Februar 2019

34 FILM Plötzlich Familie Eigentlich können sich Ellie (Rose Byrne) und Pete Wagner (Mark Wahl- berg) nicht beklagen. Doch irgendwann beschleicht die beiden das Gefühl, dass ein Kind ihr Leben noch mehr bereichern würde. In einem Adoptions- zentrum bereitet sich das Ehepaar eifrig auf das Elternwerden vor und lernt beim Tag der offenen Tür den selbstbewussten Teenager Lizzy (Isabela Moner) kennen. Nach anfänglichem Zögern beschließen Ellie und Pete, das Mädchen bei sich aufzunehmen, müssen dafür aber auch Lizzys jün- geren Geschwistern Lita (Julianna Gamiz) und Juan (Gustavo Quiroz) ein neues Zuhause geben. Scheinen die Wagners die Herausforderung zunächst zu meistern, ziehen schon bald erste Konflikte auf. „Plötzlich Familie“ ar- beitet durchaus mit Klischees und Überzeichnungen, bemüht einige Slapstick-Einlagen und drückt am Ende etwas stark auf die Tränendrüse. Unterm Strich erweist sich die Komödie allerdings als recht charmante Auseinandersetzung mit dem Thema Adoption, das Regisseur und Co-Au- tor Sean Anders anhand eigener Erfahrungen beleuchtet. Zwischen leidlich unterhaltsamen Eskapaden blitzt regelmäßig ernsthaftes Interesse für das Befinden der adoptierten Kinder auf. Etwas mehr Biss hätte dem famili- ären Treiben in manchen Momenten sicher nicht geschadet. (cd) AB 31. JANUAR USA 2018; R: Sean Anders, D: Mark Wahlberg, Rose Byrne, Isabela Moner ★★ ★★★ Foto: © 2018 Paramount Pictures Green Book – Eine besondere Freundschaft New York 1962. Tony „Lip” Vallelonga (Vig- go Mortensen) ist Rausschmeißer im Nachtclub Copaca- bana. Als der wegen Renovierungsar- be i ten s ch l i eß t , braucht Tony einen Job – und verpflich- tet sich als Chauffeur und Bodyguard des schwarzen Jazz-Pia- nisten Dr. Don Shir- ley (Mahershala Ali) für eine zweimona- tige Konzerttournee durch die Südstaaten. Tony ist es zutiefst zuwider, Angestellter eines Schwarzen zu sein, doch er hat keine Alternative. Die Reise folgt dem „Green Book“, einem Reiseführer, der die wenigen Unterkünfte und Tankstellen auflistet, wo auch schwarze Kunden bedient werden. Dennoch bleiben Übergriffe und Beleidigungen nicht aus – und zwischen dem ungehobelten Italo-Amerikaner aus der Bronx und dem hochgebildeten, aber zutiefst einsamen Künstler entwickeln sich nach und nach Respekt und Zuneigung. Regisseur Peter Farrelly erzählt in wunderschönen Bildern und mit Sinn für Humor eine berührende Geschichte über (vertauschte) Rollenklischees, Mut und Freundschaft. Definitiv ein Kandidat für die Oscars! (cd) AB 31. JANUAR USA 2018; R: Peter Farrelly; D: Viggo Mortensen, Ma- hershala Ali, Linda Cardellini ★★★★★ Frühes Versprechen Es soll eine Hommage an eine verrückte, liebevolle Mutter sein: das Biopic „Frühes Versprechen” von Eric Barbier. Es erzählt die wirklich bemerkens- werte Lebensgeschichte des französischen Schriftstellers, Diplomaten und Kriegshelden Romain Gary, und das bildgewaltig und mit einer beeindru- ckenden Charlotte Gainsbourg als Mama Nina. Doch war die wirklich so liebenswert? Denn es war seine Mutter, die Romain Gary zu seinen Erfolgen peitschte. Er wagt es einfach nicht, sie zu ent- täuschen, reibt sich auf in dem Bemühen, ihre Träu- me zu verwirklichen, wäh- rend sie hektisch und un- ablässig rauchend durchs Leben fegt. Barbier folgt der Romanvorlage Garys, in der dieser seine Lebensgeschichte verfasste. Als sein erstes Buch erschien, war Mutter Nina schon verstorben – sie hat nicht mehr erlebt, dass er all seine Versprechen mehr als eingelöst hat. Es hätte sie wohl glücklich gemacht. Romain Gary war es nicht, weder als Kind in Warschau (Pawel Puchalski) noch später als Erwachsener (Pierre Niney) in Frankreich. Ein streckenweise recht zäher Film mit erfrischen- den Episoden – und fadem Nachgeschmack. (sh) AB 7. FEBRUAR FRA 2017; Regie: Eric Barbier; D: Charlotte Gains- bourg, Pierre Niney, Didier Bourdon ★★ ★★★ Asche ist reines Weiß Qiao (brillant: Zhao Tao) genießt an der Seite des aufstrebenden Gangsters Bin (Liao Fan) in einer da- hinsiechenden Berg- bau-Stadt all die Privile- gien, die ihr als „bessere Hälfte“ des Clan-Chefs zustehen. Doch dann wird Bin Opfer eines brutalen Überfalls. Er kommt mit dem Leben davon, weil Qiao den Mob vertreibt – durch Warnschüsse aus Bins illegal erworbener Waffe. Loyal nimmt sie alle Schuld auf sich und wandert hinter Gitter. Als sie nach fünf Jahren wieder freikommt, lässt Bin sich verleugnen, Qiao folgt seiner Spur ins „Drei-Schluchten-Tal“. In einer weiteren dem Unter- gang geweihten Stadt stehen sich die beiden wieder gegenüber. Doch Qiao muss feststellen, dass der einst Geliebte sich, genau wie die Welt um ihn herum, dramatisch verändert hat. Der Zuschauer geht im Kinosessel auf eine lange Fernreise mit ungewissem Ausgang, ist mittendrin in einem faszinierenden, mit seltsamen Details ges- pickten Panorama. Und auch wenn man viele davon nicht versteht... ist das nicht letztlich die Idealvorstellung eines gelungenen Kinoabends? (cc) AB 28. FEBRUAR China 2018; R: Jia Zhang-Ke; D: Zhao Tao, Liao Fan, Zheng Xu, Casper Liang. ★ ★★★★ Foto: © 2018 eOne Germany Foto: Neue Visionen Filmverleih Foto: Camino Filmverleih

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