Hamburg Pur - Juni 2021
PRIVATTHEATERTAGE Das Glück der Schweine- zucht Was im letzten Jahr nicht stattfinden konnte, wird jetzt nachgeholt: Vom 8. bis 20. Juni zeigen die Privattheatertage zwölf Inszenierungen aus ganz Deutschland ter Sommerhausen, das wie das Zentraltheater München und das Theater Eurodistrict Baden Alsace aus Offenburg erstmals bei den Privat- theatertagen vertreten ist, wenn das für 2020 geplante Programm nun nachgeholt wird. Die anderen geladenen Theater sind alte Bekannte, die schon öfter bewiesen haben, dass sie dem Qualitätsanspruch der Jury gewachsen sind. So bringt das Kleine Theater amSüdwestkorso aus Berlin Franz Werfels Erzählung „Eine blass- blaue Frauenschrift“ auf die Bühne, in der ein aufstrebender Politiker von seiner karrierebe- drohenden Vergangenheit eingeholt wird. Das Theater Lindenhof aus Melchingen verspricht mit „Darumwandle wehrlos fort durchs Leben, und fürchte nichts!“ einemusikalisch gerahmte Annäherung an den Dichter Friedrich Hölderlin und das Societaetstheater Dresden lässt Shakespeares blutiges Drama „Macbeth“ auf ein klaustrophobisches Zwei-Personen-Kam- merspiel zusammenschrumpfen. In den neun Hamburger Spielstätten der Privat theatertage braucht man klaustrophobische Zustände indes nicht zu fürchten: „Es wird die üblichen Abstandregelungen geben. Außerdem gehen wir davon aus, dass die Besucher noch ein aktuelles Corona-Schnelltest-Ergebnis vor- zeigen müssen, so wie es auch bei Friseuren der Fall ist“, fasst von Lengerke die Sicherheits- vorkehrungen zusammen. So kann man im Ernst Deutsch Theater „Emmas Glück“ miterle- ben, als ein sterbenskranker Dieb mit seinem Fluchtauto auf dem Hof der titelgebenden Schweinezüchterin strandet. In den Hambur- ger Kammerspielen begegnet man im Stück „Wir kommen“ nach demRoman von Ronja von Rönne einer Jugendclique auf den Dorf, deren Gleichgewicht durch einen Selbstmord völlig aus den Fugen gerät. Und imAltonaer Theater gewinnt man mit Joachim Meyerhoffs „Ach, diese Lücke, diese entsetzliche Lücke“ Ein blicke in den ganz alltäglichen Wahnsinn von Schauspielschulen – diesmal nicht in der vor zwei Jahren entstandenen Eigenproduktion des Gastgeberhauses, sondern in einer virtuos mit demBühnenraum spielenden Inszenierung des Jungen Theater Göttingen. Wie bei den Privattheatertagen üblich, werden die drei Kategorien „(Moderner) Klassiker“, „(Zeitgenössisches) Drama“ und „Komödie“ mit jeweils vier Inszenierungen bedacht, von denen imRahmen einer Gala imAnschluss an die letzte Vorstellung jeweils eine mit demMo- nica Bleibtreu Preis prämiert wird. „Das Fes- tival wird anders sein als in den letzten Jahren. Wir werden natürlich auch nicht so viel Publi- kum haben“, bedauert von Lengerke. „Ich hof- fe, die Stimmung wird trotzdem gut, damit sich die deutschlandweiten Theater hier bei uns näher kennenlernen können. Auch das ist ja der Sinn des Festivals.“ Text: Sören Ingwersen 8.–20.6. privattheatertage.de nominieren, der imRahmen der Privattheater- tage 2020 vergeben werden sollte. Die Ankün- digungen der Aufführungstermine gingen im April letzten Jahres noch über den Ticker, dann wurde das Festival abgesagt. Aber aufgescho- ben ist nicht aufgehoben. „Wir haben schon sehr früh imMärz dieses Jah- res bei den Theater angefragt, ob sie sich vor- stellen könnten, ihre Stücke Corona-konform zu überarbeiten“, berichtet Produktionsleiterin Daniela von Lengerke. Man konnte. Mit einer Ausnahme: In der Komödie „Alles, was sie wollen“ ist die körperliche Nähe der beiden Dar- steller unverzichtbar, sodass diese sich vor der Aufführung einem Corona-Test unterziehen werden. Der Beitrag über eine Theaterautorin mit Schreibblockade stammt vomTorturmthea- Foto: Baal novo THEATER Eine traurige Bilanz wäre es gewesen, 137.448 Reisekilometer zurückzulegen, ohne am Ende das Ziel zu erreichen. Das ist die Strecke, die die neun Jurorinnen und Juroren vor über einem Jahr hinter sich gelassen (und offenbar penibel vermessen) haben, um von 93 Bewer- bungen deutscher Privattheater zwölf Insze- nierungen für den Monica Bleibtreu Preis zu Illustration: Freepik 10
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