hamburg:pur Februar 2025
Foto: Universal Picture FILM Der Brutalist Der jüdische Architekt Lázló Tóth (grandios: Adrien Brody) emi griert 1947 in die USA. Nirgendwo ist der Holocaust-Überlebende mit dem starken ungarischen Akzent willkommen: Die Prostituierte findet ihn hässlich, sein Cousin wirft ihn raus. Der erhofft Neu anfang im Land der unbegrenzten Möglichkeiten endet im Män nerwohnheim. Dort findet Lázló den ersten und vielleicht einzigen loyalen Freund. Mit Hilfsarbeiten hält er sich über Wasser, ver sucht durch Drogen, dem Schmerzen und den Erinnerungen zu entfliehen. Sein Leben verändert sich schlagartig, als der promi nente Industrielle Harrison Lee Van Buren (Guy Pearce) in einer Zeitschrift die Entwürfe des einst so renommierten Bauhaus-Archi tekten entdeckt. Er beauftragt ihn mit einem Großprojekt zum Andenken an seine verstorbene Mutter, ein monumentales Kul turzentrum aus Beton und Marmor. Lázló sieht die Möglichkeit, seine kühnsten Träume brutalistischer Architektur mit ihren kla ren Linien und minimalistischen Konstruktionen zu verwirklichen. Er ahnt nicht, mit wem er sich einlässt. Harrison, der nach außen hin charmante, fortschrittliche Ge schäftsmann, entwickelt sich in den folgenden Jahren vomRetter zumPeiniger. Als machthungriger Oligarch will er immer dominie ren: nicht nur das Kunstwerk besitzen, sondern auch den Künst ler – er vergewaltigt ihn. Denn Lázló besitzt, was sein Mäzen nie haben wird: Kreativität und Fantasie. Der Holocaust-Überleben de findet in der wuchtigen Kraft des Brutalismus den künstleri schen Ausdruck seiner zerrissenen Seele. Sein Werk ist so kom promisslos wie er selbst, doch genau diese Kompromisslosigkeit zerstört auch seine Integrität. Es ist, also hätte ihn die gnaden lose Härte des Kapitalismus infiziert. Er wird zumBesessenen der eigenen Visionen ohne Rücksicht auf Familie oder Belegschaft. US-Regisseur Brady Corbet („Vox Lux“) kreiert mit der dreiein halbstündigen fiktiven Biografie des Lázló Tóth ein historisches Monumentalepos von schmerzhafter Intensität – radikal, erschüt ternd, visionär und meisterhaft inszeniert; voll von ungelösten Rätseln und überragender Ästhetik. Schritt für Schritt hautnah zu verfolgen, wie diese Allegorie aus Beton entsteht, allen Hin dernissen und Demütigungen zum Trotz, ist überwältigend; zu begreifen, wie die Traumata von Jahrzehnten sich darin manifes tieren, erfüllt uns mit Ohnmacht und Zorn. Erlösung ist unmög lich, wo die Erinnerungen ihre Opfer nicht loslassen. Seine Fan tasmorgie widmet Regisseur Brady Corbet den Künstlern jener Zeit, die ihre Visionen nie realisieren konnten. (ag) SEIT 30. JANUAR GB, USA, UNG 2024; 215 Min.; R: Brady Corbet; D: Adrien Brody, Felicity Jones, Guy Pearce, Joe Alwyn, Raffey Cassid ★★★★★ Maria Paris, September 1977. „La Divina“, die Göttliche, nannten ihre Bewunderer sie, dann schlug die Publikumsgunst in Hass um: Maria Callas (toll: Angelina Jolie) ist 53 und deswegen seit vier Jahren nicht mehr öffentlich aufgetreten. Ihr Apartment in der Avenue Georges Mandel ähnelt pompösen Opernkulissen, ein