hamburg:pur April 2025
Foto: Gianni Fiorito FILM PARTHENOPE Philosophieren unter der Sonne Neapels Das poetische Drama von Paolo Sorrentino widmet sich den großen Fragen um Schönheit, Liebe und das Heilige Parthenope (Celeste Dalla Porta) und ihr Bruder Raimondo (Daniele Rienzo) Malerische Ausblicke auf das spiegelglatte Meer, luftige Sommerkleider imWind und laue Nächte in eleganten Villen – Paolo Sorrentinos poetisches Drama ist eine Liebeserklärung an seine Geburtsstadt Neapel. Das Zentrum von Kampanien ist bei Einheimischen auch unter dem literarischen Namen Parthenope bekannt – benannt nach einer der Sirenen aus der grie- chischen Mythologie. Weil es ihr nicht gelang, Odysseus mit ihrem Gesang zu verführen, stürzte sie sich ins Meer. Ihr lebloser Körper wurde der Geschichte nach in der Nähe von Neapel angeschwemmt, wo man Parthenope deshalb als Stadtgöttin verehrte. In diesem Wasser kommt im Jahr 1950 auch die Prota- gonistin des Film zur Welt und erhält den titel- gebenden Namen: Parthenope. Mit ihrer my- thischen Namensvetterin hat sie aber noch mehr gemeinsam: ihre betörende Schönheit und Sinnlichkeit. Die Männer liegen der er- wachsenen Parthenope (Celeste Dalla Porta) reihenweise zu Füßen, selbst ihr Bruder Rai- mondo (Daniele Rienzo). Mit ihm und Sandrino (Dario Aita), dem Sohn der Haushälterin, be- gibt sie sich imSommer auf eine leidenschaft- liche, aber auch fatale Reise nach Capri. Der Urlaub stellt eine Zäsur im Leben der Haupt- figur dar, doch die hochintelligente Parthenope findet auch danach ihren Weg. Sie studiert Anthropologie, wird Hilfskraft ihres Professors Devoto Marotta (Silvio Orlando) und geht spä- ter selbst an die Universität. Auf diesemWer- degang begegnet sie einer Menge grotesker Charaktere – von einer exzentrischen Schau- spielerin bis hin zu einem dämonischen Pries- ter. Obwohl sich der gesamte Film um eine weibliche Figur dreht, nehmen die Zuschau- enden nie Parthenopes Perspektive ein. Allein schon durch die vielen, sie umgebenden Män- ner, die ihre Fantasien auf sie projizieren, ist der sogenannte Male Gaze omnipräsent. Paolo Sorrentinos Protagonistin ist zwar schön, klug und unabhängig, ihr Charakter bleibt jedoch seltsam oberflächlich und nie greifbar. Dazu passt das opulente und perfekt gewählte Setting, dem genau deswegen etwas Künst- liches anhaftet. Womöglich möchte der Regis- seur so die Aufmerksamkeit auf die Essenz seines Films lenken: die großen philosophi- schen Fragen rund um Schönheit, Jugend, Liebe und das Heilige. Antworten darauf bleibt er jedoch schuldig. Äußerst unbefriedigend. Ähnlich muss sich Parthenope fühlen, die schlussendlich von ihremDozenten eine Ant- wort auf die Frage erhält, die sie umtreibt. „An- thropologie heißt Hinschauen“, sagt Marotta. Und das ist alles? Text: Sirany Schüman AB 10. APRIL 137 Min., R: Paolo Sorrentino. D: Celeste Dalla Porta, Gary Oldman, Stefania Sandrelli ★★★★★ hamburg:pur Aktion! Für die Preview von „Parthenope“ am 7.4., 20 Uhr in den Zeise Kinos verlosen wir 10 x 2 Karten. E-Mail mit Name und Betreff „Parthenope“ an verlosung@szene-hamburg.com ; Einsendeschluss: 3.4. 8 Foto: Alexander Griesser FILM Was Marielle weiß Die Vorstellung, ein anderer Mensch könnte die eigenen Ge- danken lesen, stets wissen, was man tut und sagt, ist der Horror. Noch dazu, wenn dieser andere Mensch das eigene Kind ist. Es würde die ganzen Lügen und Heimlichkeiten entlarven, die eigene Autorität, Glaubwürdigkeit und im schlimmsten Fall die vorgegebene Liebe in Frage stellen. In seinem zweiten Spielfilm „Was Marielle weiß“ stattet der deutsche Regisseur und Drehbuchautor Frédéric Hambalek ein Mädchen mit telepathischen Fähigkeiten aus, die das Leben der scheinbar glücklichen und wohlsituierten Klein- familie zur Disruption bringen – und damit alle gesellschaft- lichen und moralischen Grenzen einreißt. Es beginnt mit einer Ohrfeige, die Marielle (Laeni Geiseler) von ihrer Schulfreun- din bekommt. Fortan sieht und hört sie alles, was ihre Eltern Julia (Julia Jentsch) und Tobias (Felix Kramer) so treiben. Sie ist dabei, als ihre Mutter in einer Rauchpause sexuelle Fantasien mit einem Kollegen austauscht und als ihr Vater von einemMitarbeiter vor dem ganzen Team blamiert wird. Am Abendbrottisch klingen die Geschichten ganz anders. Nach anfänglichemMisstrauen beginnen die Eltern sich nicht etwa Sorgen um ihre Tochter zu machen, sondern vielmehr um sich selbst. Sie starten ein perfides Spiel, um über Ma- rielle von den Heimlichkeiten des jeweils anderen zu erfah- ren. Zugleich versucht vor allem Julia mit zerstörerischer Kraft ihre Tochter mit schmerzhaften Wahrheiten und ge- sellschaftlichen Tabus zu konfrontieren. Das hat mitunter komische Seiten, vor allem aber beängstigende Momente. In einem stylishen Haus irgendwo im nicht definierbaren hügeligen Süddeutschland siedelt Hambalek seine Geschich- te an, lässt Julia in einem von viel Glas bestimmten Büro arbeiten, wo alles offen und einsehbar ist, um dann auf das Unbehagen seiner Protagonisten zu schwenken – zu dra- matischer klassischer Musik. Als „Versuchsanordnung“ be- zeichnete Jentsch den Film bei der Berlinale, wo er imWett- bewerb lief. Und in der Tat ist es ein Gedankenspiel, aber vor allem eine Geschichte über die Verlogenheit und Selbstbe- zogenheit Erwachsener – nicht immer ganz überzeugend, aber stets unbehaglich. Text: Britta Schmeis AB 17. APRIL 86 Min., R: Frédéric Hambalek. D: Julia Jentsch, Felix Kramer, Laeni Geiseler ★★★★★ Braucht nichts zu lesen, um viel zu wissen: Telepathin Marielle (Laeni Geiseler) Deutsches Spring- und Dressurderby 28.05.–01.06.25 Klein Flottbek, Hamburg reservix.de dein ticketportal Tickets unter reservix.de Hotline 0761 888499 99 Alle Angaben ohne Gewähr 24.10.25 Laeiszhalle, Hamburg 22.05.–22.06.25 Heiligengeistfeld, Hamburg 24.05.25 Kaiserkeller Hamburg 9
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