hamburg:pur Juni 2023

Foto: Picomedia / Mad Entertainment / Medusa Film / Rosebud Entertainment Pictures DRAMA Verlorene Vergangenheit Mit „Nostalgia“ gelingt Regisseur Mario Martone („L’amore molesto“) ein elegisches Schuld-und- Sühne-Drama in der Camorra-Bastion von Neapel, Darsteller Pierfrancesco Favino überzeugt in der Rolle des von Nostalgie erfüllten Heimkehrers bedrohlich wachsende Brutalität der organi- sierten Kriminalität. Sein ehemals bester Freund, Oreste Spasmano (Tommaso Ragno), ist heute ein gefürchteter skrupelloser Gangs- terboss, sein Aufenthaltsort streng geheim. Doch Felice ist überzeugt davon, dass nichts ihre Freundschaft zerstören könne. Er will ihn treffen um jeden Preis, schlägt alle Warnungen in den Wind. „Nostalgia“ basiert auf dem gleichnamigen Roman von Ermanno Rea. Regisseur Mario Martone („L’amore molesto“) gelingt ein sub- tiler atmosphärisch starker Thriller über Schuld und Sühne, eindringlicher alsmanch glamourös aufwendiges Mafia-Epos. Überragend die Visualisierung der Erinnerungen und inneren Konflikte. Ähnlich einem Puzzle setzt sich die Vergangenheit Stück für Stück zusammen, wir begreifen, warum der damals 15-Jährige Nea- pel überstürzt verlassen musste und weshalb er in Gefahr schwebt, ohne es wahrhaben zu wollen. Text: Anna Grillet AB 8. JUNI IT/FR 2022; 118 Min.; R: Mario Martone; D: Pierfrancesco Favino, Francesco Di Leva, Tomasso Ragno ★★★★★ FILM Nach 40 Jahren kehrt der in Kairo lebende Felice Lasco (grandios: Pierfrancesco Favino) zum ersten Mal zurück in seine Heimatstadt Neapel. Er ist erfolgreicher Geschäftsmann, glücklich verheiratet und offensichtlich Mus- lim. Berührend das Wiedersehen mit der grei- sen, fast erblindeten Mutter, die wenig später stirbt. Schon bald kann Felice sich nicht mehr trennen von Rione Sanità, dem Viertel seiner Kindheit, mit den verwinkelten alten Gassen, den Barockkirchen und verfallenen Palazzi. Hier herrschen Armut und die Camorra, nie- mand wagt sich aufzulehnen außer Padre Luigi, dem sich Felice anvertraut. Die wehmütigen Erinnerungen an die Zeit als Fünfzehnjähriger und seinen Freund Oreste entwickeln sich für den Protagonisten zum romantisch trügerischen Labyrinth, aus dem er sich nicht befreien kann oder will. Auf einem Motorroller folgt er den Spuren von einst, die Sehnsucht nach der Vergangenheit macht ihn blind für die Veränderungen der Stadt, jene 22 FILM Eismayer Beim herrischen Vizeleutnant des österreichischen Bundes­ heeres, Charles Eismayer (Gerhard Liebmann), ist der Name Pro­ gramm: Auf herzerwärmende Gedanken kommen seine Rekru­ ten jedenfalls nicht, wenn sie in und außerhalb der Kaserne von ihrem Drill-Instruktor gefordert, getriezt und geschunden wer­ den. Wer sich dem Gehorsam verweigert oder undiszipliniert ist, hat bei Österreichs gefürchtetstem „Schleifer“ nichts zu suchen. Schnell fühlt man sich an den drakonischen Gunnery Sergeant Hartman aus Stanley Kubricks „Full Metal Jacket“ erinnert: „Hier wird nicht gelacht, hier wird nicht geweint, garantiert, das prü­ gele ich euch in die Köpfe rein.“ Mit diesem Meisterwerk der Filmgeschichte kann „Eismayer“ von Regisseur David Wagner nicht ansatzweise mithalten. Doch das kann auch nicht der An­ spruch sein. Vielmehr geht es um die Gesinnung eines Menschen innerhalb eines auf Männlichkeit gepolten Systems. Eismayer hat Frau (Julia Koschitz) und Kind sowie die Vorstellung, dass dies auch gut so ist. Doch in Wahrheit ist der harte Kerl homo­ sexuell – was keiner wissen soll und darf. Erst als der hübsche, junge, selbstbewusste und offen schwule Rekrut Mario Falak (Luka Dimić) in seiner Truppe landet, gerät sein Weltbild immer mehr ins Schwanken. Kann und will er ihm seine Zuneigung ge­ stehen, oder wird er seine Maskerade aufrechterhalten, um sein Image nicht zu gefährden? David Wagners Film basiert auf einer wahren Geschichte, die unter Österreichs Soldaten angeblich legendär ist. Das gibt dem Film jene Glaubwürdigkeit, die dieser aus sich selbst heraus bedingt erlangt. Zu unglaubwürdig erscheint einem der Wandel des brüllenden Wolfes zum schmusenden Schoßhund. Auch einige Szenen wie jene, als Ausbilder und Rekruten plötzlich al­ lein unter der Dusche stehen, wirken klischeehaft. Und auch ein Lungenkrebs wird einfach mal mittels Disziplin besiegt. Wenn’s denn so einfach wäre. Dass der Film dennoch funktioniert, hat zum einen mit der linearen, wenngleich vorhersehbaren Erzähl­ weise, aber auch mit den starken Darstellungen der Protagonis­ ten zu tun. Diese machen den Film durchaus sehenswert. Film­ geschichte schreibt man so zwar nicht, wichtige Themen kann man auf diese Weise aber schon ansprechen. (mag) AB 1. JUNI AT 2022; 87 Min.; R: David Wagner; D: Gerhard Liebmann, Luka Dimić, Julia Koschitz ★★★★★★ Foto: Salzgeber reservix.de dein ticketportal Tickets unter reservix.de Hotline 0761 888499 99 Alle Angaben ohne Gewähr Bundesweit 90.000 Events! Lichterfahrt zu den Hamburger Cruise Days 09.09.23 Cap San Diego, Hamburg Gitkin 16.09.23 Hebebühne Hamburg bis 25.06.23 Heiligengeistfeld Hamburg Cordovas 06.07.23 Nochtwache Hamburg Bidla Buh 18. – 20.08.23 Ohnsorg-Theater Hamburg Alexander Straub 17.09.23 Central Komitee Hamburg 23

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