hamburg:pur März 2023
Radio an! ROCKEN WIR GEMEINSAM HAMBURG! Auf 106,8 UKW www.rockantenne.hamburg Foto: Silke Heyer THEATER OPERNLOFT „Wir legen auch gernemal den Finger in dieWunde “ „Hänsel und Gretel“ aus Engelbert Humper- dincks gleichnamiger Märchenoper werden in der Regie von Inten- dantin Inken Rahardt zu „Hans und Grete“ – zwei Patienten einer Demenzstation Gründete 2002 zusammen mit Yvonne Bernbom das Junge Musik- theater Hamburg, den Vorläufer des Opernlofts: Inken Rahardt Inken, Humperdincks „Hänsel und Gretel“ wird üblicherweise als Oper für Kinder wahrge- nommen und inszeniert. Warum eignet der Stoff sich auch für Erwachsene? Inken Rahardt: Ich finde, musikalisch ist die Oper gar nicht für Kinder gemacht. Mit Ausnah- me der Volkslieder wie „Suse, liebe Suse, was raschelt im Stroh?“ oder „Brüderchen, komm tanz mit mir“ handelt es sich um eine große durchkomponierte Oper, die auch für die Sän- ger gar nicht so leicht ist. Es läuft musikalisch immer wieder anders, als man denkt. Beson- ders in dem Teil, in dem die Hexe auftritt. Außer- dem ist die Oper für Kinder viel zu lang. Warum hast du dich für diesen Stoff entschie- den, und welche Regie-Idee trägst du an ihn heran? Ich kenne die Oper quasi in- und auswendig. Wir haben sie schon früher amOpernloft reali- siert, und ich habe selbst die Hexe gesungen. Als ich dann einige Jahre meine Mutter versorgt und später regelmäßig auf der Demenzstation imPflegeheim besucht habe, entstand die Idee, das Thema Demenz mit dem Märchenstoff zu verbinden. Das Ganze ist schon fünf Jahre her, weil wir die Produktion wegen Corona immer wieder verschieben mussten. Und wie wird diese Idee von dir umgesetzt? Wir spielen die Oper nicht einfach von A bis Z durch, sondern ich habe das Werk komplett zerschnitten und dann wieder neu zusammen- gesetzt. Zeigen wollte ich dabei den Wechsel von ganz alltäglichen Situationen mit Schüben von Realitätstrübung: Dann gibt es diese Ver- wirrmomente, in denen sich Texte und Situa- tionen falsch anfühlen und nicht mehr richtig eingeordnet werden können. Vor der Bühne gibt es eine Gaze, auf die Bilder projiziert werden können, wenn Hans und Grete Dinge sehen, die andere nicht sehen können. Manch- mal verhalten sich dann auch die Pflegerinnen seltsam. Aber vielleicht nur deshalb, weil wir sie durch die Augen von Hans und Grete be- trachten. Gibt es ein Pendant für diese Verwirrmomente im Original-Libretto? Ich beziehe mich vor allem auf den Verfol- gungswahn, der bei demenziell Erkrankten vorkommt. Sie haben oft das Gefühl, dass die eigenen Kinder, die sich um sie kümmern, sie 17
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