Juli 2018
38 THEATER THEATER Im Altonaer Theater kommt „Catch me if you can“ auf die Bühne. Regisseur Georg Münzel im Gespräch über charmante Hoch- stapler, die sich selbst glauben, und die Herausforderung, im Hochsommer ein Theater mit Broadway-Glamour zu füllen CATCH ME IF YOU CAN Bringst Du einen besonderen Blick als Schau- spieler mit, der beide Seiten kennt? Als Regisseur habe ich großen Respekt vor den Schauspielern. Ich weiß ja, wie schwer es manch- mal ist – ich kenne die Prozesse und die Schwie- rigkeiten, warum manches eben nicht so leicht zu durchbrechen ist. Als Schauspieler habe ich mitt- lerweile auch mehr Verständnis für die Probleme der Regie, was die noch alles bedenken muss. Die Regie muss das ganze Stück im Kopf denken. Bei „Catch me if you can“ hast du auch große Schauspieler im Ensemble. Könntest Du Dir vor- stellen, komplett die Seiten zu wechseln? Ich würde tatsächlich in Zukunft gern mehr Regie führen… Dieser Drang, sich zu zeigen, wie in der Jugend, ist gar nicht mehr so groß. Beim aktuellen Stück arbeite ich mit Profis wie Ilja Richter zusammen, der seit dem Alter von neun Jahren auf der Bühne steht. Der Schauspiel- Grande Walter Plathe ist ebenfalls dabei. Das ist schon inspirierend und herausfordernd, mit sol- chen Profis zu arbeiten. „Catch me if you can“ ist ein Musical. Was für einen Bezug hast Du selbst zur Musik? Mit Musik hatte ich immer schon zu tun. Angefangen beim Knabenchor, in dem ich früher gesungen habe. Ich bringe auch einen sehr musikalischen Zugang zum Theater und Inszenie- ren mit. Die Produktion hatte vergangenes Jahr in Jagsthausen im Süden Deutschlands Premiere. Die Zusammenarbeit mit dem musikalischen Leiter wurde sehr erleichtert durch meinen Bezug zur Musik. Wir konnten uns wunderbar unterhalten über Sept-non-Akkorde – oder eben auch, warum etwas musikalisch nicht funktioniert. Ist die Musik komplett dem Original entlehnt? Es ist genau die gleiche Musik, die auch in der Broadwayvorlage festgeschrieben ist. Die Musik ist toll, so eine Art sechziger Jahre Big-Band- Jazz, der sehr eingängig ist und glaube ich sehr viel Spaß macht. Wie inszeniert Ihr das Musical? Es bleibt komplett in der Zeit. Es gibt ja diesen besonderen Spielberg-Film mit Leonardo DiCaprio und Tom Hanks. Und: Den Hochstapler Frank Abagnale Jr., um den es geht, hat es tatsächlich gegeben. Er hat eine Autobiographie geschrieben, nach der Spielberg seinen Film drehte. Unser Stück beginnt mit der Verhaftung des Hoch- staplers – und dann macht Abagnale einen letzten Deal mit seinem Agenten, dass er einmal noch seine Geschichte erzählen darf. Und schon geht es los mit großem Show-Opener und Tänzerinnen. Das große Spektakel. Das passt natürlich zum Hochstapler, er darf in blumigen Farben erzählen? Die Figur des Hochstaplers ist prädestiniert für die Bühne, für das Theater. Er ist eigentlich ein begnadeter Schauspieler, der Identitäten erfin- det. Der Hochstapler ist der geborene Geschich- tenerzähler. Nun hast du das Stück ja schon Open Air in Jagsthausen inszeniert. Was findest Du besser? Das hat beides seinen Reiz. Bei der Premiere hat- ten wir tolles Wetter und einen Sternenhimmel. Aber der Sound und das Licht sind unendlich viel schwerer zu regeln als im Theater. Bei den Pro- ben kämpften wir auch mit Treckern, die vorbei knatterten. Sieht man dich demnächst wieder als Schauspie- ler auf der Bühne? Wir spielen „Wie im Himmel“ weiter. Das ist eine sehr schöne Rolle. Ein Dirigent hatte einen Bur- nout, kehrt zurück in seinen Heimatort und über- nimmt dort den Kirchenchor. Ich bin der Chor- leiter und spiele auch Geige auf der Bühne. Im kommenden Jahr werden wir uns an „Absolute Giganten“ machen, den Sebastian Schipper einst im Kino inszenierte. Doch nun kommt erst mal der Hochstapler und der ganz große Broadway- Glamour! Interview: Stefanie Maeck AB 14. JULI Altonaer Theater Georg, normalerweise kennen wir Dich als Schau- spieler. Nun führst Du Regie. Was ist passiert? Hast Du klammheimlich die Seiten gewechselt? Georg Münzel: (lacht) Tatsächlich führe ich schon seit ein paar Jahren immer mal wieder Regie. Das erste Stück, das ich gemacht habe, war „Shake- speares sämtliche Werke leicht gekürzt“ — so ging das los … Ist das ein Sprung, den man so einfach machen kann? Einfach ist es nicht. Ich habe es mir am Anfang tatsächlich auch einfacher vorgestellt, als es ist. Es ist schon eine viel größere Verantwortung, die du als Regisseur trägst. Aber ich stelle eine wach- sende Sehnsucht bei mir fest, mehr beizutragen und mehr Entscheidungsmöglichkeiten zu haben, als mich nur um die eigene Rolle zu kümmern, wie das bei einem Schauspieler sonst so ist. Das ist natürlich auch schön, aber trotzdem ist man innerhalb der Produktion nur ein Rädchen. Du wolltest also mehr Verantwortung für das Werk, für das Stück? Genau. Der Rest waren im Grunde alles Zufälle, wie das im Leben eben ist. Am Altonaer Thea- ter wurde ich dann mal ausprobiert. Vom Weih- nachtsmärchen bis zum Musical mit großer Be- setzung jetzt. Das schillernde einer Störung Foto: Christoph Mannhart
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