Juli 2019
FESTIVAL 8 Foto: Jérome Gerull Foto: Andrin Fretz Im Juli wird das Millerntor-Stadion zum Festivalgelände. Viva con Agua und der FC St. Pauli verbinden zum neunten Mal Kunst und Musik für einen guten Zweck. Warum es jedes Jahr eine anstren- gende Reise ist, sich aber jede Mühe lohnt, erzählt Arne Vogler, Geschäftsführer von Viva con Agua Arts Millerntor Gallery Arne, Von der Schnapsidee zum festen Bestand- teil der Hamburger Kulturszene. Wie geht das? Es kamen mehrere Faktoren zusammen. Zum einen der nicht zu bremsende Aktivismus der Gründer von Viva con Agua, die alles dransetzen, eine Idee zu verwirklichen. Gemeinsam mit dem freudvollen Engagement unserer Ehrenamtlichen. Zum anderen die Unterstützung unseres Partners FC St. Pauli, der von der ersten Stunde an dabei war. Die Offen- heit und die Bereitschaft sich als Fußballverein und als Unternehmen auf das Projekt einzulassen, ist einmalig und hat uns vieles ermöglicht. Dieses Jahr lautet das Motto „Water is a Human Right“. Wie spiegelt sich das in der Ausstellung wider? Die gezeigten Werke werden von den Künstlern aus aller Welt exklusiv für die Gallery entworfen. In der Vergangenheit hatten wir eher komplex formulierte Themen wie „Identikey“, was dazu führte, dass nicht alle Künstler themenbezogen gearbeitet haben. Das wollten wir ändern. Menschenrecht ist ein konkretes Thema und bietet nicht nur den Künstlern viele An- knüpfungspunkte, auch unser Kurations-Team kann noch mehr einem roten Faden folgen, um über die Ausstellung eine Geschichte zu erzählen. Einige die Familie und Freunde. Währenddessen bleibt kein Raum für anderes. Es ist so, als würde man sich mit einem schweren Rucksack auf den Weg machen und es ist klar, für eine gewisse Zeit sieht man weder seine Familie noch Freunde, es sei denn, man bindet sie als Helfer mit ein. Doch das Ziel ist es auf jeden Fall wert. Die Gallery verbraucht viele Ressourcen, aber sie ist auch wie ein Akku, ein Ort, der ganz viel Kraft gibt. Was ist es, das sie so besonders macht? Sie ist eine ganz besondere Veranstaltung, weil die soziale Grundhaltung aller Beteiligten besonders ist. Eine Galerie, die Kunst mit Musik verbindet, in einem Fußballstadion mitten in der Stadt. Und das in einem Viertel, dessen Bewohner grundsätzlich eher gesellschaftskritisch und sozial engagiert sind. Die Millerntor Gallery ist die Möglichkeit, die Grundsätze von Viva con Agua zu erleben, das Freud- volle und Aktivistische. Wir kümmern uns um eine positive Veränderung der Welt aber auf eine spie- lerische Weise, indem wir die universelle Sprache von Kunst, Musik und Sport nutzen, um die Men- schen für unsere Themen zu erreichen und zum Mitmachen zu bewegen. Die Gallery ist sozusagen der Schmelztiegel von allem, was uns ausmacht. Der Zulauf aus der Stadt mit 17.000 Besuchern im letzten Jahr, gibt euch Recht. Ruht ihr euch darauf aus, oder ist es eher ein Anstoß neu zu denken? Natürlich sprechen wir jedes Jahr mit dem FC St. Pauli, ob und wie wir weitere Teile des Stadions in die Millerntor Gallery einbinden können. Unser Traum wäre natürlich irgendwann mal, den heiligen Ra- sen nutzen zu können. Auch möchten wir zukünftig vermehrt ein Gleichgewicht zwischen den Genres schaffen, auf der einen Seite Streetart und HipHop, gleichzeitig im Kunstbereich die Grenzen erweitern. Noch liegt der Ausstellungsfokus auf Streetart, aber in diesem Jahr haben wir darüber hinaus ei- nige Hochkaräter aus der bildenden Kunst dabei. Was löst Kunst bei dir aus? Emotionen. Die ganze Palette: von Erstaunen und Begeisterung über Glück bis hin zur Ruhe. Aber auch Trauer. Gerade bei dem diesjährigen Kura- tionsprozess habe ich wieder gemerkt, dass Kunst für mich ein Vehikel für einen Perspektivenwechsel sein kann, so als würde ich mir eine Brille aufsetzen und ein Thema noch mal ganz anders entdecken. Interview: Hedda Bültmann 4.–7. JULI Millerntor-Stadion; www.millerntor- gallery.org Künstler werden zum Beispiel Wasser als Thema wählen oder eine politische Herangehensweise, sodass ein schöner Mix unterschiedlicher Umset- zungen und Genres zu sehen sein wird. Ihr habt zum ersten Mal nicht nur das Thema konkreter formuliert, sondern auch wohin die Erlöse fließen … Ja, genau. In der Vergangenheit gingen die Spenden allgemein an den Verein. Diesmal haben wir im Vor- feld festgelegt, dass die Erlöse in das Oratta-Pro- jekt in den Provinzen Cabo Delgado und Nampula fließen. Dort, im Norden vom Mosambik, setzen wir uns bereits seit 2010 für sauberes Trinkwasser und bessere Hygienebedingungen ein. Wir glauben, dass die Motivation der Künstler, Supporter und Besucher noch größer ist, wenn sie nicht nur für einen allgemein guten Zweck arbeiten oder spen- den, sondern genau wissen für wen. Wir hoffen, so unser Spendenergebnis aus dem letzten Jahr von etwa 90.000 Euro zu übertreffen. Innerhalb weniger Monate stelltet ihr eine Aus- stellung mit mehr als 90 Künstlern auf die Beine. Klingt nach einem chronisch hohen Stresspegel? Die acht bis zehn Wochen der Produktionsphase im Stadion sind schon eine enorme Belastung für
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