Juni 2018

10 Frontmann Sebastian Madsen sah sich plötzlich mit Ängsten konfrontiert – und erzählt im Gespräch zum neuen Madsen-Album „Lichtjahre“ (VÖ 15.6.), wie er sie überwinden konnte MUSIK Raus aus der Krise MADSEN ging soweit, dass ich im Bett lag und nicht mehr aufstehen konnte. Furchtbar. Irgendwann habe ich aber wieder Kontakt gesucht, vor allem zu anderen Musikern, und ich habe gemerkt, dass es ungefähr jedem zweiten schon so ging wie mir. Ich war also kein Außerirdischer, sondern hatte ein Problem, was in der Gesellschaft total angekommen war und ist. Ich habe mir dann sehr viele hilfreiche Tipps geholt. Was waren das für Tipps? U. a. wurde mir zum Sportmachen geraten, also zu Bewegung allgemein. Fiel mir nicht immer leicht, aber es half. Außerdem bin ich mit meiner Freun- din in den Urlaub gefahren, was mir gut tat - auch wenn ich plötzlich sogar Angst vorm Fliegen hat- te. Und der Tipp, der am meisten geholfen hat und gleichzeitig am unangenehmsten in der Umsetzung war, war der, dass man in Phasen, in denen man viel zu tun hat, vielleicht nicht jeden Abend Bier trinken, sondern raus gehen und Sachen machen sollte, also Dinge anpacken sollte. Dazu zählte auch der Bühnengang. Und jedes Mal, wenn ich mit mir zu kämpfen hatte, raus und auf die Bühne zu ge- hen und es doch gemacht habe, es also geschafft habe, kam so ein Gefühl auf, gewonnen zu haben – gegen mich selbst. Interview: Erik Brandt-Höge 22.–24.JUNI Hurricane; Scheeßel Foto: Dennis Dirksen politische Haltung, mögen auch grundsätzlich so eine Aufbruchstimmung. Aber textlich fühle ich mich in einem persönlichen Bereich eben wohler. Wo fing dieser Bereich für „Lichtjahre“ an, wo hörte er auf? Er begann mit einer persönlichen Krise. Inwiefern? Bei mir kamen zum ersten Mal in meinem Le- ben Angststörungen und Panikattacken auf. Das war noch in der Zeit vom „Kompass“-Album (er- schienen 2015). Ich weiß auch nicht, ob das alles einherging mit einer allgemeinen Erschöpfung – es war schließlich schon unser sechstes Album. Wie haben sich Angst und Panik geäußert? Ich hatte das Gefühl, nicht auf die Bühne gehen zu können. Es hat mich total überfordert, Kon- zerte zu spielen. Und wie hast du und wie habt ihr als Band da- rauf reagiert? Wir haben erst mal alle Zelte abgebrochen und einige Monate gefühlt gar nichts gemacht. Das Sebastian, was politische Statements angeht, hal- tet ihr euch mit Madsen grundsätzlich nicht zurück, geht etwa gegen Nazis und Atomkraft offensiv vor. In euren Liedern hingegen geht es eher um das In- nenleben des Individuums, politische Parolen wer- den ausgespart. Gab es denn etwas, das ihr auf eu- rem neuen Album „Lichtjahre“ textlich unbedingt behandeln wolltet? Erst mal stimmt es, dass es sich bei Madsen song- textlich vor allem um das Du und das Ich dreht. Das liegt aber nicht daran, dass ich keine Lust hätte, et- was Politisches zu schreiben, heutzutage gibt es in dieser Hinsicht ja viel zu bereden. Aber ich kann das einfach nicht so gut. Feine Sahne Fischfilet können das, haben da einen sehr direkten Bezug und sind zu Recht eine der derzeit wichtigsten Bands. Bei mir aber kommt Politisches immer komisch rüber, so liedermachermäßig. Woran liegt das? Vielleicht daran, dass ich Popmusik so sehr liebe. Ich und alle anderen in der Band haben eine klare

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