Hamburg pur | Mai 2021
Foto: Sinje Hasheider THEATER OHNSORG-THEATER „Die Stimme der Kunst fehlt gewaltig Für eine Wiedereröffnung der Hamburger Bühnen in unbestimmter Zukunft ist das Ohnsorg-Theater bestens gerüstet. Intendant Michael Lang hält für Besucher 10.000 Corona-Schnelltests parat Leuten, die schnellgetestet wurden. Es dauert aber, bevor solche Erkenntnisse in politische Verordnungen gegossen werden. Sollte der Zu- gang für Geimpfte eines Tages frei sein, wür- den wir aber trotzdem weiterhin Tests für Nicht-Geimpfte anbieten. Alles andere halte ich gesellschaftlich für nicht vertretbar. Ändert sich etwas an der Maskenpflicht? Sie wird verschärft, indem nicht nur auf den sogenannten Verkehrswegen im Theater, son- dern auch im Saal eine Maske getragen wer- den muss. Dafür dauern unsere Aufführungen nur rund 70 Minuten. Ist das Ohnsorg-Theater auch künstlerisch gut auf eine Wiedereröffnung vorbereitet? Wir haben fünf neue Produktionen in der Pipe- line, die wir mit sehr kurzemVorlauf imStudio und auf der großen Bühne spielen können, und wir proben auch gerade das Outdoor-Lyrik- Projekt „Dree in een Boot“ für Hamburger Schulhöfe. Außerdem erarbeiten wir verschie- dene sehr kleinformatige Stücke mit ein bis zwei Darstellern, die wir mit sehr geringemAuf- wand auch in kleineremRahmen an auswärti- gen Spielorten zeigen können. Darüber hinaus verfolgen wir auch das Thema „Open Air“. Welche Produktionen werden wir im großen Haus und auf der Studiobühne sehen? Von „Rita will dat weten“ haben wir Anfang No- vember gerade noch die Premiere gespielt. Auch „Laat uns Frünnen blieven!“, das im De- zember Premiere feiern sollte, haben wir fertig probiert. Dann haben wir eine Corona-Version von „Champagner to’n Fröhstück“ erarbeitet, die wir vor dem ersten Lockdown gerade noch zur Premiere gebracht haben, und zwei Stu- dioproduktionen: „Goot gegen Noordwind“ und „Pünktchen un Anton“. An pandemiegerechten Formaten mangelt es uns also überhaupt nicht. Dazu zählen auch die digitalen Projekte … Die laufen derzeit auf Hochtouren. Etwa mit „Platt2Go“ oder „Liebevoll“, das wir um den Valentinstag herum ausgespielt haben. Außer- dem streamen wir Aufführungen, und über das „Plattphone“ unterhalten Künstler unseres En- sembles Interessierte mit plattdeutschen Tex- ten. Sehr erfolgreich bieten wir auch gerade unser neues Hörspiel „De lütte Herr Jemine“ im pädagogischen und familiären Bereich an. Welchen gesamtgesellschaftlichen Schaden richten die Theaterschließungen an? In dieser schwierigen Lage und angesichts der drohenden Spaltung der Gesellschaft fehlt die Stimme der Kunst und Kultur gewaltig. Auf den Theaterbühnen werden die Themen der Ge- sellschaft und der Menschen verhandelt. Das hat viel mit Sinnsuche, Identifikation und Aus- einandersetzung zu tun. Aber auch mit Ent- spannung. Kunst ist ein Grundbestandteil des menschlichen Zusammenlebens. Mit ihr geht ein Großteil unseres Menschseins verloren. Interview: Sören Ingwersen ohnsorg.de obachtung an. Das können wir gut bewältigen, da wir durch die Verordnungen nur für 120 bis 130 Zuschauer pro Abend spielen und die Theatergastronomie geschlossen bleibt. Zählt auch ein Test, der außerhalb des Thea- ters gemacht wurde? Ja, das ist sogar ausdrücklich unsere vorran- gige Option. Der Test, der in einem zertifizier- ten Testcenter gemacht wird, darf gerechnet bis zum Ende der Vorstellung nicht älter als zwölf Stunden sein. Ich denke, dass maximal ein Drittel der Leute am Abend vor Ort einen Test machen möchten, die meisten werden den Test tagsüber machen, um sich auch noch für andere Aktivitäten freizutesten. Werden geimpfte Personen von der Test- pflicht befreit? Nach derzeitigemStand nicht, auch wenn erste Studien zeigen, dass von Geimpften keine größere Ansteckungsgefahr ausgeht als von Michael Lang, in Berlin gab es erste Modell- versuche, Theater für Menschen zu öffnen, die ein negatives Corona-Testergebnis vor- weisen können. Nun hat auch das Ohnsorg- Theater einen großen Vorrat von Schnelltests gehortet. Wann kommen die zum Einsatz? Michael Lang: Peter Tschentscher hat deutlich gemacht, dass Schnelltests gegenwärtig ein- gesetzt werden müssen, um die Infektionszah- len zu senken, aber nicht, um Öffnungen zu ermöglichen. Es wird also wohl noch bis weit in den Mai hinein dauern, bis die Inzidenzwerte stabil unter hundert liegen und wir wieder an eine Öffnung denken können im Rahmen von Modellversuchen mit Schnelltests. Werden die direkt im Theater durchgeführt? Für Menschen, die keinen Test vorweisen kön- nen, bieten wir nach vorheriger Anmeldung in einem abgetrennten Bereich des Foyers einen Schnelltest zur Selbstanwendung unter Be- Illustration: Butterfly / The Noun Projekt 10
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