August 2019
38 39 FACE IT Mitte 2018 startete ein Pilotprojekt zur Gesichts- erkennung am Berliner Bahnhof Südkreuz. Doch erfassen die Kameras mithilfe des Facial Action Coding System (FACS) da nicht viel mehr als „nur“ den Standort einer Person? Was verraten Gesichter? Filmemacher Gerd Conradt nahm das Projekt zum Anlass, digitale Gesichtserkennung und Gesichter an sich in seinem Dokumentar- film „Face it“ offen, aber kritisch zu betrachten. Hamburger Premiere mit dem Filmemacher. (sh) 1. AUGUST Abaton Kino, 20 Uhr PREVIEW TARANTINO Am 15. August kommt endlich der neue, mitt- lerweile neunte Tarantino ins Kino. Wer’s nicht abwarten will, kann schon einen Tag früher per Preview in die schräge Welt des Kultregisseurs abtauchen. „Once Upon A Time in Hollywood“ ist ein Tarantino im besten Sinne, und das mit he- rausragendem Cast: Unter anderem Brad Pitt, Leonardo DiCaprio, Margot Robbie und Al Pacino schlagen sich durch einen Tag im Hollywood des Jahres 1969. Ein famoser Spaß – und eine Liebeserklärung an das Kino. (sh) 14. AUGUST Abaton Kino, 20 Uhr SURF FILM NACHT Tony Alva brachte mit den legendären Z-Boys in den 1970er Jahren in Kalifornien einen ganz neuen, aggressiven Skate-Style auf die Straße. Er war Kult, ein Star der Szene – und stürzte ab, berauscht von Geld, Drogen und Ruhm. Doch er stand wieder auf. Heute, mit 61 Jahren, ist Alva nach wie vor als Skater, Surfer, Musiker und Ak- tivist aktiv. Seine Geschichte vom Ghetto-Kid in Santa Monica zur Ikone ist heute bei der „Surf Film Nacht“ zu sehen. (sh) 21. AUGUST Zeise Open Air, 21.45 Uhr Foto: Missingfilms Foto: Sony Pictures MADE IN HAMBURG 3 TIPPS Leises Scheinehe-Drama in Hamburg Es gilt das gesprochene Wort Dass Wort lautet in diesem Fall „ja“ und besiegelt in der ersten Szene des Films die Ehe zwischen Marion und Ba- ran – die allerdings eine Scheinehe ist. Wie es zu diesem Moment kam und was danach passiert, erfahren wir in drei mit „Ich war“, „Ich bin“ und „Ich werde“ betitelten Er- zählabschnitten. Der junge Kurde Baran war ein Callboy im türkischen Badeort Marmaris. Die Pilotin Marion, Mitte 40, ist an denselben Ort gekommen, um ihre Brustkrebsdiagnose wenigstens für ein paar Tage zu vergessen. Die Krankheit spielt keine unwesentliche Rolle bei ihrer Entscheidung, auf Barans Bitte einzugehen, ihn nach Hamburg mitzu- nehmen und zu heiraten, damit er sich dort eine Existenz aufbauen kann. Bis zu diesem Zeitpunkt sind sie sich nur ein paar Mal über den Weg gelaufen und ins Gespräch gekommen. Und auch nach dem Jawort geht noch einige Zeit ins Land, in der die Ehe nur pro forma besteht. In dieser Zeit zeigt der für den Kurzfilm „Sadakat“ (2014) mit dem Stu- denten-Oscar ausgezeichnete Regisseur Ilker Çatak („Indianerland“) seinen Protagonisten bei den alltäglichen Herausforderungen, die ein Migrant in Deutschland zu bewältigen hat: einen Job finden, Deutsch lernen, sich an Kultur und Mentalität des fremden Landes gewöhnen. Dabei steht ihm Mari- on freundschaftlich zur Seite, zum Beispiel mit einem Konzertbesuch in der Elphi. Die großen Dramen bleiben aus, der jüngst mit demFörderpreis „Neues Foto: X-Verleih / Erik Mosoni Foto: Boris Laewen/Majestic Georg und Doris sind seit 25 Jahren verheiratet. Er ist Di- rektor eines Aquariums, sie hat ihre eigenen beruflichen Ambitionen aufgegeben und sich stattdessen um den Haus- halt und die Kinder gekümmert. Klar, was dann passiert: Georg verliebt sich in seine neue, 30 Jahre jüngere Assis- tentin. Gefühle im Überschwang, das Aus für die Ehe. Es ist eine auf den ersten Blick ärgerlich stereotype Ge- schichte mit ebenso stereotypen Charakteren, die Dreh- buchautor Martin Rauhaus sich ausgedacht hat. Doch schö- ner Kniff: Um gut auseinanderzugehen, lässt das Paar die Trennung therapeutisch begleiten. Klar, dass das zu einer emotionalen Berg- und Talfahrt führt, die von Rainer Kauf- mann wunderbar inszeniert wird. „Und wer nimmt den Hund?“ besticht durch viele pointierte, kluge Dialoge, auch wenn die Handlung gelegentlich ein bisschen roh gezimmert wirkt – was Martina Gedeck und Ulrich Tukur durch ihr fein nuanciertes Spiel aber wieder wettmachen. Und so entwickelt sich die scheinbar so ur- alte Geschichte zu einer sehenswerten Komödie mit Tief- gang, die zur Reflektion der eigenen Beziehung einlädt. Maike Schade AB 8. AUGUST D 2019, 93 Min.; R: Rainer Kaufmann; D: Martina Gedeck, Ulrich Tukur, Lucie Heinze ★★★★★ Und wer nimmt den Hund? Scheidungskomödie mit Martina Gedeck und Ulrich Tukur Deutsches Kino“ in den Kategorien Drehbuch und Schauspiel ausgezeichnete Film legt mehr Wert darauf, Barans „Integrationsprozess“ detailliert und rea- listisch darzustellen, wobei auch das Problem des Alltagsrassismus nicht ausgespart wird. Im Zentrum steht aber die zarte Annäherung zwischen Ma- rion und Baran. Beide durchlaufen dabei auch eine persönliche Entwicklung, die von Anne Ratte-Polle und Arman Uslu überzeugend dargestellt wird. Angenehm leise, aber auch ziemlich konstruierte Geschichte über zwei Men- schen, die sich trotz aller Unterschiede auf Augenhöhe begegnen und sich so (vielleicht) gegenseitig retten. Karin Jirsak AB 1. AUGUST D/F 2019, 122Min.; R: Ilker Çatak; D: Anne Ratte-Polle, Arman Uslu, Godehard Giese ★★★★ ★
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