März 2020

MUSIK Marco, noch vor der Veröffentlichung von „Ciao!“ im September 2019 hieß es, ihr hättet euch nach anstrengenden Jahren ordentlich erholt und Kraft getankt für alles, was nun kommt. Was heißt das eigentlich: Regeneration à la Wanda? Marco Michael Wanda: Das heißt, nicht 40 Ziga- retten am Tag zu rauchen, sondern nur 18. Die ersten Jahre sind schnell verflogen. Ist ja immer so: Wenn es bergauf geht, nimmt alles eine ganz andere Geschwindigkeit an. Irgendwann haben wir musikalisch ein wenig zurückgeschaltet, eigentlich schon bei der dritten Platte. Dieses anfängliche Tempo war irgendwann sehr be- drohlich, sowohl, was die Frequenz der Tour- neen betraf, also auch was die Interview-Etap- pen anging. Es hat einfach alles nie aufgehört. Also habe ich versucht, Musik zu schreiben, die das Tempo rausnimmt. Hattest du Angst, dass du dadurch Wanda un- interessanter machst? Schließlich war eben jenes Tempo das, was so viele so sehr mochten. Ich habe tatsächlich gedacht: „Niente“ floppt und vernichtet alles. Aber irgendwie ist „Niente“ noch erfolgreicher geworden, als die Alben zuvor, Single und Album waren in Österreich gleich- 2014 erschien „Amore“, das erste Wanda-Album, und katapultierte die Wiener Band von jetzt auf gleich in den Pop-Olymp. Mittlerweile sind Wanda mit „Ciao!“, Album Nummer vier, auf Tour. Ein Gespräch mit Frontmann Marco Michael Wanda übers Unterwegssein, Freiheitsgefühle und einen ganz speziellen Rausch zeitig auf Platz eins der Charts, und wir waren plötzlich in den ganz großen Hallen. Trotzdem: Die Musik hat sich verlangsamt – und damit auch uns. Dadurch konnten wir neue Kraft tanken. Heißt Kraft tanken für euch auch, sich vonei- nander zu erholen, also sich mal eine Zeit lang nicht zu sehen? Nein, das nicht. Wir haben ja auf den vergange- nen Tourneen gemeinsam gelernt, wie man mit dem Druck umgehen kann. Außerdem gehen wir uns gegenseitig nie auf die Nerven. Wir kennen uns in- und auswendig, sind schon so viel Jahre zusammen unterwegs, da gibt es keine Probleme. Ist das Tourleben nicht auch gefährlich für eine Band, weil sie dadurch in einen ganz anderen Kosmos gerät, fern von Normalität? Sicher ist es uns auch mal passiert, auf Tour in so eine Zweiteilung des Lebens zu kippen, das ist dann wirklich schwierig und ein bisschen gefährlich. Also diese Momente, wenn man das Gefühl bekommt, dass das Privatleben in Wien eine Art andere Sphäre ist, als das Leben auf Tour. Das bewirkt, dass man innerlich zerrissen ist. Da kann man sich schon auch verlieren. Man kann hängen bleiben auf Tour. Manche Menschen kommen ja auch nie wieder zurück. Andererseits: Machen Tourneen und jubelnde Massen womöglich auch süchtig? Bei mir ist es nicht die Belohnung in Form von Applaus, die mich triggert. Sondern das Frei- heitsgefühl, wenn wir unterwegs sind. Das lässt sich kaum sonst wo erleben. Vielleicht nur, wenn man wie Felix Baumgartner aus der Stratosphä- re springt. Kannst du dieses Gefühl etwas genauer beschreiben? Eine Tournee ist wie eine Reise in ein prähisto- risches Ich. Man fühlt sich sehr jung, ist weit- aus mehr Kind als Mann. Das Leben kann so einfach erscheinen auf Tour, und das macht es so verlockend. Macht dieses Freiheitsgefühl die Anstren- gungen, die eine Tour natürlich auch mit sich bringt, ein Stück weit wett? Merkst du die Strapazen erst danach? Ja, das ist auf jeden Fall so. Auf Tour spüre ich irgendwann keinen Schmerz mehr. Wenn ich auf der Bühne stehe, könnte einer mit einem Baseballschläger kommen und zuschlagen – ich würde es nicht spüren. Mich könnte einer abknallen – ich würde es erst wissen, wenn ich im Sarg liege. Es ist eine gefühlte Unverwund- Foto: Wolfgang Seehofer „Auf Tour spüre ich keinen Schmerz “ WANDA 12

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