hamburg:pur Januar 2024
Foto: Maximiliam König „Zumindest ein bisschen vom Geist und des Herzens des Fundbureaus mitnehmen“: Luna Twiesselmann PARTY CLUBSTANDORT Bahngepolter bleibt Die Clublandschaft ist im Umbruch. Zu den zahlreichen Schlie- ßungen zum neuen Jahr gibt es zeitgleich gute Nachrichten: Nicht nur das Fundbureau findet eine neue Heimat. Ein letzter Blick zurück auf den Laden an der Sternbrücke und auf neue Entwicklungen für den Clubstandort Hamburg Wird alles anders: Sternbrücke meine Flächenknappheit und der Nutzungs- konkurrenz zum Wohnen inzwischen häufig staatliche Eingriffe und Hilfen erforderlich, so Debor. „Wir hoffen, dass alle Clubs an der Sternbrücke und auch das PAL möglichst bald ein neues Domizil finden und die Clubtüren wieder weit öffnen können.“ Der Neubau der Sternbrücke, dessen offiziel- ler Entwurf aufgrund seiner Größe für reichlich Zündstoff sorgt, soll im Jahr 2024 starten. Da- mit endet eine über Jahrzehnte andauernde Ära, die unzählige Anekdoten bereithält und doch nur in Ausschnitten erzählt werden kann. So wie von Luna Twiesselmann, die dieser Tage zusammen mit ihrer Mutter durch alte Pro- grammflyer und Jahreshefte blättert. Die 29-jährige Tochter der Fundbureau-Chefin Ute Daxl ist buchstäblich imSternbrückenclub auf- gewachsen. „Für mich waren diese Hallen als Kind ein bisschen wie ein großes Spielzimmer, in dem ich mit Rollbrettern über den Betonbo- den rollen und mich mit Schwarzlichtfarben schminken durfte. Ich habe häufig vor den Events mit den Veranstalter:innen Tischkicker gespielt, Fritz-Limo getrunken und die große Discokugel mit verschiedenen Farben ange- leuchtet.“ Gefragt nach ihren schönsten Erin- nerungen aus über 25 Jahren Clubgeschichte, fällt die Antwort nicht leicht. „Es gab hier so viele besondere Events“, erzählt Twiesselmann, während sie ihre Mutter bei der Abwicklung des Auszuges unterstützt. Ute Daxl nennt schließlich als Highlights die Theaterproduk- tion „Zwei Russen in der Stresemannstraße“ des Projekts „Einfache Bühne“ und ein Konzert von Nneka. Jede Veranstaltung, ob Techno- party, Konzert, Flohmarkt, Abifeier, Hochzeit, Theaterinszenierung, Ausstellung oder Poetry- Wenn am 25. Januar der Hamburger Club Award verliehen wird und sich Musik- und Nachtschaffende die Klinke in die Hand geben, hat die hiesige Clubszene ihre größte zeitglei- che Standortschließung bereits hinter sich: Nicht nur verkündete der Technoclub PAL sein Ende in der Karolinenstraße 45 zum Anfang des Jahres. Auch die Clubs an der Sternbrü- cke, Fundbureau, Waagenbau, Astra Stube, Beat Boutique und Bar 227, haben Gewissheit, dass es diesmal keine Fristverlängerung der immer wieder aufgeschobenen Kündigungen geben wird. Doch auch wenn die Situation dort lange be- kannt war, für die Clubkultur Hamburgs sei das bevorstehende Ende ein Aderlass, so der Ge- schäftsführer des Clubkombinats Thore Debor: „Mit viel Glück und dem Einsatz von vielen Be- teiligten kann diese Schließungswelle hoffent- lich nur für kurze Dauer sein und die Clubs können an anderen Orten ein baldiges Come- back feiern.“ Allerdings seien durch die allge- 10 PARTY Foto: Waagenbau slam, sei aber auf ihre Art ein Highlight. „Mir persönlich wird immer die Comicconvention in Erinnerung bleiben, auf der ich von Tisch zu Tisch lief und die Künster:innen in wenigen Se- kunden kleine Comics zu meinen Ideen zeich- neten“, erzählt Twiesselmann. Und ihr 18. Ge- burtstag, den sie selbstverständlich auch im Fundbureau feierte. Was sie am meisten ver- missen wird: „Dieses Gefühl von Gemütlichkeit trotz Bahngepolter, dass immer jemand auf einen Schnack vorbeigeschaut hat und die vie- len kleinen Kunstwerke, die sich hier in den Hallen über die Jahre angesammelt haben.“ Mittlerweile ist klar, auf Bahngepolter muss Twiesselmann auch in Zukunft nicht verzich- ten. Wie die städtische Immobiliengesellschaft Sprinkenhof SZENE HAMBURG bestätigte, zie- hen Fundbureau, Beat Boutique und im Jahr 2025 auch die Bar 227 in die Bahnkasematten hinter den Deichtorhallen. Diese mussten vor ein paar Jahren saniert werden und bieten jetzt eine optimale Ausweichfläche. Pläne einer Kunstmeile von Markthalle bis Oberhafen gab es schon länger. „Die Deichtorkasematten könnten sich zu einem neuen Hotspot entwi- ckeln“, meint Thore Debor vomClubkombinat. Der Umzug der Clubs wäre ein Anfang. Dauer- hafte Nutzungsverträge sind bereits geschlos- sen. Ende des ersten Quartals 2024 könnte es losgehen, so ein Sprinkenhof-Sprecher. Ein- ziges Hindernis: Die Örtlichkeiten befinden sich imRohbau. Kein Strom, kein Wasser, keine Hei- zung. Wie schnell ein dafür bereits gestellter Bauantrag durch ist und wann genau hier wirk- lich wieder Musik aus den Boxen kommt, bleibt abzuwarten. Luna Twiesselmann, die in Zukunft eine grö- ßere Rolle im Fundbureau übernehmen wird, freut sich dennoch, den Spirit des Ladens wei- terzuführen. „Ich wünsche mir natürlich, dass das Team, welches den alten Laden am Laufen gehalten hat, gute Jobs findet und wir die, die wollen, ganz bald wieder einstellen können. Außerdem hoffe ich, dass es einen guten Mix aus tollen, diversen Veranstaltungen geben wird und dass wir es schaffen, zumindest ein bisschen vomGeist und des Herzens des Fund- bureaus, so wie Mama ihn hier mitgeprägt hat, in die neuen Räumlichkeiten mitzunehmen.“ Bleibt die Frage nach Waagenbau und Astra Stube. Hier gab es zuletzt ernst zu nehmende Gerüchte um einen Umzug in Teile der brach- liegenden Gewerbeflächen des alten Thyssen- Krupp-Geländes amDiebsteich. Eine Entschei- dung stand bis Redaktionsschluss noch aus. Für reichlich Gesprächsstoff auf dem Club Award ist also weiterhin gesorgt. Alle Clubs, die erst nach demBewertungszeitraum schlie- ßen, bleiben immerhin auszeichnungsberech- tigt. Die Jury betrachtete das Nachtleben von Juli 2022 bis November 2023 – eine Zeit, als es noch unter den Schienen der Sternbrücke polterte. Text: Ole Masch reservix.de dein ticketportal Tickets unter reservix.de Hotline 0761 888499 99 Alle Angaben ohne Gewähr 11.–14.04.24 Sülzwiesengelände Lüneburg 18.03.24 Barclays Arena, Hamburg 01.02.24 Kulturkirche Altona, Hamburg 07.10.24 Markthalle Hamburg 11
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