hamburg:pur Mai 2023

Foto: Ira Polyarnaya Barocco Fünf Jahre lang prägten Hausarrest und Reiseverbot das Leben des russischen Regisseurs Kirill Serebrennikov. Nach eigener Aussage half ihm in jener Zeit Barockmusik, seine Situation zu ertragen. Sie habe ihm „zwischen der grauen, hässlichen Wirk- lichkeit (…) und der Flucht in die Phantasmagorie den Zugang zu einer ‚dritten Welt‘ geschenkt (…), einer Welt der Kunst und der Freiheit“. „Barocco“ entstand vor fünf Jahren als Protest gegen Unterdrückung. Formal einer Oper vergleichbar, doch ohne festgelegtes Libretto, will der Regisseur den Abend als musika- lisches Manifest verstanden wissen. Kompositionen von Bach, Händel, Lully, Monteverdi, Rameau, Vivaldi und anderen verbin- den sich zu einemGe- samtkunstwerk mit Sängern, singenden Schauspielern, Tän- zern und dem renom- mierten Ensemble „The Young ClassX“. (def) AB 25. MAI (PRE- MIERE), 26., 28.–30. MAI UND WEITERE TERMINE; Thalia Theater Foto: Dominik Odenkirchen Foto: Matthias Horn THEATER Venere e Adone Treu war sie nie, die Göttin der Liebe und Schönheit: Obwohl (mit dem trotz seines Namens wenig feu- rigen Vulcanus) ver- heiratet, verbindet die römische Göttin Venus eine nachhaltige Beziehung zum Kriegsgott Mars, allein mit ihm zeugt sie fünf außereheliche Kinder, unter ihnen Amor. Doch dann entflammt Venus für den unwiderstehlich schönen Jüngling Adonis – und Mars rast vor Eifersucht. Wandelbar, wie antike Götter waren, tötet Mars den jungen Nebenbuhler in Gestalt eines Keilers. Doch damit nicht genug: Auch sei- nen Sohn Amor spannt er für seine Racheziele ein …Die Staats- oper sicherte sich die Uraufführung von „Venere e Adone“ des zeitgenössischen italienischen Komponisten Salvatore Sciarrino (Foto), bekannt für seine mystischen Musiktheater- werke. Es inszeniert Georges Delnon, die musikalische Leitung hat Kent Nagano. (def) 28. MAI (URAUFFÜHRUNG), 31. MAI UNDWEITERE TERMINE; Staatsoper Hamburg Hamburger Theater Festival Zum 15. Mal bereichert das Hamburger Theater Festival die Bühnenlandschaft der Hansestadt mit erlesenen Gastspielen, ausgewählt von Festival-Intendant Niko- laus Besch. In acht verschiedenen Ver- anstaltungen präsentieren sich namhafte Schauspieler in großartigen Inszenierun- gen bedeutender Autoren – zu ihnen ge- hören Shakespeare, Arthur Schnitzler, Max Frisch, Elfriede Jelinek und Thomas Bernhard. Das Burgtheater eröffnet mit einemStück desWieners Schnitzler. „Das weite Land“ seziert mit Boshaftigkeit und Hohn die unmoralischen Gepflogenheiten der sogenannten besseren Gesellschaft zu Beginn des 20. Jahrhunderts: Ein kon- sequent untreuer Geschäftsmann fordert seine Frau zum paritätischen Ehebruch auf, aber dann geht ihm der Selbstmord eines Verehrers im eigenen Haus doch entschieden zu weit. Moral beschäftigt auch die (Wahl-)Wienerin Elfriede Jelinek in ihrembislang persönlichsten Theater- text. Den setzt mit Jossi Wieler ein lang- jähriger Weggefährte in Szene: Drei Schauspielerinnen des Deutschen Thea- ters Berlin schauen unter „Angabe der Person“ zurück auf Jelineks Leben samt jüdischer Vorfahren sowie alter und neu- er Nazi-Verbrecher. DassMathias Brandt nach 20 Jahren Abstinenz denWeg zurück zur Bühne findet, ist eine kleine Sensation. Er tut diesMax Frisch zuliebe und probiert – wie in dessen berühmtemRoman „Mein Name sei Gantenbein“ vorgeschlagen – verschiedene Identitäten aus, inszeniert von Oliver Reese, Chef des Berliner En- sembles. Das ist 2023mit einemzweiten Beitrag vertreten: Als „Der Theater- macher“ (Foto) strahlt die ausdrucks­ starke Stefanie Reinsberger in Thomas Bernhards Abrechnungmit denmorschen Brettern, die die Welt bedeuten. Und am etablierten Gesprächsabend des Festi- val-Formats „Zündstoffe“ steht der cha- rismatische Charly Hübner seinem Inter- viewer Kester Schlenz Rede und Antwort. (def) 16. MAI–15. JUNI; Deutsches Schauspielhaus, Thalia Theater, Kampnagel, St. Pauli Theater 20 Foto: G2 Baraniak THEATER Achtsammorden Karsten Dusse ist Anwalt, preisgekrönter Gag- Schreiber und Darsteller imComedy-Genre sowie Bestseller-Autor. In seinen Büchern gibt er nicht nur das „Halbwissen eines Volljuristen“ weiter, er unterhält in seiner Reihe „Achtsammorden“ auch bestens mit einer Mischung aus Lebensratgeber und Krimi. Seinen Debütroman inszeniert nun Axel Schneider am Altonaer Theater. Wen wundert’s, die zentrale Figur ist ein Anwalt. Der kümmert sich sehr erfolgreich darum, dass die Geschäfte der lokalen Unterweltbosse unbehelligt laufen. Von seiner Frau zu einem Achtsamkeitsseminar ver- donnert, erkennt er bald das Potenzial der zu- nächst ungeliebten neuen Perspektive. Und so entledigt sich der ausgekochte Jurist eines ge- fährlichen Klienten auf die achtsame Mord-Me- thode. Dass in der Inszenierung drei Darstellerin- nen und Darsteller 19 Rollen übernehmen, ist mehr als Achtsamkeit, das ist Nachhaltigkeit! (def) 29. MAI (PREMIERE), 31. MAI UND WEITERE TERMINE; Altonaer Theater 230420_SZ_Sammelplakat_Anzeige.indd 1 21.04.23 15:22 27. JUNI B I S 09. JUL I 2023 IN HAMBURG WWW.PR IVAT THEATERTAGE .DE 21

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