September 2019

41 THEATER Frau Thiele, auf welche Produktionen der nächs- ten Spielzeit freuen Sie sich besonders und warum? Rita Thiele: Es gibt zwei junge Autorinnen – bei- de Anfang dreißig –, die für mich auf jeden Fall eine Entdeckung sind: Alice Birch aus Großbri- tannien, deren deutschsprachige Erstaufführung „Anatomie eines Suizids“ Katie Mitchell insze- nieren wird. Psychologisch ist Birchs Stück ein Meisterwerk, dazu eine rasante Dramaturgie, die das Publikum eine spannende Zeitreise erleben lässt. Und Nora Abdel-Maksoud, die in „Café Po- pulaire“ lustvoll unser „Gutmensch“-Verständ- nis torpediert. Das ist böse Satire vom Feinsten, die im „Schleudergang“ unsere zeitgenössischen Diskurse durcheinanderwirbelt und entlarvt. Welche (aktuellen) Themen bestimmen den Spielplan? Probleme, Probleme, Probleme … Wird sich etwas am Haus verändern? Wenn ja, was? Es gibt tolle neue Engagements: im Ensemble zum Beispiel Eva Bühnen, die wir an der Frank- furter Schauspielschule entdeckt haben und die eine Hauptrolle (Sascha) in Karin Beiers Insze- nierung von Tschechows „Iwanow“ übernimmt. Dazu sind neue Regisseure an unserem Haus zu entdecken: David Czesienski, der mit „Stalker – Tada! Die Theatersaison geht wieder los. Das Programm vom Schauspielhaus weckt große Erwartungen. Warum erzählt Chefdramaturgin Rita Thiele Foto: Lenja Schultze © Sebastien Dupouey Auf ein Neues SCHAUSPIELHAUS militärisch abgeriegelte Zonen. Gerüchten zufol- ge gibt es im Inneren der Zonen Orte, an denen verborgene Wünsche in Erfüllung gehen. Gegen Bezahlung schleust der „Stalker“ Red Glücks- sucher durch den Sperrgürtel. Es beginnt eine lebensgefährliche Reise, die auf der Fährte von Andrei Tarkowskis filmischem Science-Fiction- Klassiker zu den großen Problemen unserer Zeit führt. (si) AB 8. SEPTEMBER Die Nibelungen – allerdings mit anderem Text und auch anderer Melodie Wenn Siegfried ein fröhliches Liedchen trällert, während er im Blut des erschlagenen Drachen badet, dann ist das mittelalterliche Heldenepos endgültig in der Gegenwart angekommen. Ge- nauer: in der neuesten Folge von Barbara Bürks und Clemens Sienknechts Radioshow. Hier wird das Jahrtausendwerk so flockig gegen den Strich gebürstet, dass es garantiert auch noch die nächs- ten tausend Jahre übersteht. Brandneue Hits der Rock-Antenne Walhalla bringen das Blut, das hier in Strömen fließt, zusätzlich in Wallung. (si) AB 28. SEPTEMBER Picknick am Wegesrand“ nach Andrej Tarkowski und Boris Strugatzki die Saison im Malersaal er- öffnen wird. Dušan Parízek, der mit dem groß- artigen Antikriegsepos „Eine Frau flieht vor ei- ner Nachricht“ von David Grossman zum ersten Mal in der Intendanz Beier am Haus inszeniert. Interview: Sören Ingwersen Serotonin Florent löst seine Beziehung auf, kündigt sein Arbeitsverhältnis, verlässt seine Wohnung. Ohne einen neuen Lebensentwurf und mit der Erinne- rung an die Frauen seines Lebens irrt er durch das ländliche Frankreich, schluckt Antidepressiva und trifft auf einen alten Studienfreund: ein Land- wirt, der gegen die EU-Agrarpolitik aufbegehrt, die seine Existenz gefährdet. Eine beklemmende Gegenwartsanalyse und eine Hymne an die roman- tische Liebe nach Michel Houellebecqs brandneu- em Roman. (si) AB 6. SEPTEMBER Stalker Nach einem Besuch von Außerirdischen und rät- selhaften Todesfällen errichten die Regierungen

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