August 2018

34 FILM BlacKkKlansman Irgendwann in den Siebzigern, mitten in Amerika: Ron Stallworth (John Da- vid Washington) ist der erste dunkelhäutige Polizist von Colorado Springs. Prädestiniert für Undercover-Missionen, wird er zu einem Auftritt des schwarzen Bürgerrechtlers Kwame Ture geschickt. Ron ist beeindruckt. Doch wie soll er politischen Aktivismus und Polizeidienst vereinigen? Gewagte Idee: die Infiltrierung der hermetischen Strukturen des Ku Klux Klans. Feindkontakt sucht er über eine Zeitungsanzeige: Am Telefon spielt er so überzeugend den Rassisten, dass er schon bald Klan-Vordenker Da- vid Duke persönlich an der Strippe hat. Für ein Treffen muss freilich ein weißer Doppelgänger her: Rons Kollege Flip Zimmerman (Adam Driver). Ein Katz- und Mausspiel beginnt, um einen geplanten Anschlag in der Stadt zu verhindern. Der Plot ist genial, doch lädt Regisseur Spike Lee ihm sehr viel moralischen Ballast auf. Er streut unzählige Fingerzeige in Richtung Trump-Admini- stration, obwohl seine Zuschauer diese Parallele sicher längst verstan- den haben. (cc) AB 23. AUGUST R: Spike Lee; USA 2018; D: John DavidWashington, Adam Driver, Topher Grace, Laura Harrier ★★★★ ★ Aus nächster Distanz Der Titel ein Oxymoron, die Protagonistinnen personifizierte Ge- gensätze. Zwei Wochen lang soll die verschlossene israelische Mossad-Agentin Naomi (Neta Riskin) die ihr Schicksal beklagende libanesische Informantin Mona (Golshifteh Farahani) schützen, bis diese sich von einer Gesichtsoperation erholt hat, die ihr eine neue Identität verleiht. Als Versteck dient eine Hamburger Wohnung – die natürlich längst nicht so sicher ist, wie es scheint. Trotz gelegentlicher Tempoverschärfungen widersteht der israe- lische Regisseur Eran Riklis aber der Versuchung, zu viel Action ins Spiel zu bringen. Er konzentriert sich auf die Annäherung der beiden Frauen, die er mit bestechendem Feingefühl nachzeichnet. Szene um Szene enthüllt er in seinem Kammerspiel ihre Geschich- ten, webt sie ein in das hochkomplexe Netz des Nahost-Konflikts. Geschont wird dabei niemand. Weder Naomi und Mona noch Mos- sad, Hisbollah, CIA oder BND verkörpern das heilige Gute. Mo- ralisch absolut erhabene Helden existieren in Riklis` Universum weder auf persönlicher noch auf politischer Ebene. Dafür umso mehr lebensecht tragische Figuren, die im Irrgarten des Weltge- schehens Liebe und Frieden suchen. Das Herzstück des Films, in dem man von Hamburg übrigens bis auf einige U-Bahn-Stationen wenig zu sehen bekommt, ist dabei zugleich seine einzige erwähnenswerte Schwäche: So stark spie- len die Hauptdarstellerinnen, dass es im Mittelteil fast zum Still- stand kommt. Immer noch eine weitere Facette seines ungleichen Frauen-Duos will Riklis ausleuchten. Zweifelsohne gelingen ihm dabei grandiose Szenen wie das Identitäten-Spiel vor dem Spie- gel oder eine improvisierte Geburtstagsfeier. Doch es wirkt, als erliege Riklis phasenweise auf Kosten der Handlung der Faszina- tion seiner beiden weiblichen Hauptfiguren. Entschädigt wird der Zuschauer dafür im Finale mit einer deutlich anziehenden Span- nungskurve und mit einem kleinen Twistfeuerwerk, dessen letzter Kniff garantiert für Verblüffung im Kinosaal sorgen wird. (misch) AB 9. AUGUST R: Eran Riklis; D/ISR/F 2017; D: Neta Riskin, Gols- hifteh Farahani, Doraid Liddawi ★★★★ ★ Kindeswohl Das Leben der Londoner Familienrichterin Fiona (Emma Thompson) scheint solide. Doch als der Fall einer Familie von Zeugen Jehovas vor ihrer Kanzel landet, treten Risse im Fundament ihrer professionellen Abgeklärtheit zutage. Während die fröm- melnden Eltern (Eileen Walsh, Ben Chaplin) eine lebensrettende Behandlung des schwerkranken Sohnes Adam (Fionn Whitehead) aus Glaubensgründen ablehnen und auch Adam selbst sich dagegen ausspricht, erzwingt Fiona sein Überleben. Die Bescheidenheit, mit der Regiehandwerker Richard Eyre sich in den Dienst der Geschichte stellt und (Drehbuch-)Autor Ian McEwan sowie den Darstellern Raum zum Glänzen überlässt, kann durchaus begeistern. Um die Halbzeit jedoch hätte eine zügelnde Hand Not getan; hin und wieder streift Eyre bedenklich nahe an den Grenzen TV-affinen Emotainments entlang. Es spricht für McEwans Stoff und das Ensemble, dass weder tonale Fehlgriffe noch abgedroschene Gefühlsduseleien in Erinnerung bleiben, sondern ein aufrichtiges Interesse an Menschen an Scheide- punkten ihres Lebens. (chr) AB 30. AUGUST R: Richard Eyre; GB 2017; D: Emma Thompson, Stanley Tucci,  Fionn Whitehead ★★★★ ★ Foto: UPI Foto: NFP/Heimatfilm/Riva Film Foto: KG Productions

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