hamburg:pur August 2023
Foto: Judith Schlosser THEATER ERNST DEUTSCH THEATER „Eine warme, zärtliche Melancholie“ Elias Perrig, Schweizer Staatsbürger mit Geburtsort Hamburg, führte schon erfolgreich in der Ukraine, in China, in der Schweiz und in vielen deutschen Städten Regie – aber erst zweimal in Hamburg. Nun inszeniert er Simon Stephens’ Familien- stück „Am Ende Licht“ Elias Perrig, warum hat Hamburg Sie erst so spät entdeckt? Elias Perrig: Wo man inszeniert, hat ja immer mit den Kontakten zu tun und damit, welche Theater einen anfragen. Da hat sich bis zu der Anfrage vor ein paar Jahren vomErnst Deutsch Theater bisher nie etwas ergeben in Hamburg. Die Jahre, in denen ich in Hamburg gelebt habe, warenmeine Kindheitsjahre. Es ist sehr schön, jetzt wieder für eine Weile hier zu sein und es mit Erwachsenenaugen nochmal neu zu sehen. War „Am Ende Licht“ Ihre Wahl? Nein, es war ein Vorschlag des Theaters, aber ich war sofort begeistert. Ich mag die Stücke von Simon Stephens sowieso sehr gerne und freue mich darauf, dieses filigrane, mensch liche, komplexe Stück zu ergründen. Es geht um unsichtbare Bande innerhalb einer Familie, um Dinge, die zeitgleich an unterschiedlichen Orten geschehen, es wird also keine Geschichte chronologisch erzählt – wie setzen Sie diese Gleichzeitigkeit um? Es wird Teil des Probenprozesses sein, ein Gefühl für diese Gleichzeitigkeit zu erzeugen, obwohl die Szenen ja nicht gleichzeitig spielen können. Da wird wahrscheinlich Musik eine große Rolle spielen als verbindendes Element, das auch die zeitliche Struktur definiert. Da wir eine sehr offene Bühne haben, kann ich mir vorstellen, dass wir auch szenisch mit Simul tanitäten experimentieren werden. Mal sehen, wohin uns diese Reise noch bringt. Die Protagonistin des Stücks, Christine, ist zu Beginn bereits tot, dennoch versucht sie, Einfluss auf ihre Familie zu nehmen – es sind durchaus traurige und tragische Ereignisse, die „AmEnde Licht“ kennzeichnen, aber der Titel lässt hoffen, welche Grundstimmung hat Ihre Inszenierung? Ich würde es als eine warme, zärtliche Melan cholie beschreiben. Obwohl sozusagen im Zen trum des Stücks der Tod Christines steht und alle Figuren mit ihren Problemen und Abgrün den zu kämpfen haben, gibt es ein unsicht bares Band, das den Figuren einen Halt gibt, sie nicht im luftleeren Raum hält. Insofern ist es ein sehr warmes, durchaus hoffnungsvolles Stück. Es gibt ja viele Stücke, die Familien strukturen als grausame Hölle zeigen, dieses Stück tut in gewisser Weise das Gegenteil, es hat etwas sehr Versöhnliches. Wie nähern Sie sich dem Text? Zuallererst lasse ich den Text selbst wirken, er ist ja sehr fein konstruiert und sehr fragil. Da gilt es, nach und nach die tieferen Schichten der Geschichte und der Figuren zu erforschen, einen Gedankenkosmos zu entwickeln, der die ses komplexe Familiengebilde zum Leben er weckt. Die Proben werden eine Art Forschungs reise mit den Darsteller:innen in diesen Kos mos sein, in das Geflecht der gegenseitigen Bezüge und des gemeinsamen Kerns. Was kann das Publikum im Idealfall aus dieser Aufführung mitnehmen? In einer Zeit, in der wir alle verleitet sind, Men schen sehr schnell zu verurteilen, in der der Shitstorm einer der mächtigsten Kommunika tionsmittel ist, würde ich mir wünschen, dass das Publikum vielleicht nach der Aufführung einen freundlicheren Blick auf die Mitmen schen versucht. Die Figuren im Stück versu chen alle, ihr Leben irgendwie gut zu meistern, auch wenn es ihnen manchmal nicht gelingt und sie daran verzweifeln – der Versuch ist immer da. Ich denke, da kann sich ein Stück weit jeder darin gespiegelt sehen. Interview: Dagmar Ellen Fischer 24. AUGUST (PREMIERE), 25.–27., 29., 30. AUGUST UND WEITERE TERMINE Ernst Deutsch Theater 20 Plakatmotiv: Imperial Theater Foto: Tim Behrsing THEATER Die blaue Hand Auf der Spur eines mysteriösen Gangsters Ein einsames englisches Landhaus kann immer beides sein: tagsüber Idylle und Ort des Schreckens, sobald es dunkel wird. So hat es Edgar Wallace, King of Crime, gern in seinen Romanen angelegt. Obwohl mit den üblichen Verdächtigen wie Klaus Kinski verfilmt, gehört „Die blaue Hand“ zu seinen weniger bekannten Kri- mis: In einem jener typischen Landsitzemöchte eine vitale Lady samt Gesellschafterin einen ruhigen Sommer verbringen. Der ist den bei- den Damen indes nicht vergönnt, denn in der Nachbarschaft treibt ein diebischer Gangster sein Unwesen, der nach absolviertemRaub- zug eine blaue Hand als Signatur hinterlässt. Als die Urlauberinnen persönlich betroffen sind, wird aus der Neugier detektivischer Spür- sinn – die beiden wollen hinter das Geheimnis des Verbrechers mit der blauen Handschrift kommen. Die Imperial-Inszenierungen leben bekanntermaßen von Charme, Spannung und Humor. (def) 17. AUGUST (PREMIERE), 18., 19., 24.–26., 31. AUGUST UND WEITERE TERMINE; Imperial Theater Ein gemütlicher Abend unter guten Freunden gerät völlig aus den Fugen: sprachlich, emotional und in Bezug auf ein Buffet, das zerlegt wird. Der Anlass für den Streit und die anschließende Entgleisung: Der werdende Vater verkündet, er plane seinemSohn den Namen „Adolf“ zu geben. Pardon, „Adolph“, denn er soll ja nicht heißen wie der größte Massenmörder aller Zeiten! Dieses Zugeständnis kann indes die erhitzten Gemüter nicht kühlen, und so trennen sich die Fünf vollkommen zerstritten …Wenn die Texte eines Stücks so gut sind, wie das bei „Der Vorname“ der Fall ist, kann eigentlich kaum noch etwas schief gehen. Doch nicht nur die Dialoge sind zum Brüllen komisch, jenseits der Witzigkeit überzeugen auch die Zwischentöne, denn alle Anwesenden stol- pern wahlweise über ihre Vorurteile oder bürgerliche Borniert- heit. (def) 25. AUGUST (PREMIERE), 26., 27. AUGUST UNDWEITERE TERMINE Das kleine Hoftheater Der Vorname Zwischen Vorurteilen und Borniertheit FRAU BACHMANNS KLEINE FREUDEN VON SAM BOBRICK OP PLATTDÜÜTSCH & HOCHDEUTSCH 27.8. – 24.9.2023 Foto: Sinje Hasheider
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