Juli 2019

Foto: Studiocanal / El Deseo / Nico Bustos KRITIKEN Kroos Das Foto ging um die Welt: ein Selfie der deutschen Nationalmannschaft in der Kabine nach dem WM-Triumph 2014 mit Bundeskanzlerin Angela Mer- kel. Nur am Bildrand zu erkennen ist Toni Kroos. „Mir fehlt dieses Foto nicht. Ich habe mich still gefreut. Ich muss nicht auf so einem Bild sein.“ Es sind Aussagen wie diese, für die man Kroos am liebsten durch die Leinwand knuddeln würde. Der 28-jährige defensive Mittelfeldspieler ist mit vier Cham- pions-League-Titeln (einmal Bayern, dreimal Real Madrid) der bislang er- folgreichste deutsche Fußballer – doch Starkult, Glamour und Skandale überlässt die zuverlässige Passmaschine der Fraktion Messi-Ronaldo-Ney- mar. Erfreulicherweise hat sich der gebürtige Greifswalder jedoch auf die Doku von Manfred Oldenburg eingelassen. Sie zeichnet das Bild eines stil- len, innerlich starken Weltstars mit Haltung. Besonderes Bonbon: Kroos’ wunderbare Spitzen gegen die Führungskultur beim FC Bayern. Sie alleine lohnen schon den Kinobesuch. (misch) AB 4. JULI 119 Min., D 2019; Regie: Manfred Oldenburg ★★★★ ★ Apollo 11 Am 20. Juli 1969 nahm der uramerikanische Traum räumlicher Grenzexpan- sion mit der Mondlandung eine völlig neue Dimension an. Fast genau 50 Jah- re später werden wir im Kino noch einmal Zeuge, wie Mondpionier Neil Arm- strong den berühmten kleinen Schritt machte, der ein großer für die Menschheit war: Passend zum Jubiläum hat Regisseur Todd Douglas Miller („Dinosaur 13“) in jahrzehntelanger Puzzlearbeit bisher unveröffentlichte 70mm-Originalaufnahmen und mehr als 11.000 Stunden Audiomaterial zu- sammengetragen, digital aufpoliert und daraus ein gestochen scharfes Lein- wandspektakel geschaffen, das beim diesjährigen Sundance Festival mit dem „Documentary Special Jury Award“ für den besten Schnitt ausgezeichnet wurde. Nicht nur für Raumfahrts-Enthusiasten ist der Film dank seiner atem- beraubenden All- und Mondbilder ein kühl prickelndes und sehr informatives Kinoerlebnis. Auch wenn der Fahnen schwenkende Patriotismus im Weltall in Zeiten von Slogans wie „Make America Great Again“ hin und wieder einen etwas säuerlichen Beigeschmack hat. (kj) AB 7. JULI 93 Min., USA 2019; R: Todd Douglas Miller ★★★★★ Foto: Broadview Pictures Foto: 2019 Piece of Magic 37 – und der beste, den er seit Langem gemacht hat, ebenso klug wie komplex. Melancholischer, doch gewohnt farbenprächtig setzt er sich mittels eines Rückblicks auf sein Leben mit seinen Kernthe- men auseinander: Homosexualität, eine ikonische Mutterfigur, eine von strengem Katholizismus geprägte Kindheit, Künstlertum, Ex- zess und Freiheit. Die Wende im Film von schmerzerfüllter Starre hin zur Bewegung kommt mit einer Nachricht: Ein 32 Jahre alter Film Mallos (das fik- tive Pendant zum realen „Das Ende der Begierde“ von 1987, dem ersten autobiografisch inspirierten Werk Almodóvars) soll wieder- aufgeführt werden, er ist zum Publikumsgespräch eingeladen. Sei- nerzeit hatte er sich mit dem Hauptdarsteller verkracht, nun nimmt er wieder Kontakt auf. Noch immer hängt Alberto Crespo (Asier Etxeandia) am Heroin, und Mallo, weit jenseits der 60, probiert es erstmals aus. Das macht ihn nicht unbedingt sympathischer, und schon vorher macht er es den Zuschauern in all seiner Larmoyanz nicht einfach, ihn zu mögen. Doch nach und nach entblättert sich die Figur in all ihrer Komplexität, Leidenschaft und Liebenswertigkeit. Antonio Banderas spielt die Hauptrolle, es ist die achte Zusammen- arbeit mit ihm und Almodóvar. Und er war nie besser. Ist das wirk- lich der Mann, der den sexy Kämpfer, den heißen Latin Lover gab? Banderas’ Identität scheint mit der Almodóvars zu verschwimmen, er spielt den gealterten Künstler mit kleiner Geste, doch so intensiv und sensibel, dass er zu Recht in Cannes die Goldene Palme als Bester Darsteller gewann – die erste große Auszeichnung seiner Karriere. Maike Schade AB 12. JULI 112 MIN., E 2019; R: PEDRO ALMODÓVAR; D: ANTONIO BANDERAS, PENÉLOPE CRUZ, ASIER ETXEANDIA, LEONARDO SBARAGLIA ★★★★★

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