hamburg:pur Juli 2023

Foto: G CINÉNEMA/Piffl Medien FILM DRAMA Auf und davon Nach seinem Achtungserfolg „Martin Eden“ zaubert Regisseur Pietro Marcello mit „Die Purpursegel“ eine weitere traumhafte Film- perle voll Erhabenheit und Schönheit auf die Leinwand von historischem Bildmaterial, um der Hand- lung eine zeitliche Dimension zu verleihen. Hier hat ein Filmemacher eindeutig eine eigene fil- mische Handschrift entwickelt. Was seine Fil- me aber besonders machen, ist die Fähigkeit, die Zuschauer in die Handlung eintauchen zu lassen. Dies gelingt durch den Fokus auf die Charaktere und ihre Handlungen, die liebevoll und voller Faszination zelebriert werden – vom Musizieren, Singen bis hin zumVerarbeiten von Holz. Ebenso verhält es sich mit der Umge- bung, deren Zauber in wundervollen, geradezu verträumten Bildern offenbar wird. Hier ist ein Könner amWerk: Das spürt, sieht und hört man. Für Letzteres sorgt allein schon die großartige Filmmusik des Komponisten und Oscar-Preis- trägers Gabriel Yared („Der englische Patient“). Es ist nicht ganz klar, welchem Genre dieser Film eigentlich zuzuordnen ist. Ist es eine Emanzipationsgeschichte, ein Volksmärchen, eine Liebesgeschichte, eine vielschichtige Fa- bel, ein Musical, ein Historienfilm? Letztlich ist es von allem ein bisschen und doch ein großes Ganzes; ein Drama voller Schönheit und ma- gischer Filmmomente; eine Filmperle, die da- rauf wartet, im Kino entdeckt zu werden. Text: Marco Arellano Gomes AB 6. JULI IT/F/D 2022; 105 Min.; R: Pietro Marcello; D: Juliette Jouan, Raphaël Thiéry, Noémie Lvovsky ★★★★★ die ihr wahrsagt, dass sie eines Tages von Pur- pursegeln aus dem Dorf fortgetragen würde. Als ein junger nobler Mann (Louis Garrel) mit seinem Zwei-Mann-Flugzeug eine Bruchlan- dung hinlegt, kreuzen sich ihre Wege. Bietet er ihr die besagte Chance aus der kleinen Welt auszubrechen? Regisseur Pietro Marcello hat mit „Martin Eden“ Kritiker und Kinobesucher von seinem einzigartigen Erzählstil überzeugt. Diesem bleibt er auch in seinem neuen Werk „Die Pur- pursegel“ treu, wenngleich dieses einen deut- lich kleineren Rahmen hat und auch einfühl- samer ist. Auch diesmal setzt Marcello auf 16mm-Filmmaterial, das demBild eine körnige Atmosphäre verleiht (Kamera: Marco Grazia- plena). Diese Bilder unterbricht er auch dies- mal wieder durch den gelegentlichen Einsatz Raphaël (Raphaël Thiéry) kehrt als Veteran des Ersten Weltkriegs in sein Dorf in Nordfrank- reich zurück. Dort muss er feststellen, dass seine Frau inzwischen verstorben ist. Hinter- lassen hat diese ihm allerdings unverhofft ein Neugeborenes namens Juliette, die von der Witwe Adeline (Noémie Lvovsky) aufgenom- men wurde. Erst nach und nach erfährt Ra­ phaël, der als Handwerker mit der Verarbeitung von Holz sein Geld verdient, die näheren Um- stände des Todes seiner Frau und geht in der Folge auf Distanz zu den Bewohnern des Dor- fes. Seine Tochter Juliette (Juliette Jouan) ent- wickelt sich derweil zu einer rebellischen, eigensinnigen jungen Frau, die romantisch ver- anlagt ist, Bücher liest, gern musiziert und singt. ImWald begegnet