Hamburg Pur - Juli 2021

Foto: Privat; Illustration: shell / The Noun Project Foto: Johanna Zobel ESSEN+TRINKEN AUFGETISCHT Alles auf Anfang Der Lockdown ist fast vorbei: Restaurants, Cafés und Bars ebenso wie Hotels empfangen wieder Gäste – sowohl drinnen als auch draußen. Alles könnte so schön sein. Doch die letzten Monate haben ihre Spuren hinterlassen. Ein Streifzug durch die Stadt tronomie die Testpflicht, das Verbot von pri- vaten Veranstaltungen und die Sperrstunde in Atem. „Wir als Verband können nicht nachvoll- ziehen, warumGeschäftstreffen erlaubt, aber Feiern wie Hochzeiten oder Geburtstage in Restaurants noch nicht wieder möglich sind“, wundert sich Niklaus Kaiser von Rosenburg. Ereignisse wie die Massenpartys im Schan- zenviertel seien nicht repräsentativ für die Stadt. Gerade ohne Touristen würden viele Betriebe außerdem vor allem von Veranstal- tungen leben. Und die Touristen lassen – da Kulturveranstaltungen, öffentliche Events und Messen in Hamburg noch immer nicht statt- finden dürfen – auf sich warten. „Das wird ein Fast sieben Monate Zwangspause. Für viele Menschen – zumindest in vom Lockdown be- troffenen Betrieben – bedeutete das: zu Hause sitzen ohne Arbeit und ohne Perspektive. So einige Arbeitskräfte aus der Gastro- und Ho- telbranche suchten sich in der Folge andere Jobs. Die Abwanderung von Fachkräften macht vielen Restaurants und Hotels bei der Wieder- eröffnung zu schaffen (wir berichteten). Das Jools zum Beispiel konnte für eine Öffnung schlichtweg nicht genügend Personal organi- sieren. „Wir hätten uns eine längere Vorlaufzeit seitens der Politik gewünscht“, so Johanna Krause vom Restaurant in Ottensen. Die kurzfristigen Entscheidungen der Stadt zu den Corona-Lockerungen sind auch immer wieder ein Thema für den Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga). „Die Öff- nung in Hamburg holpert“, so das Fazit von Niklaus Kaiser von Rosenburg, dem kommis- sarischen Präsident des Hamburger Landes- verbandes. Ohne Vorlaufzeit sei die Rückkehr in den normalen Betrieb nur schwer umzuset- zen. „Das alles braucht Zeit. Die Lieferketten sind teilweise nicht umgehend wieder vollstän- dig, Gastronomen müssen erst einmal putzen, die Geräte warten und Mitarbeiter zurückho- len“, so der Geschäftsführer vomHotel Base- ler Hof. Und ein Mensch, der sechs Monate nur zu Hause saß, sei nicht direkt arbeitsfähig. Ganz abgesehen davon, dass viel Personal nun eben bereits anderswo eingespannt sei. Neben dem Mitarbeitermangel hält die Gas­ 8 Foto: SIDE Design Hotel Hamburg ESSEN+TRINKEN verhaltener Sommer werden“, so der Hotelier. „Aktuell bietet Hamburg wenig Reiseanlässe. Die Menschen fahren bei gutem Wetter eher an die Küste als in die Stadt.“ Mit einem bran- chenweiten profitablen Arbeiten rechnet Nik- laus Kaiser von Rosenburg frühestens wieder imMärz 2022. Bis dahin werden einige Betrie- be noch einen langen Weg vor sich haben, wäh- rend andere – vor allem diejenigen mit einem besonderen Konzept – bereits wieder eine gute Auslastung verzeichnen. Zu einem solchen gehört das SIDE Design Hotel Hamburg. Alex Obertop, der General Manager des Hotels in der Neustadt, kann sich seit der Bekanntgabe der Lockerung vonHotel- übernachtungen über eine sehr positive Bu- chungslage freuen. „Es geht wieder aufwärts“, so der General Manager. Das Hotel hatte wäh- rend des Lockdowns die Möglichkeit, Ge- schäftsreisenden Zimmer zu vermieten, konn- te also Einnahmen generieren. Diese waren jedoch nicht ausreichend, um alle Fixkosten zu decken. Die nun erlaubte Auslastung von 60 Prozent hilft laut Alex Obertop bereits sehr. „Wir versuchen, die Situation vor allem als Chance zu sehen und das Team langsamwie- der einzugewöhnen“, erklärt der Hotelier. Auch die Betriebe in der von der Sperrstunde betroffenen Sternschanze freuen sich über die Wiedereröffnung. „Macht unheimlich viel Spaß, dass wir unsere Gäste endlich wieder begrü- ßen dürfen“, erzählt Bogislav „Boogie“, der Ge- schäftsführer vom La Sepia am Pferdemarkt. Er hofft, dass der Krawall auf dem Schulter- blatt am letzten Maiwochenende einmalig war und ergänzt: „Wir geben uns so viel Mühe, um die Sicherheit unserer Gäste und unseres Per- sonals zu gewährleisten und sollten doch alle froh sein, dass wir unsere Freiheiten langsam wieder zurückbekommen.“ Auch Tristan, der Betriebsleiter der Bar Katze, sorgt sich, dass die Gastronomie, die an dem besagten Wo- chenende auf Anweisung der Polizei früher schließen musste, unter der Unvernünftigkeit der Besucher leiden könnte. „In der aktuellen Lage ist eine Stunde weniger Umsatz ein ech- tes Problem“, betont er. Mehr Verständnis auf allen Seiten und sinn- volle Konzepte – das wünschen sich sowohl Gastronomie, Hotellerie als auch der Landes- verband der Branche. „Wir haben es gemein- sam geschafft, in Hamburg eine Aufbruchs- stimmung zu erzeugen. Das darf nicht aufhö- ren“, mahnt Niklaus Kaiser von Rosenburg, „Es wird auch in den kommenden Monaten eine harte Zeit werden, aber es geht voran. Wir dürfen endlich wieder das tun, was wir tun wollen.“ Beke Detlefsen INTERNATIONALES SOMMERFESTIVA L 4–22 AUGUST 21

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