hamburg:pur Juni 2023
Foto: Grandfilm Foto: Bufo Production Bis ans Ende der Nacht Am Ende war sie die strahlende Siegerin der diesjährigen Ber- linale: Thea Ehre, 23-jährige Schauspielerin und Transfrau aus Wien, die mit demSilbernen Bären ausgezeichnet wurde. Und zwar gleich für ihr Spielfilmdebüt, das sie als junge Leni, die sich auf einen zweifelhaften Deal mit der Polizei einlässt, mit ihrer ungeheueren Präzenz trägt. Damit sie vorzeitig aus demMännerknast entlassen wird, soll sie helfen, den Drogen- dealer Victor Arth (Michael Sideris) zu überführen – und das gemeinsam mit dem schwulen Undercover-Cop Robert (Ti- mocin Ziegler). Ob die beiden früher mal zusammen waren, bleibt offen. Dass er ein Problemmit ihrem Frausein hat, wird aber schnell klar – und so beginnt ein Seiltanz, der tief ins Frankfurter Milieu führt, auf dunkle Industriebrachen, in düs- tere Clubs, eiskalte Luxus-Penthouses und auf die Rückbank fetter SUVs, an deren Scheiben ständig der Regen runterrinnt. Finster ist die Welt, die Regisseur Christoph Hochhäusler aus den Fugen geraten lässt und Geschlechterzuschreibungen gleich mit. Dabei verfängt sich der schwule Macho-Cop, der entweder um sich schlägt oder verzweifelt zusammensinkt, immer stärker in Klischees, ganz so wie der psychopathische Großdealer. Und so geht vor lauter rauchenden Colts unter, wie interessant es wäre, sich auf die prekäre und toxische Situation, in der viele Transfrauen leben müssen, zu konzen- trieren. Das kann selbst die schwebende Kamera von Berli- ner-Schule-Legende Reinhold Vorschneider nicht ändern, die immer auf der Suche nach neuen Perspektiven ist. Umweht von verträumten Sixties-Schlagern, die Hochhäusler auf die harte Realität prallen lässt, aber schillert Thea Ehre auf ihre ganz eigene Weise, ist so schutzlos wie stark – und weiß schließlich als Einzige, wer sie ist. (sd) AB 22. JUNI D 2023; 124 Min.; R: Christoph Hochhäusler; D: Timocin Ziegler, Thea Ehre, Michael Sideris ★★★★★ Memory of Water „Die Kriege der Zukunft werden um Wasser geführt“, pro- phezeite im Jahr 1985 der ägyptische Diplomat und spätere UN-Generalsekretär Boutros Boutros-Ghali. Noch hat sich diese Vorhersage nicht bewahrheitet. Zu befürchten ist aber, dass in Zeiten einer sich verschärfenden Klimakrise Kon- flikte um die Verteilung von Trinkwasser spürbar zunehmen werden. Mit „Memory of Water“, einer Adaption eines finni- schen Bestsellers, startet nun ein dystopischer Thriller, der von einer Welt mit dramatischer Wasserknappheit erzählt: Die Skandinavische Union steht unter der Herrschaft einer Militärregierung, die jeden Verstoß gegen ihre strengen Ra- tionierungen knallhart bestraft. In diesem System tritt die junge Noria (Saga Sarkola) als sogenannte Teemeisterin in die Fußstapfen ihres verstorbenen Vaters und versucht, das Wissen um eine geheime Quelle zu bewahren. Eine große Lüge, über die sie dank alter Audioaufzeichnungen stolpert, zwingt sie schließlich, dem repressiven Regime die Stirn zu bieten. Dass optisch starkes, stimmungsvolles Science-Fiction-Kino mit überschaubaren Mitteln stemmbar ist, bewies zuletzt die hierzulande imHerbst 2022 angelaufene litauisch-fran- zösisch-belgische Koproduktion „Vesper Chronicles“. Auch „Memory of Water“, ebenfalls in Zusammenarbeit mehrerer europäischer Partner entstanden, lässt vor den Augen des Zuschauers ein spannendes postapokalyptisches Szenario mit interessanten Details entstehen. Erdfarbene Bilder unterstreichen die Trockenheit der Landschaft. Modernste Technik existiert neben abgenutzten, einfachen Geräten. Omnipräsent sind die Soldaten und die Drohnen, die alles beobachten. Atmosphärisch und ausstattungstechnisch macht die Romanverfilmung einiges her. Schade nur, dass das Drehbuch dagegen abfällt. Die Figuren, auch Noria, könn- ten mehr Profil vertragen. Manche Dialoge sind überexplizit. Eine Liebesgeschichte wird eher halbherzig angeleiert. Und gegen Ende wirkt die Handlung etwas hingehuscht. Aufgrund der formalen Qualitäten lohnt sich dennoch ein Blick. (cd) AB 8. JUNI FIN/D/NOR/EST 2022; 100 Min.; R: Saara Saarela; D: Saga Sarkola, Mimosa Willamo, Lauri Tilkanen ★★★★★ FILM hamburg:pur Aktion! Für die Hamburg-Premiere des Films „Bis ans Ende der Nacht“ mit Gästen am 20.6., 19 Uhr in den Zeise Kinos verlosen wir 10 x 2 Karten. E-Mail mit Name und Betreff „pur:Bis ans Ende der Nacht“ an verlosung@szene-hamburg.com ; Einsendeschluss: 17.6. 26 DAS TOR ZU HAMBURGS GASTRONOMIE italiener in o ensen HAMBURGS FOODSZENE ENTDECKEN Mit demGenuss-Guide+ hast du Zugri auf: + rund 850 Restaurant-Kritiken + Hamburgs Bars im Test und die besten Cafés + spannende Hintergrundgeschichten über Hamburgs Gastro- und Foodszene + genussguide-hamburg.com Melde dich jetzt für das Genuss-Guide+ Abo an! Genuss-Guide+ für ein Jahr: 24€
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