April 2018
Schatz, wir müssen reden. Und zwar mal nicht nur über das Wetter. Echter Diskurs ist ge- fragt, über Themen, die wirklich wichtig sind. Bei der 15. Dokumentarfilmwoche Hamburg geht es nicht nur ums gemeinsame Filme- schauen, sondern auch um Meinungen – die ausgetauscht werden sollen. Die Wahl des Eröffnungsfilms (11.4, Metropo- lis Kino, 20 Uhr) ist deshalb nur konsequent: „Atelier de conversation“ von Bernhard Braun- stein (Foto). Hier treffen sich in der Bibliothek des Pariser Centre Pompidou wöchentlich Menschen unterschiedlichster Herkunft zu einer öffentlichen Gesprächsrunde, um die französische Sprache zu praktizieren. Die Un- terhaltungen spiegeln die aktuellen gesell- schaftspolitischen Diskurse einer Außenwelt wider, die der Film in einer klugen Montage mit dem hierarchiefreien Innenraum des Ate- liers in Verbindung bringt. „Ein berührender Film über die Schönheit des Sprechens, des Zuhörens und über den Versuch, sich zu ver- stehen“, finden die Veranstalter der Dokfilm- woche. Der Regisseur kommt zur Eröffnung - und eine Diskussion im Anschluss ist selbst- verständlich erwünscht. Insgesamt werden an den fünf Festivaltagen im Metropolis Kino, dem Lichtmeß-Kino, dem B-Movie sowie im neuen Festivalzentrum frap- pant@fux (in der Frappantgalerie, hier gibt‘s auch eine Installation von Marian Mayland zu sehen!) im Hauptprogramm 23 Dokumentar- filme gezeigt. Sowohl kleine, abseitige und ex- perimentelle, die sonst nicht in den Hambur- ger Kinos zu sehen wären, als auch die großen Festivalerfolge. Ein Hauptaugenmerk liegt auf Produktionen aus oder über Hamburg, von denen insgesamt sechs auf dem Programm stehen: von „Die fünfte Himmelsrichtung“ des Wahl-Hamburger Filmemachers Martin Prinoth über eine Suche nach der eigenen Herkunft und Identität bis hin zu der 92-jäh- rigen „Frau Wildenhahn“, die in einem kleinen Laden auf St. Pauli Schönes aus ihrer japa- nischen Heimat verkauft. Um zum Diskurs zurückzukommen: Wich- tiger Bestandteil des Festivals ist die Reihe „Positionen“, in der es – in Erinnerung an G20 – in diesem Jahr um politischen Aktivis- mus, die verschiedenen Formen der Protest- kultur und aktuelle gesellschaftliche Strö- mungen geht. Die Retrospektive beschäftigt sich mit dem Werk von Travis Wilkerson, der persönlich zu allen Filmvorführungen kom- men wird. Das Dokfilmfest: „Wilkerson hat sich mit seinen dringlichen, virtuos und viel- schichtig orchestrierten Filmen zu aktueller Protestkultur, Arbeiterbewegungen und dem systematischen Rassismus in der US-Ge- sellschaft als politisches Gewissen des ame- rikanischen Dokumentarfilms etabliert“. Herausforderndes Kino, das reichlich Dis- kussionsstoff bietet. Und wenn der Mund dann fusselig ist: ab in den Dokfilmclub! Im hauseigenen Frappant-Partykeller darf ge- zappelt, geschmust und gefeiert werden. Maike Schade 11.-15. APRIL www.dokfilmwoche.com 4 Bei der Dokumentarfilmwoche Hamburg geht es nicht nur ums gemeinsame Film anschauen, sondern auch um Meinungen TAG & NACHT 15. DOKUMENTARFILM- WOCHE HAMBURG DAS WAHRE LEBEN
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