sie bei ihren Spazier- gängen einer älteren Frau (Yolande Moreau), 22 23 Foto: Pop. 87 Productions/Focus Features Asteroid City Wie ein hochbegabtes Kind, das in seinem Sandkasten eine et- was abseitige Version der Welt zusammenbaut, erschafft Wes Anderson unverwechselbare Kinowelten. Auch in seinem elften Film, angesiedelt im Jahre 1955, würde man am liebsten dauernd die Pause-Taste drücken, um den detailstrotzenden Dioramen voll augenzwinkerndem Zeitkolorit gebührend zu huldigen. Asteroid City, irgendwo im sandigen Südwesten der USA gelegen, ist eine Modellstadt aus genormten Bungalows, errichtet neben einemAsteroidenkrater. Die „Junior Star Gazers“, junge Erfinder, die vomU.S.-Militär ausgezeichnet werden, beziehen in der selt- samen Siedlung Quartier. Die introvertierten Teenager kommen in Begleitung ihrer Erziehungsberechtigten, die mit eigenen Dä- monen kämpfen. Da ist zum Beispiel Augie Steinbeck (Jason Schwartzman), ein Ex-Kriegsfotograf. Er ist seit geraumer Zeit Witwer, brachte es aber bislang nicht übers Herz, seinen Sohn Woodrow alias „Brainiac“ (Jake Ryan) über den Tod der Mutter in Kenntnis zu setzen. Augie knüpft zarte Bande zu seiner Bunga- low-Nachbarin, der Schauspielerin Midge Campbell (Scarlett Jo- hansson). Die ist auf suizidgefährdete Schönheiten spezialisiert und geht auch im Alltag in dieser Rolle auf. Zeitgleich erwachen auch in Woodrow zärtliche Gefühle für Midges Tochter Dinah (Grace Edwards). Die beginnenden Romanzen werden immer wieder durch den Lärm von Atomtests gestört. Dann wackelt die durchdesignte Welt und unweit des Camps erblühen formschöne Anderson-Atom- pilze. Als dann auch noch ein Alien landet, um den kosmischen Gesteinsbrocken, der einst den Krater schlug, wieder einzusam- meln, verhängt das Militär einen strengen Lockdown. Angesichts von all demChaos erscheint der alle Bereiche des Films überzie- hende Ordnungswahn des Regisseurs (sämtliche Szenen werden via Zwischentitel durchnummeriert) als Sinnbild der Sehnsucht nach Kontrolle in turbulenten Zeiten. Verunsichert und überfor- dert durch die Unabwägbarkeit des Daseins umgibt sich der Mensch mit hübschen Dingen und klammert sich an zwanghaftes Aufräumen, Ordnen und Katalogisieren. (cc) AB 15. JUNI USA 2023; 104 Min.; R: Wes Anderson; D: Jason Schwartzman, Scarlett Johansson, Tom Hanks ★★★★★ FILM SUMMER-GUIDE STADT LAND SOMMER SPEZIALNR.3 SZENEHAMBURGSTADTLANDSOMMER2023 €7,50 ISBN:978-3-946677-89-5 SPEZIALNR.3 2023 |€7,50 HAMBURGS STRANDPAUSE Von derAlster an dieOstsee – Erfrischung amWasser SCHATTENSPIEL LauschigePlätze inParks, Beachclubs undBiergärten SONNENTANZ Festivals,Konzerte und Kultur draußen genießen 001_SG_2023_Titel 1 07.06.2023 16:59:06 Jetzt NEU! Im Handel oder online über shop.szene-hamburg.com Open-Air-Kino im Schanzenpark 5.August – 3.September 2023 NEU: Erstmalig auf zwei Leinwänden und mit zwei Filmen täglich zur Auswahl. Infos, Programm & Tickets unter www.schanzenkino.de Foto: stefanboekels.com Wir danken unseren Hauptsponsoren LOTTO Hamburg und Car-2-Rent Autovermietung.

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