September 2018

10 MUSIK Faber, wann hast du zuletzt über einen deutsch- sprachigen Song lachen oder zumindest nach- denken müssen? Faber: Wenn auch Schweizerdeutsch zählt, dann beim Hören von „Barking“, ein Song der Band Ste- reo Luchs. Der ist schon geil. Die Antwort kam schnell. Fällt es dir generell leicht, spannende deutschsprachige Musik zu fin- den? Nein, das nicht, dieser eine Song ist nur gerade sehr präsent, weil wir ihn zuletzt auf Tour ständig gehört haben. Wer mir übrigens auch noch gefällt, sind Von Wegen Lisbeth. Die haben neulich in Win- terthur gespielt, ganz in der Nähe meines Wohn- orts, und die waren sehr lustig. Was genau fandest du lustig? Zum Beispiel eine Songzeile wie: „Herr Kommis- sar, Sie sind ein Hurensohn.“ Das ist dein Humor? Das ist mein intellektuelles Niveau. Du hast mal erzählt, dass du beim Schreiben dei- nes aktuellen Albums „Sei ein Faber im Wind“ viel Rapmusik gehört hast. Vielleicht liegt es an der Direktheit des Genres, dass deine Songs sehr ungeniert geworden sind. Kann sein, allerdings habe ich damals auch sehr viel Kanye West gehört, weil der 2016 dieses mega- geile Album rausgebracht hat („The Life Of Pablo“; Anm. d. Red.). Ich spreche kein Englisch, also habe ich gar nichts verstanden und mich auch sprachlich nicht beeinflussen lassen können . Beim bloßen Lesen deiner Albumtexte, in denen u. a. Begriffe wie „Ficken“, „Nutten“ und „Brü- stebeinearschgesicht“ vorkommen, möchte man dich dem klischeehaften Rap durchaus zuordnen. Vom Vokabular her kann ich das auch verstehen. Schon mal über ein Rap-Album nachgedacht? Fände ich lustig! Aber ich komme ja nicht aus dem Ghetto, sondern bin in Zürich groß geworden. Viel- leicht wäre Rap am Ende nichts für mich. Also bleibst du eine lyrische Ausnahme im Singer/ Songwriter-Geschäft. Warum, denkst du, sind so viele Kollegen von dir textlich weniger mutig? Ich weiß auch nicht, warum die Popmusik allgemein so krass brav ist. Ich meine: Das war ja nicht im- mer so. Und ich würde auch mal behaupten, dass wenn Bob Dylan heute Anfang Zwanzig wäre, er auch keine brave Musik machen würde. Gibt es gerade etwas, dass du unbedingt per Song loswerden möchtest? (überlegt lange) Wie wäre es mit etwas Politischem? Du bist ja bekennender Gegner der international aktiven Rechtspopulisten. (grinst) Es wird bald tatsächlich etwas von mir kom- men, was in diese Richtung geht. Es wird sehr ex- plizit sein, sehr aggro. Das kommt dann mit dem nächsten Album. Verrätst du schon mal eine Textzeile? Eine könnte heißen: „Besorgter Bürger, ich besorg’s dir auch gleich!“ Interview: Erik Brandt-Höge 30. SEPTEMBER 19:00 Uhr; Große Freiheit 36 Während andere deutschsprachige Songschreiber im uni- versell anwendbaren Blabla verbleiben, singt der Schweizer lieber vom „Brüstebeinearschgesicht“. Ein Gespräch FABER Sehr explizit , sehr aggro Foto: Sophia Herzog

RkJQdWJsaXNoZXIy MjI2ODAz