August 2020
8 PARTY Foto: Marcus Aurelius In Hamburg City herrscht Tanzverbot Produktion, an denen über 200 Menschen mitge- wirkt haben. Unser Konzept war es immer, eine gesunde Mischung aus angesagten und etablier- ten Künstlern zu präsentieren, aber auch recht frische Locals, und ein paar interessante, auch internationale, Gast-Acts einzuladen. Durch die Gastproduktionen haben in den letzten Jahren sehr hochkarätige Künstler auf unserer leider nun ehe- maligen Location performt. Wieso ehemalig? Die Hamburg Port Authority (HPA) hat sehr plötz- lich und unerwartet im letzten Winter das Ge- lände gekauft. Dahinter stecken kurz-, mittel-, und langfristige Planungen. Die kurzfristige Ab- sage kam unerwartet und hat uns überrumpelt. Wir sind von längerfristigen Planungen ausgegan- gen, welche mit dem Abriss der Köhlbrandbrücke und der Neuentwicklung des gesamten Quartiers zusammenhängen. Nun ist aber ein konkreter Flächenbedarf für ein bestimmtes Hafenunter- nehmen entstanden. Alles etwas kompliziert, und OPEN AIR Veranstaltungen unter freiem Himmel sind unter strengen Auflagen erlaubt. Doch was bedeuten diese Einschränkungen für die Techno- szene und wie ergeht es freien Veranstaltern ohne festen Club. SZENE Hamburg sprach mit Jörn Behrens, der seit 2011 mit Tekkno ist Grün elektronische Freiluft-Partys verantwortet Jörn, vom kleinen Rave zum großen Techno-Fes- tival. Im nächsten Jahr feiert ihr Zehnjähriges. Wie hat sich Tekkno ist Grün seit der Gründung entwickelt? Jörn Behrens: Unser erstes Open Air war Tanzen & Pflanzen gegenüber der alten Schule Neuhof in Wilhelmsburg. Heute ist der Bolzplatz dort leider abgesperrt, weil danach zu viele unangemeldete Partys stattgefunden haben. Ab 2012 gab es das Hafengrün Festival auf dem ehemaligen Werftge- lände am Neuhöfer Damm 98. Seitdem haben wir mit der Oster Air, dem Liebe Bass Freiheit Festival oder Tekkno am Teich weitere Veranstaltungen auf die Beine gestellt. Und es gab es zahlreiche Gastproduktionen wie die Stil vor Talent, Kater- mukke oder Senso Sound Festivals. Welche Highlights fallen dir spontan ein? Die Oster Air 2016 und 2019 waren die besucher- stärksten mit vielen Tausenden Menschen. Für mich persönlich war das Liebe Bass Freiheit Fes- tival 2018 unsere schönste und aufwendigste die Tatsache, dass wir uns im Hafengebiet befin- den, macht es rechtlich unmöglich, Einspruch einzulegen. Dass es an dieser Stelle irgendwann nicht wei- tergeht, war aber keine Überraschung, oder? Wir wussten, dass es ein Ende auf der Location geben wird, aber nicht so plötzlich. Wir waren im- merhin acht Jahre vor Ort, hatten mit drei bis fünf weiteren Jahren gerechnet. Ironischerweise ist uns ein sehr netter Mensch aus der Bauprüf- abteilung der HPA in all den Jahren viel entgegen- gekommen. Und nun ist es auch die HPA, eine an- dere Abteilung, die es beendet, ohne Chance auf weitere Verhandlungen. Und dann kam die Pandemie …Welche eurer Ver- anstaltungen sind durch Corona ausgefallen? Im Grunde ist uns die Möglichkeit genommen wor- den, unser Finale auf dem Neuhöfer Damm zu zelebrieren. Das ist wirklich schade. Wir haben den ganzen Winter lang mit der Kulturbehörde und der HPA verhandelt und hatten einen letzten Deal für eine Nutzung der Fläche bis zum 30. Juni. Insgesamt ist die Oster Air 2020 ausgefallen, das neun Jahre alte Tekkno ist Grün Festival und drei Gastproduktionen Konntet ihr eure laufenden Kosten überbrücken? Zum größten Teil sind dies Gelände- und Lagerkos- ten. Feste Mitarbeiter gab es in Form von 450-Eu- ro-Jobs über den Sommer. Wir arbeiten viel mit Freiberuflern und privaten Freunden. Daher trifft es uns nicht ganz so hart, da keine weiteren Ver- pflichtungen bestehen. Die Mietkosten und ein paar weitere Kosten für die Saisonvorbereitung konnten durch die Soforthilfe gedeckt werden. Wie es finanziell weitergeht ist noch nicht ganz klar, aber wir nutzen die Zeit, um uns auf die Zukunft vorzubereiten. Habt ihr weitere Hilfen in Anspruch genommen? In der Clubszene gab es ja zahlreiche Spenden- aktionen. Nein, daran hatten wir kein Interesse. Wir schät- zen das Engagement dahinter, auch die Strea- ming-Aktionen, richten unseren Fokus aber lieber darauf, wie es draußen weitergehen kann. Das würden wir uns im Clubkontext auch mehr wün- schen: Vorhandene Kapazitäten mehr in diese Richtung bündeln. Für Tekkno am Teich in Harburg hattet ihr ein umfangreiches Corona-Konzept ausgearbeitet. Wie sähen Technopartys im Sommer 2020 aus? Getrennte Platzbereiche für jeweils mehrere Men- schen, ähnlich eines Bestuhlungsplans mit Min- destabstand und allen geforderten Hygieneanfor- derungen. Inklusive Besucherführung im Einbahnwegesystem, ausreichend Wartezonen, Kontaktdatenaufnahme, viel Sicherheitspersonal, durchgehende Desinfektion von sanitären Einrich- tungen und Bereitstellung von Desinfektionsspen- dern. Für die Tanzfläche haben wir uns an einem Konzept aus Münster orientiert, was dort vor ein paar Wochen stattfinden konnte. Es basiert auf kreis- förmigen Bodenmarkierungen für jeweils eine Per- son als Tanzbereich und ebenfalls mit Mindestab- stand. So hätten abwechselnd über 70 Personen tanzen können. Die gesamte Flächenkapazität war für maximal 550 Gäste ausgelegt, entsprechend der maximalen Kapazität der Platzbereiche.
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