goldener Käfig als sicherer Rückzugsort vor Realität und Außen welt. Der Kontakt zu Menschen beschränkt sich auf zwei ältere Hausangestellte, die sich rührend um die reizbare Operndiva und ihre beiden Pudel kümmern. Maria Callas kennt keine Rücksicht, weder gegen sich noch andere, zerstörte früh die eigene Gesund heit. Nun zwingt sie gnadenlos den von Rückschmerzen geplag ten Diener Ferruccio, ihren Konzertflügel ständig von einer Ecke des Salons zur anderen zu schieben. Es sind die letzten Tage im Leben der legendären griechischen Sopranistin, sie schluckt unentwegt Tabletten, vorzugsweise Man drax, und kreiert sich ihre eigene Welt zwischen Halluzination und Erinnerung. Jede Nacht erscheint der inzwischen verstorbene Ex-Lover Onassis an ihremBett. Draußen formieren sich die Pas santen zu einem Opern-Chor. Vorsichtig fragt der Diener, ob die angekündigt TV-Crew tatsächlich real sei. Ungehalten erklärt ihm seine Chefin, sie entscheide, was real sei und was nicht. Und so steht sie dem jungen Dokumentarfilmer namens Mandrax (Kodi Smit-McPhee) auf gemeinsamen Spaziergängen Rede und Ant wort: „Es gibt kein Leben abseits der Bühne.“ Taugt ihre Stimme für ein Comeback? Die einstige Star-Sopranistin vertraut nur noch dem Urteil ihrer Köchin. In „Spencer“ und „Jackie“ befreite der chilenische Regisseur Pa blo Larraín seine Protagonistinnen vomBallast ihres Mythos, dem Druck von Öffentlichkeit und Konvention. Sie durften sich verlie ren, neu definieren. „Maria“ ist fatalistischer, düsterer. Der betö rende Bilderbogen zwischen Realität und Traummutiert zumPsy chogramm einer Frau amAbgrund, verdammt zur Perfektion. Ihre kühle Distanziertheit schmerzt mehr als jeder Gefühlsausbruch. Jeder Bühnenauftritt, jedes Vibrato ist ein Blick in das Innerste der Künstlerin. Genial, wie Larraín verschiedene Zeitebenen und Schlüsselerlebnisse miteinander verschmelzen lässt. (ag) AB 6. FEBRUAR USA, GB 2024; 123 Min.; R: Pablo Larraín; D: Angelina Jolie, Pierfrancesco Favino, Alba Rohrwacher, Kodi Smit-McPhee, Haluk Bilginer ★★★★★ Foto: Studiocanal Pablo Larrin 24 Alles Infos und Tickets unter genussguide-hamburg.com 7. März 2025 ab 15 Uhr FABRIK, Barnerstraße 36,Ottensen 134,50 Euro zzgl. Gebühren, inkl. 5-Gänge-Menü und Getränke. Early Bird Tickets: nur 119,50 Euro statt 134,50 Euro Tickets im SZENE-Shop erhältlich FOTOS: JOHANNA ZOBEL, SVEN SCHOMBURG, MARC SILL, LICHTBILDSTUDIO, KÜCHENFREUNDE, GRISCHA KAUFMANN, LAURENCE CHAPERON Live-Kochen | Food-Markt | Experten-Panels Mit unseren Genuss-Michel-Nachhaltigkeitspreisträgern 2020 bis 2024 Sebastian Junge Wolfs Junge Thomas Sampl Hobenköök Matthias Gfrörer Gutsküche Wulksfelde Hannes Schröder Küchenfreunde Koral Elci Table Dot Hamburgs Event für nachhaltigen Genuss Marktplatz: Nachhaltige Produkte von regionalen Manufakturen Bühne: Spannende Vorträge, lebhafte Diskussionen und exklusive Interviews Live-Kochen: 5 Köche, 5 Stationen, 5 Gänge – zuschauen und genießen Experten-Panels u .a. mit Sarah Wiener GENUSS MICHEL Nachhaltigkeits Wochen
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