April 2020
13 Alle Angaben ohne Gewähr SWANS 05.05.20 Übel & Gefährlich Hamburg SPOT Festival 30.04.- 03.05.20 Aarhus (DK) Loco Escrito 01.12.20 Mojo Hamburg Juan José Mosalini y su Gran Orquesta de Tango 30.11.20 Elbphilharmonie Hamburg 26.06.20 Barclaycard Arena Hamburg www.reservix.de dein ticketportal /reservix Tickets unter www.reservix.de 0,20 € pauschal aus dem deutschen Festnetz, aus demMobilfunknetz 0,60 € Hotline 01806 700 733 Bundesweit 90.000 Events! in der Gesellschaft hervorruft? Inwieweit ist der Stoff heu- te noch aktuell? Der Stoff ist in gewisser Weise tatsächlich altmodisch. Er steht aber am Beginn von etwas, das man als große Entwicklung lesen kann und ist im gewissen Sinn der Nukleus der scham- losen Inszenierung von Öffentlichkeit und der Manipulation von Wahrheit. Gibt es überhaupt noch Wahrheit, wenn Nach- richten zu Meinungen werden? Heute steht es jedem frei, im Internet auf nahezu unbegrenzte Informationsquellen zurückzugreifen. Ist es dadurch nicht viel schwieriger geworden, Menschen zu manipulieren? Meine Generation hat die Entstehung des Internets miterlebt und die unglaubliche Freiheit, die es versprach, weil es an- fangs als sehr demokratisches Medium galt. Ohne zynisch sein zu wollen, scheint es mir, dass diese Freiheit nicht mehr existiert. Den sogenannten seriösen Journalismus, an den ich als 50-Jähriger immer noch glaube, halten viele für inzwischen total ausgehebelt. Amerika ist in dieser Hinsicht immer schon ein gutes Beispiel gewesen, weil sich die Phänomene dort viel mehr zuspitzen. Fox News zum Beispiel ist ein Sender, der in- zwischen ganz offensichtlich Regierungspropaganda betreibt und unter dem Gaukelspiel der Objektivität Meinung fabri- ziert und gestaltet. Ein aktueller Bezug für Ihre Inszenierung? Ich möchte den Stoff gar nicht aktualisieren und erhoffe mir eher – fast wie bei einem Klassiker –, dass der Abstand zu den Realitäten, auf die man schaut, zu einem Erkenntnis- gewinn führt. Im humoristischen Bereich funktioniert das ja auch sehr gut. Nehmen Sie eine Zigarettenwerbung aus den 1960er-Jahren, wo die Kinder den Eltern etwas zu Rauchen anbieten und fast noch fragen, ob sie selbst auch mal ziehen dürfen. Das ist aus heutiger Sicht, wo Rauchen fast schon ein gesellschaftliches Tabu ist, eine bitterböse Satire, weil sol- che Sachen heute total abstrus erscheinen, sich im Kern aber nicht viel verändert hat. Howard Beal, ein etabliertes Mitglied aus der gesellschaft- lichen Mitte, hat keine Hemmungen, seinen Zorn öffentlich zu artikulieren. Ist er ein Vorläufer des heutigen Wutbürgers? Der Wutbürger tritt in der Masse auf und artikuliert seine Stim- me auf der Straße. In unserem Stück bewegen wir uns aber in der geschlossenen Welt des Fernsehstudios. Die Realität findet nur per Außenschaltung statt, wo man dann Menschen sieht, die inspiriert von Howard Beal ihrem Zorn Luft machen. Hinter Beals Slogan „I’m mad as hell and I’m not gonna take it any- more“ steht aber keine politische Haltung, keine Idee und kein Ziel. Er ist kein Revolutionär, Anarchist oder Wortführer – er schreit nur seine Wut heraus, wobei am Ende die Frage offen bleibt: Wohin führt diese aufgerissene Gesellschaft? Da gibt es eine deutliche Parallele zu heute. Ob das in dem Film da- mals so gemeint war, weiß ich nicht, da Howard Beal trotz sei- ner psychotischen Störung dort eine große Sympathiefigur ist. Wird Beal auch bei Ihnen zum Sympathieträger? Bei uns ist die Figur mit Wolfram Koch besetzt, mit dem ich in Frankfurt vor zwei Jahren „Richard III.“ und vor zwei Monaten „Jedermann (stirbt)“ inszeniert habe. Es ist natürlich toll, wenn man es schafft, dass die Zuschauer eine solche Figur lieben, die sich dann in eine Richtung verändert, der man nicht mehr applaudieren möchte. Dadurch bekommt die Haltung des Zu- schauers eine ähnliche Ambivalenz wie die Figur selbst. Ein Charmeur und Entertainer, der zum Tyrannen wird – dafür ist Wolfram genau der Richtige. Interview: Sören Ingwersen Premiere bis auf weiteres verschoben, Thalia Theater THEATER
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy MjI2ODAz