März 2018

10 Die Wiener Rockgruppe spielte sich mit Liedern über kaputte Liebe, Alkohol und Tod in die ganz großen Hallen. Sänger Marco Michael Wanda über Gefühle vor der Masse und Bühnen- momente, die nicht mehr zu beeinflussen sind MUSIK Foto: Wolfgang Seehofer „ES IST IMMER ANDERS“ WANDA schiedene Momente, auch einsame. Vor allem aber gibt es welche, in denen man in ein Energie- feld kommt mit Menschen, die einem vorher völ- lig fremd waren. Das hat dann etwas sehr Nahes und Wohliges. Du sprachst von einsamen Momenten. Kannst du die beschreiben? Man muss sich das Ganze vorstellen wie eine hef- tige Droge. Es spielen sich Sequenzen ab, ganz von alleine. Auf der Bühne kann man nichts mehr bewusst entscheiden. Man wird von Dingen ir- gendwann irgendwo hingezogen, die man gar nicht beschreiben kann. Also ein Kontrollverlust? Ein Kontrollverlust, der mir sehr recht ist. Routine und Sicherheit setzen nicht ein, nach so vielen gespielten Konzerten? Bis jetzt habe ich das noch nicht bei mir beobach- tet. Sicher auch deshalb nicht, weil ich Konzerten immer noch mit großem Respekt und Demut be- gegne. Ich erlebe ja gerade einen unglaublichen Existenzialismus, der einfach geil ist. Die Masse vor der Bühne will dich kennenlernen, du kennst die Masse schon etwas. Kennst du auch eine Sucht nach der Masse? Zumindest mag ich die Situation, vor vielen Men- schen zu stehen, sehr gerne. Ich finde, dass in der Anonymität eine tiefe Vertrautheit steckt. Das musst du erklären. Man muss sich mal anschauen, wie wir leben: Wir gehen eigentlich ständig aneinander vorbei und begegnen uns kaum. Der Begriff „Masse“ ist allge- mein auch eher negativ konnotiert und mit Angst- gefühlen behaftet. Ein Konzert empfinde ich da ge- radezu als erlösend. Ich muss sogar sagen, dass ich manchmal lieber im Publikum wäre als auf der Bühne. Es zieht mich zu diesen Menschen. Du hast mal gesagt, dass du schon als 12-Jähriger gewusst hättest, dass du ein Star wirst. Hast du aus heutiger Star-Sicht auch ein Bild von deinem 50-jährigen Ich? Ich glaube, dass man als Kind ein sehr festes Bild von dem hat, der man mal sein wird. Zu der Zeit ist ja auch noch alles möglich. Jetzt werde ich mich nicht mehr prognostisch oder mystisch puschen. Ohne den Vorteil der jugendlichen Hybris maße ich mir nicht an, in die Zukunft zu schauen. Ich hoffe einfach, dass ich lange genug da bin, um dieses komische Ding in meinem Hirn zu besiegen. Ich möchte schon in Klarheit abtreten, und das ist noch lange nicht der Fall. (lacht) Interview: Erik Brandt-Höge 24. MÄRZ 20:00 Uhr; Sporthalle Wer zu Wanda kommt ... Marco Michael Wanda: ... der kommt! (lacht) ... zum Exzess – zumindest ist das ein weitverbrei- tetes Bild unter Konzertgängern. Kannst du damit etwas anfangen? Jeder darf es erleben, wie er mag. Aber es soll um Gottes Willen kein Druck bei den Besuchern entste- hen, sich irgendwann in Trance wiegen und durch- drehen zu müssen. Ein Konzert von uns soll erst mal nur ein Anreiz sein, ein Happening. Wir sind da, die Besucher sind da, und wir schauen dann gemeinsam, was passiert. Und umgekehrt: Welche Gedanken habt ihr beim Bühnengang? Ich gehe auf die Bühne, weil ich nichts anderes kann. Und ich gehe jedes Mal, als wäre es das letzte Konzert. Ist es auch jedes Mal ein ähnliches Gefühl dort oben? Es ist immer anders. Auf der Bühne gibt es viele ver-

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