hamburg pur - Juli 2020
18 FILM dunklem Stein darin. Vielleicht liegen hier ma- gische Kräfte verborgen. In jedem Fall hat er mit seinem Team fast Unmögliches vollbracht. Als er, kurz nach Einbruch aller Aufträge, las, dass in anderen Bundesländern Autokinos weiter erlaubt waren und neue entstanden, kam ihm die Idee: Warum nicht ein Autokino hier in Hamburg? Er erstellte ein Konzept. Es erschien machbar. Nur bei der Filmkompetenz brauchte er Unter- stützung. „Zur Vorführung von Filmen braucht es Lizenzen und es müssen diverse Abgaben an die Verleiher, die Filmförderung geleistet werden.“ Weis schrieb eine Mail an die Zeise Kinos. Eine halbe Stunde später rief Matthias Elwardt zurück. „Wir haben uns sofort verstanden und gleich ge- sagt, wenn wir es machen, dann machen wir es groß. Zwei Flächen. Wir machen die Orga, er den Filmpart. Fifty-fifty.“ Es gab noch 22 weitere Interessenten für dieses Filetstück in bester Innenstadtlage. Gegen Him- melfahrt erhielten Bergmanngruppe und Zeise Kinos den Zuschlag. Das Autokino ist ein Risiko. Erst bei einer Aus- lastung von etwa 60 Prozent ist es lohnenswert. Darunter ist es unrentabel. „Wir können uns eine Niederlage nicht leisten. Wir sind ja schon am Boden“, gibt Weis offen zu, „aber das Projekt ist auch ein Lichtblick, ein Start, um die Stimmung aufzuhellen.“ Der Start hätte nicht besser laufen können: Das Autokino ist ausverkauft. Das Wetter spielt mit. Die Stimmung ist befreit. Die Strahlkraft des Autokinos reicht weit über die Stadtmauern hinaus. Die Autos tragen Kennzei- chen aus Hamburg, Kiel, Pinneberg, Bad Oldesloe, Winsen an der Luhe, Bad Segeberg und Osthol- stein. Einige sind zu früh da – unter ihnen ein Ford Mustang GT. Der Einlass für Kino 2 beginnt eine Stunde später. Manche können es einfach nicht er- warten. Ein Fahrer hat keine Karte, er wollte „nur mal gucken, wie das hier so läuft“. Ein Hubschrau- ber fliegt vorbei. „Da kommt Udo, endlich!“, ruft Weis. „Der landet jetzt oben auf dem Container.“ Alle umherstehenden Personen lachen. Die Journalisten gehen dem vorgeschriebenen Abstand auf Tuchfühlung mit dem Publikum, O-Töne sammeln. „Ich freue mich sehr auf den heutigen Abend“, sagt eine Frau aus Othm- arschen. „Es ist ja schon ein bisschen her, dass man Filme im Autokino gucken konnte.“ Ein Besucher aus dem Emsland sagt: „Wir sind ei- gentlich nicht wegen des Autokinos hier. Das ist ein Abfallprodukt – wenn auch ein sehr ange- nehmes.“ Eine Besucherin aus Pinneberg findet die Filmauswahl in Hamburg besser: „Bei uns laufen vor allem deutsche Komödien, die man nicht sehen will.“ Produzent Michael Lehmann steht im Glaskasten und wirkt sichtlich zufrieden: „Das ist Hamburg at it’s best. Millerntor, Bunker, Fernsehturm, Heiligengeistfeld, Udo.“ Regisseurin Hermine Huntgeburth gibt sich „schwer beeindruckt“. Die beiden unterhalten sich mit Matthias Elwardt über die Drehorte in Hamburg und die Zusam- menarbeit mit dem Rockstar, dessen Lebensge- schichte heute gezeigt wird. Dann wünschen die drei den Zuschauern viel Spaß und gehen zu ihren Autos, den Film ansehen. Die Zuschauer begin- nen zu hupen, obwohl das eigentlich nicht erlaubt ist. Aber es ist Premierenabend und da gehört das Unvorhergesehene irgendwie dazu. Die Spannung steigt, der Film beginnt, doch zuvor gibt es noch eine Überraschung: eine Botschaft von Udo – direkt über UKW in alle Autos übertra- gen. Auf der Leinwand erscheint er ganz plötzlich, mit Hut und Sonnenbrille, überdimensional groß: „Hey Freunde, keine Panik! Euer Udo, hier im Au- tokino. Ja echt, ein Hammer-Ding. Autokino? Wie romantisch! Kann man dolle Sachen machen: Bisschen Kuschel-Kuschel, bisschen Schmu- se-Fix. Yeah Leute, und hier ist der Streifen: „Mach dein Ding“ Ihr müsst da durch, durch die harten Foto: Jérome Gerull
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