibt, fragt der ungarische Regisseur Kornél Mundruczó danach, wieman in Zeiten von „#MeToo“ und „No Means No“ mit Gewalttätern umgehen sollte, denen jegliches Bewusstsein für ihre eigene Schuld fehlt. (si) AB 21. SEPTEMBER Thalia Theater Foto: Matthias Horn Foto: Arno Declair Foto: Thomas Leidig
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