August 2020

15 THEATER Foto: Markus Bachmann Merlin Sandmeyer. Wie macht sich die Vertraut- heit im Stück bemerkbar? Wenn man sich kennt, kommt man schneller in eine direkte Kommunikation. Cassavetes hat sei- nen Schauspielern verboten, privat über ihre Fi- guren zu sprechen, damit alles während der Dreh- arbeiten verhandelt wird, was ich sehr lustig finde und auch verstehe. Aber das funktioniert natürlich nur mit einer gewissen Vertrautheit. Natürlich re- den wir viel bei den Proben, aber es ist toll, wenn man über das Miteinandespielen kommuniziert. Also das Gegenteil vom im Hollywood beliebten Method-Acting, das eine Verschmelzung von Pri- vatleben und Rolle vorsieht – und das in „Opening Night“ verballhornt wird. Das ist in unserem Fall auch eine interessante Frage, weil wir draußen an einem realistischen Ort spielen. Dem Ort, an dem die Schauspieler normalerweise in ihren Probenpausen sitzen. Der Ort ist auf eine Art „Method“. Es geht auch um die Frage nach „Authentizität“ – ein vergiftetes Wort. Was verstehst du darun- ter im Rahmen des Schauspiels? Authentizität bedeutet nicht, möglichst glaubwür- dig zu heulen oder sich echt ohrfeigen zu lassen. Sondern dass man sich selbst als Mensch auf der Bühne ernst nehmen kann. Die Protagonistin Myrtle ist auf ihre Art eine Galionsfigur der Be- hauptung. Das Ende des Films ist zwar traurig, weil sie an sich selbst zerbricht und dem Alkoholismus verfällt. Aber ich habe es immer auch als ein Hap- py End empfunden. Sie befreit sich selbst, indem sie sagt: Ich bin ein autonomer Mensch auf der Bühne und kann mich auf der Bühne entscheiden, was ich tue. Deswegen finde ich es beim Inszenie- ren so wichtig, eine Struktur zu schaffen, in der die Schauspieler sich frei bewegen können. Ich will kein festes Konstrukt bauen, das sie abtanzen müssen. Die sturzbesoffene Myrtle lässt das Stück als improvisierte Farce enden. Bei euren Proben wurde auch viel gealbert. Hat das Alberne eine be- stimmte Funktion? Mich interessiert Albernheit sehr, weil ich es schön finde, wenn man sich selbst nicht so ernst nimmt. Diese ernste Kunsteitelkeit finde ich langweilig. Die Sachen, die mich am Theater berühren, wechseln immer zwischen großem Ernst und krassem Quatsch. Ich habe das Gefühl, dass es in Deutschland ein merkwürdiges Verständnis von Spaß gibt. Es muss entweder eine dieser Blödel-Komödien sein, oder nur bierernst. Mich interessieren Misch-Genres, egal, was für einen Stoff ich bearbeite. Warum? Weil so Klischees gebrochen werden können. Bei Cassavetes geht es immer um das Anti-Klischee. Er wühlt so stark in diesem klischeehaften Er- zählmuster über eine zickige Diva, bis das Thema überhaupt nicht mehr klischiert ist. Weil Myrtle immer überraschend ist. Interview: Ulrich Thiele 16. AUGUST (PREMIERE), 19., 27., 28., 29., 30.8. UND WEITERE Thalia Gauß, Innenhof TopNeueröffnungenundmehr als700Restaurants imTest ESSEN+TRINKEN SPEZIALNR.33 2020/2021 |€10,80 ISBN978-3-946677-45-1 Anonym.Kritisch.Unabhängig. Der wichtigste Gastro-Guide für Hamburg Im Handel oder über szene-hamburg.com ISBN978-3-946677-46-8 SPEZIALNR.20 2020/2021 |€7,50 STADT LAND SOMMER SPEZIAL SZENEHAMBURG STADTLANDSOMMER2020/2021 €7,50 FREIZEIT IN UND AM WASSER TOURIST IN DER EIGENEN STADT OPEN AIR IM AUTOKINO SUMMER GUIDE HAMBURGS 001_SLS_2020_21_Titel.indd 1 29.06.20 21:33 JETZT NEU IM HANDEL Oder über szene-hamburg.com

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