August 2019

33 THEATER András, 2019 wird das Festival um Aliens, Welt- raum und eine Zukunft im Klimawandel kreisen, setzt ihr euch jedes Jahr ein Thema als Start- position, bevor die konkrete Planung losgeht? András Siebold: Wir haben nie ein Festivalthema, Festival-Überthemen sollte man nicht trauen. Denn oft dienen sie nur dem Zweck, inhaltliches Denken der Festivalmacher vorzutäuschen, de- nen es sowieso immer gleich um alles in der Welt geht. Natürlich gibt es auch sorgfältig kuratierte Festivals zu spezifischen Themen wie künstliche Intelligenz, aber dafür ist das Sommerfestival zu groß und divers. Wir würden uns extrem limitieren und müssten tolle Arbeiten ausschließen, wenn sie nicht passen. Viel spannender ist doch, mit guten Künstlern und Künstlerinnen zu arbeiten und deren Themen aufzugreifen und zu verbinden. Wie kommt dann eine Produktion zur anderen, bis ein gut dreiwöchiges Programm steht? Sobald man sich für eine Arbeit entschieden hat, kommt ein Prozess in Gang – man sieht andere Stücke und betrachtet sie in Zusammenhang mit dem, was wir schon haben. Da entsteht dann so eine Aufmerksamkeits-Nervosität für bestimmte Themen, Formen und Ästhetiken. Auf welchen Wegen erfährst du von sehens- werten Stücken, zu denen du dann reist? Alles eine Frage der Kommunikation, ich arbeite ja in einem Team, und wir reden mit vielen Menschen, mit Leitern anderer Festivals zum Beispiel, und sind mit Leuten in aller Welt in Kontakt. Reisen, insbesondere mit dem Flugzeug, ist ja ein heikles Thema in diesem Zusammenhang, habt ihr alle Stücke gesehen, die eingeladen werden? Klar, wir reisen viel. In Zeiten des Klimawandels ist die Frage tatsächlich: wie reisen und wohin? Ich bin schon mal für nur einen Tag nach Mexiko geflogen, um ein Stück zu sehen – das ist Wahn- sinn, und aus ökologischer Sicht eine Katastrophe. Insofern fragen wir uns jeweils: Ist es das wert? Für das diesjährige Festival haben wir alles live vorab gesichtet – außer den Uraufführungen natürlich. Wie viele sind es 2019? Neun Weltpremieren. Das Besondere sind die drei großen Produktionen in der K6: jede Woche eine Uraufführung in der großen Kampnagel-Halle, das gab es noch nie! Zur Eröffnung das franzö- sische Kollektiv (La)Horde mit 15 georgischen Tänzern in „Marry me in Bassiani“; in der zweiten Woche die legendäre Künstlerin Peaches, die ihr zwanzigjähriges Bühnenjubiläum bei uns feiert mit „There’s only one peach with the hole in the middle“; und schließlich zum Finale ein Werk der kanadischen Choreografin Aszure Barton, die zur- zeit auf Kampnagel „Where there’s Form“ kreiert, in Zusammenarbeit mit dem deutschen Komponisten Volker Bertelmann – besser bekannt als Hauschka. Woher kommen deine Kenntnisse in sämtlichen Genres, oder besser: diese Nicht-Spezialisie- rung deines Interesses? Er arbeite „an der Selbstübertreffung“, sagt Kampnagel- Intendantin Amelie Deuflhard über András Siebold. Als Chefdramaturg kam er 2007 mit ihr aus Berlin nach Hamburg, seit 2013 leitet er das Internationale Sommer- festival. Dem beschert er seither jährlich steigende Besucherzahlen, 2018 einen Rekord mit 33.000 Foto: Julia Steinigeweg Festival der Übergänge KAMPNAGEL

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