August 2018

12 Andreas Dorau und Gereon Klug haben ein Musical, ähm, eine musikalische Dramödie erschaffen: „König der Möwen“. Es geht um einen strauchelnden Plattenhändler, die Identitätssuche einer Band und eine moderne Schein- stadt. Die Macher im Kurzgespräch MUSIK „Die Möwe als Wappentier etablieren “ KÖNIG DER MÖWEN Foto: Brigitta Jahn Andreas und Gereon, was ist so schlimm am Be- griff „Musical“? Gereon: Unser Anliegen mit dem „König der Mö- wen“ ist es gar nicht, ein Anti-Musical oder ähn- liches zu machen. Wir haben ein Theaterstück geschrieben, in dem viel Musik vorkommt. Damit wird man beinahe automatisch zum Musical in der Einordnung. Ob Andrew Lloyd Webber oder Disney das Genre zu Tode formatiert haben, interessiert uns eher weniger. „König der Möwen“ nennt ihr dennoch lieber eine „musikalische Dramödie“. Es geht um den taumelnden Plattenhändler Hans, der an der Gentrifizierung der Stadt zu scheitern droht ... Gereon: ... und vor allem um eine Identitätssuche: Eine junge Band sucht ihr Ich, indem sie sich per- manent häutet, während die Altvorderen in Gestalt von Hans und seinen Stammkunden versuchen, wiederum ihr Ich zu bewahren, obwohl HH- Marketing und die restliche Welt schon versuchen, dies auszuhöhlen und zu korrumpieren. Andreas: Hans und die Band sind umzingelt vom Wahn, keine Lücken mehr zu lassen für nicht- auswertbare Ideen, fürs Ausprobieren und fürs Sein ohne Geld. Hans wird irgendwann auch ein Stück weit zum Gentrifizierer. Kennt ihr das Dilemma aus eige- ner Erfahrung? Andreas: Ja, Hans geht auf den Deal ein, seinen Laden aus finanziell starken und moralisch schwa- chen Gründen in die Hafencity zu verlegen. Als potemkinsches Dorf. Noch eine Fassade in der modernen Scheinstadt. Damit man zeigen kann, dass auch Subkultur berücksichtigt wird. Gereon: Da geht es ihm wie jedem Kulturschaffen- den: Irgendwann werden sie in die Hafencity das Dagegen auch professionell einbauen. Was wäre denn, wenn man euch nach der Pre- miere einen der berühmten Musical-Schau- plätze an der Elbe gegenüber den Landungs- brücken für eure Dramödie anbieten würde? Gereon: Hans plant ja, die Möwe als Wappentier Hamburgs zu etablieren. Berlin hat den Bären, München den Löwen und Hamburg hat kein Tier. Wenn man ihm und uns einen Prachtbau in Form einer Riesenmöwe neben Blohm + Voss errichtet, nehmen wir das natürlich an ... Andreas: ... und lassen ihn von allen norddeut- schen Möwen zuscheißen. Interview: Erik Brandt-Höge 9. AUGUST 19:00 Uhr; Kampnagel; Das Album „König der Möwen“ (Tapete) erscheint am 3.8

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