Juli 2018
36 FILM Nico, 1988 Es waren nur drei Songs. Drei kleine, wenn auch wunderschöne Lieder, die sie mit Velvet Underground sang. Dass Nico danach noch zahlreiche Alben veröffentlichte, von denen einige als Meilensteine der New-Wave-, Gothic- und Punk-Musik gelten, wissen heute aber nur noch wenige. Exakt 30 Jahre nach ihrem Tod, am 18. Juli, kommt nun ein besonderes Biopic über die letzten drei Lebensjahre der Sängerin ins Kino. In kunstvollen Bildern (Kamera: Crystel Fournier) erzählt „Nico, 1988“ die Geschichte einer unglücklichen Frau, die einfach nur sie selbst sein will. Trine Dyrholm als Nico ist fantastisch. Sie zeigt alle Facetten, all die Widersprüche – Resignation und Stolz, unendliche Traurigkeit und innere Stärke. Und sie singt alle Songs selber. Mit etwas mehr Wärme in der Stimme als Nico, mit weniger falschen Tönen, doch sie kommt verdammt nah ran ans Original: Das Ätherische, Dunkle, manchmal verletzlich Rohe, alles ist da. Die anderen Charaktere spielt Dyrholm voll an die Wand, sie bleiben merkwürdig blass. (mas) AB 18. JULI R: Susanna Nicchiarelli; I/BEL 2017; D: Trine Dyrholm, John Gordon Sinclair, Anamaria Marinca, Sandor Funtek ★ ★★★★ 303 Gerade als man bereit war, Regisseur Hans Weingartner seine Trashrakete „Free Rainer“ zu verzeihen, beweist er mit „303“, dass er seinem Hang zur aufdringlichen Welterklärung treu geblieben ist. Dabei fängt in diesem Roadmovie alles so unprä- tentiös an: Jule (Mala Emde), Biologiestudentin mit verbockter Zwischenprüfung, tuckert im Wohnbus zum entfremdeten Freund nach Portugal und gabelt unterwegs Tramper Jan (Anton Spieker), Politikwissenschaftler, auf. Man versteht sich. Wird aus der Fahrgemeinschaft am Ende etwa mehr? Liebe gar? Fragen über Fragen. Sobald sich Jule und Jan jedoch ins erste von vielen gestelzten Dialoggefechten stürzen, interessiert nur noch, wessen Schweigen wohl schöner klingt. Schnell erin- nert das peinlich-konstruierte Geschnatter an einen verklemmten Mensa-Flirt, kein Thema ist sicher vor dem durch Europa rollenden Think Tank. Seicht-touristische Aufnahmen europäischer Landstraßen und fades Indiegeklampfe helfen kaum, den Sekundenschlaf (die größte Gefahr für Zuschauer und Fahrer) zu vermeiden. (chr) AB 19. JULI R: Hans Weingartner; D 2018; D: Anton Spieker, Mala Emde, Caroline Erikson ★★★ ★★ 3 Fragen an ... Daniel Lommatzsch Wie war das Projekt im Rückblick – in drei Adjek- tiven? Daniel Lommatzsch: Adjektive beschreiben es un- zureichend – ich würde sagen: leidenschaftlicher Fanatismus, unzumutbarer Stress, allerglücklichste Erschöpfung. Wie hast du deine Kollegen überzeugt, ihre knappe Freizeit für umme zu opfern? Wenn mich eine Sache unbedingt interessiert, kann meine Leidenschaft wohl sehr einnehmend sein. Außerdem bin ich dann unangenehm hartnäckig. Du planst ein neues Filmprojekt? Was, und was wirst du anders machen? Ja. Ich entwickle gerade drei Stoffe parallel in der Hoffnung, einen davon finanziert zu bekommen. Denn das wird definitiv anders: Beim nächsten Film rühre ich ohne Geld keinen Finger mehr! Foto: Coda Johannes
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